Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden  

Mühlen- und Müllerforum "Glück zu!"

Einige Bereiche des Forums erfordern eine Mitgliedschaft (Anmeldung/Registrierung).
Neue Mitglieder stellen sich bitte im Mitgliederbereich vor.
Für den Inhalt eines Beitrags trägt der Autor die juristische Verantwortung, nicht der Forenbetreiber.



Viel Spaß!

Aktuelle Unwetterwarnungen für Deutschland
Zur Unwetterwarnung die Karte anklicken!


Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 11 Antworten
und wurde 1.636 mal aufgerufen
 Windmühlen
Gelöschtes Mitglied
Beiträge:

24.03.2013 19:12
Mühlenwelle, Flügelwelle Zitat · Antworten

So, da wäre ich als Neuling ja an der richtigen Stelle.
Ganz schön aufwendig, ehe man als interessierter Laie eine (möglicherweise) simple Frage stellen kann.
Forumsanmeldung - Freischalt- und Begrüßungsprozedur - und erst der Weg dahin.
Also, warum ist die Mühlenwelle schräg gelagert? Ich habe da irgendwas gelesen von "schädlichen Stauwinden" denen es zu begegnen gilt.
Mag ja sein, aber Genaueres hätte ich schon gern erfahren. Denn daß das Riesenflügelwerk so von ungefähr schläg liegt, glaube ich ja nun nicht. Und wenn man die Probleme im Getriebe sieht, die die schräge Mühlenwelle zwangsläufig produziert, dann kann man sich ja an den zehn Fingern abzählen, daß dieser Aufwand einen sehr triftigen Grund haben muß.
Eben schade, daß mir die Physik am Flügelrad so gar nicht geläufig ist.
Kann mich jemand aufklären?
Ich bedanke mich im Voraus für die sicherlich kommende Erläuterung und grüße
Euch alle
Walter

Askop
Administrator


Beiträge: 610

24.03.2013 21:06
#2 RE: Mühlenwelle, Flügelwelle Zitat · Antworten

Zitat von walter mainz im Beitrag #1
Also, warum ist die Mühlenwelle schräg gelagert? Ich habe da irgendwas gelesen von "schädlichen Stauwinden" denen es zu begegnen gilt.

Also mit Stauwinden hat das nichts zu tun, sondern mit der Geometrie des Baukörpers. Die ältesten Windmühlentypen mit vertikalem Rutenkreuz (Turmwindmühlen und Bockwindmühlen) haben senkrechte Wände, deshalb konnte die Flügelwelle waagerecht oder fast waagerecht gelagert werden, also nicht "schräg":

Vehlefanz.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Bockwindmühle Vehlefanz, Foto: K. Rudolph (Zum Vergrößern anklicken!)




Molino serra de pula auf Mallorca; Bildquelle: Wikipedia

Erst mit dem Aufkommen der Holländerwindmühlen und deren (meist taillierter) Kegelstumpfform entstand die Notwendigkeit zur Schrägstellung der Flügelwelle, damit die Ruten nicht am Mühlenkörper anstoßen. Die Neigung beträgt in der Regel 12,5 Grad.

Bau der Brueler Windmuehle(1).jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Foto: privat (Zum Vergrößern anklicken!)

Ich vertrete zudem die Ansicht, dass eine schräge Rutenwelle auch einen physikalischen Vorteil hat gegenüber einer waagerechten Welle. Weil bei der schrägen Welle der Schwerpunkt nach weiter hinten bzw. achtern verlagert wird, ist sie weit weniger kopflastig und kommt deshalb praktisch ohne Springbügel am Penlager aus.

Hinsichtlich ihrer Getriebe (Kammrad und Bunkler bzw. Bunkel/Bonkel) gibt es keine prinzipiellen Unterschiede zwischen schräg liegender und waagerechter Rutenwelle.

Glück zu!

Flachmüller
Mühlenpapst Axel I. (Co-Admin)


Beiträge: 533

25.03.2013 11:12
#3 RE: Mühlenwelle, Flügelwelle Zitat · Antworten

So, mit freundlicher Unterstützung von meinem guten Freund Rüdiger Hagen, wollen wir das doch mal etwas bildlicher gestalten.
Ich hoffe das es auf den Bildern relativ gut zu erkennen ist.



