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ich bin Studentin der Universität Karlsruhe. Ich bin in einer studentischen Unternehmensberatung engagiert. Seit einer Weile arbeite ich an einem Projekt, welches für eine weißrussische Mühle neue Maschinen für die Roggenverarbeitung einkauft. Die Projektarbeit läuft nun auf Hochtouren. Wir haben uns in letzter Zeit damit beschäftigt, die verschiedenen Möglichkeiten der Roggenverarbeitung zu Mehl in Erfahrung zu bringen, durch Internetrecherche. Dabei sind wir auf folgende "Mühlenarten" gestoßen: - Hammermühle - Rührwerkskugelmühle (Trockene Verarbeitung) - Sichtermühle - Wirbelstrommühle - Stiftmühle - Dreschmühle - Roggenmühle - Schälmühle Liegen wir da richtig?
Eine andere Frage, wir suchen nun Plattformen (neben wlw.de, firmenfinden.de) auf denen solche Maschinen gehandelt werden, eventuell auch gebrauchte usw. Habt ihr da vielleicht ein paar Tipps?
Noch eine Frage? Wie problematisch ist es, in eine bestehende Mühle, welche auch Weizen mahlt, die Maschinen für Roggenverarbeitung einzugliedern? (5 Stockwerke)
Ich danke euch schon vielmals im Voraus für eure Hilfe und eure Antworten!
Der Klassische Weg für die Roggenherstellung ist der Einsatz von Walzenstühlen und "Plansichtern", daß heißt der Roggen wird stufenweise vermahlen und stufenweise gesiebt,dabei anfallende Mehle bei diesem stufenweisen Vorgehen werden gesammelt und zu einem Mehl gemischt. Der Rest(z.b die Schale) geht ins Futter oder wird verbrannt. Erst nochmal ein paar Fragen: -wofür wollt ihr denn das Roggenmehl einsetzen? -welche Stundenleistung braucht ihr für so und so viel Tonnen Roggenmehl/Tag? d.h was für ein Mehl will der Müller herstellen? -Ist der Roggen gereinigt und für den Verzehr geeignet? d.h müssten nicht nur eine Mühle sondern auch eine Getreidereinigung installiert werden? -Wie sieht das Gebäude aus? Genug Quadratmeter frei für noch eine Mühle? -Müllereimaschinen können durchaus Tonnen wiegen und eine Roggenmühle für Roggenmehle ist ein komplexes Verfahrenstechnisches System. -Wenn er den Roggen nur brechen will(z.b für Tierfutter),dann reicht eine Hammermühle. -Energie? Wieviel Energie hat er zur Verfügung? Es können durchaus Antriebe bis zu 40 kw(ein Motor) nötig sein.
Müllereimaschinen für Mühlen werden unter anderem bei folgenden Firmen gehandelt/gebaut neu und gebraucht:
Ja hallo Vanessa ... und herzlich willkommen! Dann wollen wir mal versuchen, Dir bei eurem Projekt aus der Ferne etwas zu helfen ... zumindest theoretisch.
Zitat von BelanovaDabei sind wir auf folgende "Mühlenarten" gestoßen:
{...}
Liegen wir da richtig?
Nee, nicht so wirklich.
Zitat von Mehltheuerich hoffe ich konnte erstmal ein bissl weiterhelfen...
Hoffe ich auch. Es wäre aber wirklich gut, wenn uns Vanessa noch ein wenig mehr verraten würde über die genaueren Verhältnisse vor Ort (geplante Leistung usw.).
Aber warten wir mal auf den Kommentar von unserem Spezialisten für modernen bzw. heutigen Mühlenbau. Soweit mir bekannt, war er beruflich desöfteren u.a. auch zu russischen und ukrainischen Mühlen unterwegs und kennt die dortigen Verhältnisse besser als wir. Also Ultratrieur-Florian, jetzt bist Du dran!
wenn ich nun also so direkt aufgefordert werde, meinen Senf dazu zu geben, mache ich das natürlich gern!
Bitte versteht mich nicht falsch - im Rahmen Eures Studiums lernt Ihr sicher ganz besondere Inhalte und "Softskills" - Mühlen planen gehört sicher nicht dazu. Nur mal so, um Euch zu verdeutlichen, welche Aufgabe Ihr Euch da vorgenommen habt: Der Werdegang eines Projektleiters im Mühlenbau (nennen wir ihn mal Mühlenplaner) beginnt häufig mit einer dreijährigen handwerklichen Ausbildung zum Müller. Danach ein paar Gesellenjahre in der Produktion, dann Fortbildung an der Deutschen Müllerschule in Braunschweig - nochmal zwei Jahre. Danach nennt man sich (in Kurzform) "Müllerei- und Mühlenbautechniker" bzw. heute auch "Futtermitteltechniker". Mit diesen ca. 6 bis 7 Jahren Erfahrung im virtuellen Gepäck heuert man dann z.B. bei einer auf heutigen Mühlenbau orientierten Maschinen- und Anlagenbaufirma an und ist dann mit etwas Glück und persönlicher Eignung nach vielleicht zwei oder drei Jahren Berufspraxis in der Lage, so ein Projekt abzuwickeln, wie Ihr es machen wollt.
