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In den Südbezirken unserer schönen Republik lebt nach wie vor die sozialistische Backtradition! Nee, Spaß beiseite - mit DDR haben diese Brötchen ebenso wenig zu tun wie der 3-Zylinder-2-Takt-Motor. Das ist einfach gutes Bäckerhandwerk!
Viele Thüringer haben den Duft von frisch gebackenen DDR-Brötchen noch immer in der Nase und erinnern sich bei einem Biss ins Brötchen gerne an die guten alten Zeiten zurück. Unsere Leser und Redakteure haben mal zusammengetragen, wo es die traditionelle Backwaren heute noch gibt.
Arnstadt In Arnstadt gibt es drei einheimische Bäcker, die noch Brötchen wie zu DDR-Zeiten herstellen: Bäckerei Mann, Bäckerei Bernsdorf und Bäckerei Heyder.
Artern In Gorsleben im Kyffhäuserkreis spricht manch einer noch von DDR-Brötchen. "Wie damals stellen wir sie noch heute ohne chemische Zusätze her. Es sind Langzeitbrötchen, weil der Vorteig am Abend hergestellt wird. So bilden sich besondere Geschmacksstoffe. Am Morgen wird der Teig dann fertig gemacht, kommt Salz, Mehl, Wasser Malzextrakte dazu", schildert Bäckermeister Ronald Gerber aus Gorsleben. Er habe das Rezept von seinem Vater Günter Gerber, der 1935/1936 bei seinem Onkel in der Erfurter Bäckerei Wehmeier lernte. An die genaue Schreibweise von Wehmeier kann er sich nicht erinnern. Auf jeden Fall war es in Erfurt.
Eisenach Von dem, was den Großbäckereien kommt, hält Frank Winkler aus Eisenach nicht allzu viel. Er schwört auf sein altes Backmalz aus Thüringen und seinen Holzofen. Den haben auch einige unserer Leser im sozialen Netzwerk Facebook schon gelobt.
Ganz genau dieselben Zutaten kann aber auch er nicht verwenden. So wurde das Mehl früher zwei Wochen gelagert, bis es backfähig war, und Mühlen standen damals in fast jedem Ort. Heute wird dem Mehl Vitamin C zugesetzt, wodurch es sofort backfähig sei - eine industrielle Produktion. Anderes Mehl herbeizuschaffen, lohne sich nicht. Wie genau und auf was sich das neue Mehl auswirkt, kann auch Winkler nicht sagen.
Erfurt Unser Leser Frank Buttig rät bei Facebook, nachdem wir nach den besten Brötchen-Tipps gefragt hatten: "Ganz in der Nähe: Bäckerei Wamser, Erfurt, Thälmannstrasse Ecke Ruhrstrasse, das iss mein Bäcker des Vertrauens..."
Ilmenau Als Thomas Sander 2007 den Edeka im Wohngebiet Stollen in Ilmenau übernahm, stieg er hinab in die Kellerräume. Dort fand er in Plastekisten 500 Konsumbrötchen. Sie müssen 20 Jahre alt gewesen sein, haben ihre Größe behalten und sind auch nicht verschimmelt. Nur waren sie knüppelhart und ungenießbar. Weiterhin stöberte er alte Schulhefte aus DDR-Tagen und Dederon-Schürzen für Verkäuferinnen auf. Er erinnerte sich, als Schulkind mit drei Groschen in diese Kaufhalle gezogen zu sein. Dafür bekam er zwei Konsumbrötchen, einen roten Lutscher und ein Schulheft. HeiligenstadtDie DDR-Brötchen der Bäckerei Fromm in Heiligenstadt kosten 18 Cent pro Stück und sind etwas kleiner und auch fester als die Normalen. Die Rezeptur ist geheim, aber nach Mitteilung von Bäckerei-Chef Gerhard Fromm noch genau die gleiche wie vor der Wende. Auch zu der Nachfrage und produzierten Stückzahl wollte der Bäcker, der sein Geschäft in der Haupteinkaufsstraße, der Wilhelmstraße, hat, sich nicht äußern. Er sagte nur, dass die Nachfrage nach den "richtigen" DDR-Brötchen immer noch bestehe. Im Sommer - wegen der Grillsaison - und zum Wochenende - da hätten die Leute mehr Zeit zum Frühstücken - und da würden dann meist mehr verkauft als in der Woche. Es habe aber auch schon Beschwerden von Kunden gegeben, die sich fragten, warum "DDR-Produkte" nach mehr als 20 Jahren Einheit immer noch verkauft werden müssten.