Mit öligen Grüßen aus Hamburgs ältester Windmühle und jüngster Speiseölmanufaktur!
Qualität seit 1318

Axel

Angefügte Bilder:
Aufgrund eingeschränkter Benutzerrechte werden nur die Namen der Dateianhänge angezeigt Jetzt anmelden!
 holbock.jpg 
Gelöschtes Mitglied
Beiträge:

25.03.2013 11:46
#4 RE: Mühlenwelle, Flügelwelle Zitat · Antworten

Danke für die ausführliche Antwort, deren Terminologie mir zwar weitestgehend fremd ist, der ich aber soviel entnehmen kann, daß die schräge Mühlenwelle lediglich der sich nach oben verjüngenden Form des „Mühlengebäudes“ geschuldet ist, also quasi den Rechten Winkel zwischen Fassade und Welle einzuhalten sucht.
Hm, leuchtet oberflächlich betrachtet ein.
Andererseits wird meine Skepsis nicht beseitigt. Zumal eine schräge Fassade eine schräge Welle nicht erzwingt. Freilich, eine lange, freistehende Mühlenwelle (und die wäre ja bei schräger Fassade und horizontaler Wellenlagerung unumgänglich) bringt auch Probleme.
Ich denke, die Lösung mit der schrägen Mühlenwelle stellt einen Kompromiß dar, bedeutet also das kleinere Übel in einer ganzen Reihe vorstellbarer Lösungen.
Zunächst ist meine Frage ausreichend beantwortet und dafür bedanke ich mich.

walter

Askop
Administrator


Beiträge: 610

25.03.2013 15:16
#5 RE: Mühlenwelle, Flügelwelle Zitat · Antworten

Zitat von walter mainz im Beitrag #4
Freilich, eine lange, freistehende Mühlenwelle (und die wäre ja bei schräger Fassade und horizontaler Wellenlagerung unumgänglich) bringt auch Probleme.

Sogar sehr viele Probleme! Hauptproblem wäre eine gefährliche Kopflastigkeit am Wellkopf (der das Flügelkreuz trägt). Unsere Mühle hat am Tafelment (wo die Haube/Kappe drauf sitzt) 7 Meter Durchmesser, am Turmfuß aber 11 Meter. Eine waagerechte Flügelwelle bzw. der Wellkopf müsste mind. 2,50 Meter aus der Kappe heraus stehen, damit die Flügelspitzen nicht an den Turmfuß krachen.

Dabei muss man bedenken, dass z.B. unser 22 Meter-Flügelkreuz (Stahlruten + Alujalousieklappen + Steuergestänge aus Stahl) inkl. Wellkopf ca. 6 t auf die Waage bringt, und 2,5 Meter Welle (Holz 60 x 60 cm oder Stahl) müssten noch hinzugerechnet werden. Eine so weit vorstehende Welle hätte stark negative Auswirkungen auf das statische Gleichgewicht der Kappe, denn diese sitzt bei einer HWM bekanntlich völlig frei auf dem Tafelment bzw. wird nur durch das eigene Gewicht auf der Mühle gehalten. Nach dem Hebelgesetz ist es ja so: je weiter die Welle samt Flügelkreuz nach draußen geschoben wird, um so leichter wird die Kappe achtern (hinten). Wenn nun 6 Tonnen Flügelkreuz 2,5 m aus der Kappe heraus hängen, dann dürfte ein leichter Windstoß von hinten auf die Flügel genügen, um die Kappe achtern auszuhebeln und samt Flügel von der Mühle zu schmeißen - kreuzgefährlich!

Noch gefährlicher, wenn ein 80 oder 100 kg-Müller z.B. zum Aufsegeln in die Flügel steigen muss - das würde noch zusätzliches (Über)Gewicht bringen.

Wie das technische Wunderwerk Mühle und der traditionelle Mühlenbau anschaulich zeigt, können unsere Altvorderen ganz gewiss nicht doof gewesen sein ; es wurde mit Sicherheit viel nachgedacht und auch probiert und experimentiert. Deshalb ist die schräge Flügelwelle bei HWM mit großem Bedacht gewählt worden und m.E. die beste und sicherste Variante, wobei die frei sitzenden HWM-Kappen trotzdem noch gefährlich genug bleiben und ständiger Beobachtung bedürfen, zumindest bei Sturm.

