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Bin ich jetzt hier richtig? Darf ich hier tasächlich (wirklich hier?) einen schönen Presseartikel zitieren? Ich wage es einfach mal *zitter*
Heute in der "Gmünder Tagespost" (Birgit Markert):
Müller trotzt dem Strukturwandel
GT-Ferienserie: Handwerksmeister (2) Gustav Knödler hat viele Veränderungen in der Gschwender Mühle erlebt
Müller ist der häufigste Familienname im deutschsprachigen Raum. Von dem Berufsstand ist indessen nicht mehr viel übrig geblieben. Gustav Knödler erzählt, es gebe heute in Deutschland noch 600 Mühlen, im Vorkriegsdeutschland seien es 32 000 gewesen. Der Müllermeister aus Gschwend ist der einzig verbliebene im Gmünder Raum, sagt er.
Gschwend. Im schwäbisch-fränkischen Wald wimmelt es vor Mühlen. Am Mühlentag am Pfingstmontag ist die Landkarte übersät von roten Punkten, die anzeigen, wo es noch Mühlen gibt. Fast alle sind heute Kulturdenkmal und romantische Kulisse. Die Gschwender Mühle ist eine Ausnahme: In der dritten Generation geht Gustav Knödler einem jahrtausendealten Handwerk nach: Er mahlt das Getreide zu Mehl. 2006 feierte die Mühle, die 1806 vom Kronenwirt Johann Jakob Joos erbaut wurde, ihr 200-jähriges Bestehen. In Gschwend ist sie eines der ältesten Gewerbebetriebe. Nachdem sie 120 Jahre lang als Lohnmühle von unterschiedlichen Müllern betrieben wurde, ist sie seit 1929 in Familienbesitz. Müllermeister Gustav Knödler kennt das Handwerk von klein auf. Er erinnert sich noch an Zeiten, in denen die Landwirte mit Fuhrwerken vorfuhren – Ochsen- und Kuhgespanne, Pferde habe es im Gschwender Raum wenig gegeben. In den 1960er Jahren war noch ein Mühlstein zum Schroten in Betrieb, ansonsten war alles auf Walzen umgestellt. Der Stein steht heute als Zeichen alter handwerklicher Tradition vor der Scheune. Einmal im Monat mussten die Steine gereinigt und geschärft werden, das sogenannte „Schrenzen“. Zu erkennen sind noch die Luftfurchen, sie leiteten die beim Mahlen entstehende Wärme ab, und die Arbeitsfurchen, die die Schneidwirkung beim Mahlen erzielen. 1961 wurde in der Mühle ein Trockner angeschafft, der das Getreide, wenn feucht geerntet werden musste, mahl- und lagerfähig gemacht hat; eine Mahlmaschine kam 1970 hinzu. Viele Krankheiten machten den Landwirten damals zu schaffen, Pilzbefall zum Beispiel, weil das Saatgut noch nicht gebeizt wurde. Sehr viel mehr schwere Arbeit sei damals angefallen, Säcke schleppen etwa. Als größten Umbruch empfand es Knödler, als die Landwirte anfingen, das Getreide nicht mehr in Säcken, sondern lose im Kipper anzuliefern. Das oberschlächtige Wasserrad, gespeist mit dem Wasser der Gschwender Rot, war früher die einzige Energiequelle, bis 1930 auf Dieselturbinen umgestellt wurde. Heute hat die Wasserkraft nur noch unterstützende Funktion, wenn der Bach genügend Wasser führt. Was sich nicht geändert hat, ist die Anzahl der Mahlvorgänge, um das Korn zu mahlen: in den Walzstühlen bis zu 16 mal. Dabei werden Mehl, Gries und Dunst gewonnen, Nachmehl und Kleie bleiben als Viehfutter übrig. Dass die Landwirte ihr eigenes Getreide zu Mehl und Futter verarbeiten, sei in den letzten Jahrzehnten immer weniger geworden: 200 Tonnen Getreide mahlt er im Jahr, eine moderne, computergesteuerte Mühle leiste dies an einem Tag. Überleben konnte der Müllermeister nur mit weiteren Standbeinen. Im Mühlenlädle bietet er Getreideprodukte an, einmal die Woche wird im Holzofen Brot gebacken; Futtermittel und Gartenbedarf runden das Angebot in der Gschwender Mühle ab. Überblickt Gustav Knödler die letzten 60 Jahre, erfüllt es ihn mit einem gewissen Stolz, trotz des gewaltigen Strukturwandels überlebt zu haben. Auch, wenn er vermutlich die letzte Generation ist, die auf der Gschwender Mühle einem der ältesten Handwerke der Menschheit nachgeht.
[Zitat Ende]
Dazu hat der Artikel ein paar schöne Fotos (Markert), die ich hier mal mit den Unterschriften aus dem Artzikel wiedergebe:
Walzenstühle der Wasseralfinger Hüttenwerke, die heute in Deutschland nicht mehr produziert werden, stehen in der Mühle von Müllermeister Gustav Knödler.
Fertig gemahlene Säcke Mehl warten darauf, abgeholt zu werden.
In dieser Maschine wird verschiedenes Mehl für Brot gemischt.
Ein Stück Handwerksgeschichte: der alte Mahlstein.
Alles in allem ein schöner aber auch sehr trauriger Abgesang auf einen Handwerksbetrieb bzw. eine ganze Branche, von der in absehbarer Zeit in Deutschland nichts mehr übrig geblieben sein wird. Und (Finger in die Wunde) - was tun unsere Mühlen erhaltenden Fachverbände und Vereine, um das zu ändern? Nichts, nichts, nichts... über 20 Jahre D.G.M. e.V. und absolut kein Ansatz um diesem rapide schleichenden Mühlensterben die Stirn zu bieten. Nicht einmal publikumswirksames Aufschreien zum Mühlentag - das erledigt die Presse dann als "Ferienserie" wahrscheinlich ganz ohne Lobbyarbeit von alleine oder allenfalls auf private Initiative eines Gustav Knödler.
Jaaaa richtig ... du darfst ... und ganz ohne Zittern!
Dieses Unterforum zur "Presseschau" war eigentlich geschaffen worden und gedacht als Müllhalde für den massenhaften Journalistenschrott, mit dem hhtorti uns bzw. das Forum "beglückt" hat. Allerdings finde ich Deinen bzw. den Gschwender Bericht zu wertvoll, als dass er hier auf dem Kompost verrotten sollte (die Presseschau findet kaum Beachtung lt. Hitliste). Ich war deshalb so frei und habe in "Mühlenerhaltung und -betreibung" einen Alias-Link gesetzt.