Mühlhausen An der Eingangstür der Bäckerei Menzel in der Wagenstedter Straße in Mühlhausen weist der Aufkleber "Ostbrötchenbäcker" auf die beliebte Spezialiät des Hauses hin. Hartmut Menzel bäckt die Brötchen heute noch so wie es bereits sein Großvater August Hartmann um 1910 tat. "Wasser, Mehl, Hefe, Salz und Weizenbackmalz sind seit eh und je unsere Zutaten", betont der 61-Jährige Mühlhäuser. Dabei schwört er auf den natürlichen Malz, der in dieser Form nur noch von zwei Firmen hergestellt wird. Und das Mehl bekomme man von der Mühle von Helmut Gleißberg aus dem Dörfchen Bellstedt (Kyffhäuserkreis). Bis zu 1000 Stück der sogenannten DDR-Brötchen bäckt Helmut Menzel täglich in seinem Ofen althergebracht auf der Steinplatte. Selbst in der Mühlhäuser Partnerstadt Münster fehlen die typischen Ostbrötchen aus dem Hause Menzel zu bestimmten Höhepunkten nicht. SondershausenIm Raum Sondershausen gibt es keine DDR-Brötchen mehr. Der Bäcker mit den meisten Filialen in der Region, Christian Hengstermann, sagte, dass die Produktion dieser Brötchen nach der Wende eingestellt wurde, weil die Nachfrage nicht mehr da war. Bäcker, die heute noch DDR-Brötchen anbieten, mogeln etwas. Sie benutzen nur den Namen DDR-Brötchen als Zugpferd. Eine exakte Herstellung wie zu DDR-Zeiten sei mit der heutigen Backtechnik gar nicht mehr möglich. Auch der Herstellungsprozess sei inzwischen uneffektiv.
Sömmerda DDR-Brötchen unter diesem Namen bietet z.B. die Bäckerei Nicky Triebel (Stammsitz in Kölleda) in ihren Filialen an. Die Doppelbrötchen zu 45 Cent werden nach der alten und bewährten - und nicht verratenen - Rezeptur gebacken. Sie sind, so Ingeborg Kottenhagen von der Geschäftsleitung, handgeformt und vor allem fester in der Substanz und werden von Kunden gerne gekauft. Sie verbinden damit gute Geschmacks-Erinnerungen und weniger DDR-Ostalgie. Allerdings habe sich einmal ein Kunde in einer Erfurter Filiale über den Namen beschwert. Er wolle mit diesem Land nichts mehr zu tun haben, auch wenn die Brötchen lecker sind. Kurzzeitig wurden die DDR-Brötchen dann als handgefertigte Brötchen verkauft. Jetzt heißen sie wieder DDR-Brötchen. Bei der Nödaer Bäckerei Bernd Wolframm und in den zahlreichen Filialen werden die DDR-Brötchen sogar offiziell als Zonis - Doppelbrötchen für 48 Cent - verkauft und keinem bleibt angesichts dieser Namenswahl das Gebäck im Halse stecken. Auf den Namen hat uns noch kein Kunde angesprochen. "Sie gehen halt unter der Bezeichnung weg und werden sehr gerne gekauft", so Marion Wolframm. Das mache die altbewährte Rezeptur und das sorgsame Backen aus. "Alles handgemacht. És macht natürlich viel Arbeit, wird schonend gebacken aber schmeckt eben auch gut", so die Bäckersfrau. Aber nicht nur die Zonis werden in der Nödaer Backstube liebevoll behandelt und gebacken, sondern ebenso die anderen 30 Brötchensorten und das ringsum beliebte Sauerteigbrot. Langsam backen und liebevoll mit Hand gemacht ist auch das Credo der Bäckerei Süpke (Zentrale in Orlishausen, zahlreiche Filialen). Doch heißen die nach altem Rezept hergestellt Doppelten einfach so und nicht DDR-Brötchen. Dafür hat Bäcker Süpke ins Internet das Originalrezept für DDR-Brötchen gestellt und