Durch die Schrägstellung der Flügelwelle bei HWM befindet sich der Wellkopf bzw. das Flügelkreuz recht nahe an der Windseite der Kappe. Das bringt den zusätzlichen Voteil, dass man relativ leicht an den Wellkopf und auf die Flügel kommt, z.B. wenn man die Haltekeile der Ruten im Wellkopf nachschlagen muss oder zum Schmieren der Spinne und Klappengestänge (bei Jalousieklappenflügeln). Zu diesem Zweck gibt es meistens eine Luke in der Windwand der Kappe, aus der heraus man auf die Hausrute kraxeln kann. Wäre die Rute und der Wellkopf 2,5 m oder mehr von der Windwand weg, müsste man immer eine 12 Meter-Leiter anlegen oder ... ein Gerüst bauen. Heute gibts ja Hubsteiger, aber früher? Außerdem ist die Anmietung eines Hubsteigers eine kostspielige Angelegenheit, da klettert man doch lieber von der Kappe aus auf die Flügel.

Glück zu!

Bastler



Beiträge: 70

25.03.2013 21:59
#6 RE: Mühlenwelle, Flügelwelle Zitat · Antworten

Also meiner Ansicht nach hat das nur mit der Kopflastigkeit der Rutenwelle zu tun. Bei den BWM wurden ja auch schräge (5°glaub ich) Rutenwellen eingebaut. Die Stauwinde stellen wohl ehr ein Problem bei den Segelflügeln dar, da die Stauwinde ein Schlagen der Segel verursachen können und so schon bestimmt einige Flügel gebrochen sind. Die Holländer haben ja auch die Scheiden anders gestellt, bis zu 15° vor die Windebene, wenn ich mich richtig erinnere.

Glück zu

Bastler aus dem Wendland

Nur der tote Fisch schwimmt mit dem Strom.

Flachmüller
Mühlenpapst Axel I. (Co-Admin)


Beiträge: 533

26.03.2013 14:52
#7 RE: Mühlenwelle, Flügelwelle Zitat · Antworten

Zitat von Bastler im Beitrag #6
Die Stauwinde stellen wohl ehr ein Problem bei den Segelflügeln dar

ja das stimmt wohl, auch dass die zuletzt gebauten Bockmühlen eine leichte Schrägstellung hatten; nur ist man damit das Problem des Segelschlagen auch nicht wirklich losgeworden. Die taillierte Form des Holländers dagegen und die geringeren Flächen hinter dem Flügel gegenüber der Bock- oder Paltrockmühle waren da schon wesentlich effizienter.

Aber zurück zur ursprünglichen Frage "Ich habe vergeblich im Internet eine Erklärung dafür gesucht, warum die Flügelwelle einer Windmühle schräg gelagert ist."

Bei den Holländern sind wir uns also einig, dass die Taille größtenteils ausschlaggebend ist für die Schrägstellung der Flügelwelle, zudem wird natürlich das Gewicht mehr auf das hintere Lager verteilt und es gibt weniger Stauwind.

Bei den alten Bockmühlen hatte man eine Schrägstellung von so gut wie null, und bei den etwas jüngeren ist man darangegangen, der Flügelwelle eine 5° Schrägstellung zu geben, um den Stau an der Sturmwand zu verringern.

Habe ich was vergessen?



Mit öligen Grüßen aus Hamburgs ältester Windmühle und jüngster Speiseölmanufaktur!
Qualität seit 1318

Axel

de twilling



Beiträge: 175

26.03.2013 19:55
#8 RE: Mühlenwelle, Flügelwelle Zitat · Antworten

Moin,


bei Holländermühlen begründet allein der sich nach oben verjüngende Achtkant die Schrägstellung der Flügelwelle.
Wenn die Flügel gerade stehen sollten, müßte der Logik wegen, die Flügelwelle weit nach vorn verlängert werden mit der damit verbundenen extremen Kopflastigkeit - hat Klaus doch anschaulich erklärt.

Aber,

Zitat
Bei den Holländern .. wird natürlich das Gewicht mehr auf das hintere Lager verteilt



Häh, wie soll dat gehen?