daraufhin eine weltweite Fandiskussion von Australien bis Südafrika entfacht. Auch beim Bäckermeister Uwe Andreß in Straußfurt heißen die nach fast originalem DDR-Rezept - manche Zutaten gebe es aber nicht mehr - gebackenen Brötchen einfach Brötchen ohne den verbalen Nostalgiezusatz. Das Doppelte kostet 45 Cent. "Nach der Wende habe ich mal die neuen Rezepturen ausprobiert. Aber nur ein Jahr lang. Die Kunden wollten die Westbrötchen nicht. Und wenn da Zusätze im Backmittel drin sind, die ich kaum aussprechen kann, bin ich auch sehr skeptisch", so Bäckermeister Uwe Andreß. Bei der Bilzingslebener Landbäckerei Fischer werden die althergebrachten und festen Brötchen im Stammbackhaus im "richtigen" Ofen gebacken und heißen altdeutsche Brötchen - kosten 22 Cent, die altdeutschen Semmel, das sind Doppelte, kosten 40 Cent. Die Brötchen, die auch in den modernen kleinen Öfen in den Filialen gebacken werden können, sind die Goldstücke. Die würden aber auch gerne gekauft, versichern die Mitarbeiter. Denn die seien nicht so eine Blase wie die richtigen Westbrötchen. WeimarInnungsobermeister Uwe Buczek: "Für mich ist die DDR-Zeit abgehakt. Das ändert aber nichts daran, dass auch wir alle unsere Brötchen nach alter Art backen. Ob doppelte oder einfache - es sind unsere Tafelbrötchen. Dazu braucht es anderes Backmittel, Malz und andere Öfen. Die Brötchen werden damit kleinporiger, und wenn man sie richtig reifen lässt, können sich die Geschmacksstoffe besser entfalten. Die Kunden würden sich aber wundern, wenn sie echte DDR-Brötchen angeboten bekämen. Die würde niemand mehr kaufen." Bäckermeister Bernd Rost: "Wir bieten die Brötchen alter Backart noch als DDR-Brötchen an. Zur Erheiterung vieler Touristen. Unsere Stammkundschaft schätzt sie, weil sie nicht so aufgeblasen sind. Das Geheimnis liegt im Malz und am anderen Backmittel." Bäckermeister Thomas Rose: "DDR-Brötchen sind bei uns zwar kleiner und auch preisgünstiger. Die Kunden wollen sie, also kann ich nicht darauf verzichten. Eigentlich müsste man sie aber teurer verkaufen, weil sie fast doppelt so viel Zeit in der Herstellung brauchen. Schon die Teigmaschine läuft langsamer und länger. Durch das andere Backmittel und das Malz geht der Teig nicht so auf, hat weniger Luft als die Brötchen neuerer Machart." Bäckermeister Silvio Höhne, Olbersleben: "Wir brauchen in Weimar keine DDR-Brötchen. Wir haben die Weimarer Jungs. Ein altes Rezept, das sogar aus Weimar stammt. Als wir es zu unserem 100. Geburtstag ins Sortiment nahmen, konnten wir den Erfolg nicht ahnen. Mit den sogenannten DDR-Brötchen gemeinsam haben diese Brötchen, dass sie mit stehender Hitze und nicht im Umluftofen gebacken werden."
Zwei Exemplare im direkten Vergleich: links ein Brötchen aus dem Holzofen von Frank Winkler aus Eisenach (kleiner, 36 Cent, 102 Gramm), rechts das Brötchen aus der Eisenacher Filiale eines Großbäckers (größer, 39 Cent, aber nur 86 Gramm).
Bleibt nur die Frage: wie sieht das eigentlich im Vogtland mit den Brötchen aus?
Wir haben natürlich auch erstklassige DDR Bäcker-Semmeln (andere nennen es Doppelbrötchen ) für 35 Cent das Stück. Bringe ich natürlich zum Frühstück mit und wenn du willst noch selbstgemachte Marmelade dazu