Denn eigentlich müßte sich das Gewicht der Flügel ausgleichen, die Flügel oben stehen weiter innerhalb, aber die unteren stehen dafür in dem selben Maße weiter vor der Mühle - also im Endeffekt ausgleichend.

Also nix mit Verteilen des Gewichtes aufs hintere Lager.


Oder wie?

Gruß aus dem zugewehten Norden von old Germany

Ingo

Askop
Administrator


Beiträge: 610

26.03.2013 21:46
#9 RE: Mühlenwelle, Flügelwelle Zitat · Antworten

Zitat von de twilling im Beitrag #8
Häh, wie soll dat gehen? ... Denn eigentlich müßte sich das Gewicht der Flügel ausgleichen

Mein lieber Ingo, wenn man die Flügel nur für sich bzw. isoliert betrachtet, hast Du natürlich Recht. Aber die hängen ja an der Flügelwelle, und je weiter man diese anhebt, um so mehr verlagert sich der Schwerpunkt nach innen bzw. in Richtung Penlager (hinteres Lager) am anderen Endes der Flügelwelle.

Das ist simple Geometrie. Eine Latte mit 2 Meter misst (waagerecht) am Boden liegend 2 Meter, und der Schwerpunkt liegt mittig bei 1 m. Aber richtet man die 2 m-Latte mit 45° Neigung auf und fällt dann das Lot, verkürzt sich das Maß am Boden auf nur noch 1 m und das Lot vom Schwerpunkt liegt dann bei 0,5 m. Wenn die Latte senkrecht (90°) gestellt wird, liegt der Schwerpunkt genau unter der Senkrechten bei null.

DWeil also der Schwerpunkt der Flügelwelle mit jedem Grad mehr Neigung (Schrägstellung) weiter nach hinten wandert, bringt das folglich mehr Gewicht auf das hintere Lager. Deshalb waren bei uns auch nur die unteren Lager(halb)schalen ausgelaufen und die oberen fast wie neu (Straupitz hat ein Messing-Penlager snstatt Katzenstein).

Allet klaro?

Glück zu!

Flachmüller
Mühlenpapst Axel I. (Co-Admin)


Beiträge: 533

26.03.2013 22:56
#10 RE: Mühlenwelle, Flügelwelle Zitat · Antworten

Zitat
Das ist simple Geometrie.

Hätte selbst nicht besser beschreiben können, das mit der Latte meine ich



Mit öligen Grüßen aus Hamburgs ältester Windmühle und jüngster Speiseölmanufaktur!
Qualität seit 1318

Axel

de twilling



Beiträge: 175

27.03.2013 20:02
#11 RE: Mühlenwelle, Flügelwelle Zitat · Antworten

Moin,

allet wird jut...

Klaus, die berühmte Latte hat auf der ganzen Länge das gleiche Gewicht.

Bei der Flügelwelle sieht es ungleich anders aus. Der Schwerpunkt ist hier lastmäßig auf einen Ende konzentriert. Und das Anheben an diesem Punkt um sagenhafte 12,5 Grad verlagert den Schwerpunkt nicht sonderlich.
Bringt zwar ein bissel...

Größere Gewicht hat da der Abstand zum Drehpunkt des Hebels, also bei der Windmühle wäre das hier das vordere Lager - da zählt tatsächlich jeder Milimeter.



Und das sich bei einem Lager die untere Lagerschale stärker abnutzt....

hi hi ist ja aufgrund des Gewichtes schon ganz klaro.


Zitat
Wenn die Latte senkrecht (90°) gestellt wird,



dann wird die Windmühle zu einem super Schwippbogen




Endlich lustig im Forum


Ingo

Askop
Administrator


Beiträge: 610

27.03.2013 20:37
#12 RE: Mühlenwelle, Flügelwelle Zitat · Antworten

Zitat von de twilling im Beitrag #11
Endlich lustig im Forum

Ja ja, vor allem weil Du wegen Deiner Internetabstinenz Dich hier hast kaum blicken lassen. Aber das wird ja jetzt hoffentlich wieder besser!!! ???

Glück zu!

 Sprung  
Xobor Erstelle ein eigenes Forum mit Xobor
Datenschutz