Ich will Euch nicht von vorn herein den Mut nehmen und möchte deshalb den Ratschlag geben: bitte reduziert Eure eigene Aufgabe auf das reine Projektmanagement im Sinne von Aufgaben definieren, Partner suchen und Resourcen managen. Früher oder später werdet Ihr ohnehin an den Punkt kommen, wo Ihr die Realisierung weitgehend in erfahrene und professionelle Hände geben müsst, wenn Ihr ein nicht-blamables Resultat erzielen wollt.
Nun aber nochmal konkret zum Projekt: wenn ich das richtig verstehe, gibt es dort eine produzierende Weizenmühle, die ihr Sortiment auf Roggenmehle ausdehnen will? Wäre ich Betriebsleiter oder Inhaber, würde ich erst mal das Naheliegendste versuchen: auf dem bestehenden System mit sehr geringen Umbauten oder Umstellungen (so eine Anlage bietet gewöhnlich sehr viele variable Fahrweisen) einfach mal Roggen aufgeben und sehen, was passiert. Klar - es braucht dafür eine Anlage, die nicht schon bei 110% Auslastung läuft. Wenn also schon die Weizenkapazität am Ende ist - vergesst es. Häufig laufen aber diese Anlagen heutzutage in Russland nur noch tageweise oder zwar täglich, dann aber mit einer Schicht Stillstand pro Tag... Da gäbe es dann die Möglichkeit, zwischendrin mit Roggen Versuche zu fahren.
Problem wird sein, dass die Resultate (geringe Ausbeute aschearmer Mehle) nicht allzu gut sein werden und dass auch der Durchsatz weit unter Weizen liegen wird... In den russischen Mühlen gibt es gewöhnlich sehr gut ausgebildete erfahrene Müller - wenn Ihr so einen vor Ort habt, wird Euch der sicher im Detail schildern können, was geht und was nicht bzw. durchdachte Versuche fahren, ohne Walzen platt zu machen oder pneumatische Förderer vollends absaufen zu lassen . Ach ja, weiteres Problem ist natürlich die Verschleppung von Weizen in Roggen und umgekehrt bei jedem Produktwechsel. Das Risiko sollte gut gegen den potentiellen Nutzen der Sortimentswerweiterung abgewägt werden.
Wenn o.g. Möglichkeit aus irgendwelchen Gründen gar nicht geht oder aber miese Resultate ergibt, muss natürlich ein separates Mahlsystem für Roggen her. Da kann man natürlich versuchen, mit ins bestehende Gebäude zu gehen - das grenzt meist jedoch an Akrobatik. Die meisten russischen Mühlen sind Gebäude, die in den 60er und 70er Jahren mit einer gewissen Ausbaureserve errichtet wurden. In den vergangenen 30 bis 40 Jahren wurde diese Reserve dann jedoch schon so gut genutzt oder vollgebastelt, dass da heute nur wenig Chancen bestehen, Neues zu integrieren - es sei denn, man reißt großvolumig stillgelegte überflüssige Alt-Anlagenteile (auch das habe ich häufig gesehen) heraus. Mir fällt da z.B. ein sowietisches Getreidekombinat in der ehem. Litauischen sSR ein, wo ich daran beteiligt war, ein unproduktives Mischfutterwerk zu entkernen, um für die Erweiterung einer Buchweizen- und Haferschälanlage Platz zu machen... sowas geht oft und macht auch Spaß .
Anlagenbau im bestehende Gebäude heißt aber auch, dass da der erfahrene Planer vor Ort ran muss, um anhand der Möglichkeiten abzuschätzen, was geht und was nicht (Art und Umfang der Anlage). Viele Betriebe, die in dieser Projekt-Situation sind, versuchen nun, bei den einschlägig bekannten Fachfirmen eine Vorplanung, getarnt als Angebot, zu schnorren - häufig gelingt das, aber je komplexer das Vorhaben, um so wahrscheinlicher wird es, dass Ihr bereits an diesem Punkt das erste Geld für ein "Vorprojekt" oder eine "Projektstudie" auf den Tisch legen müsst. Je nach Größe des Vorhabens und Renommée des Anbieters seid Ihr da u.U. einen fünfstelligen €-Betrag los! Nur, um es mit ganz ehrlichen drastischen Worten zu sagen: Ihr werdet schon fachliche Unterstützung brauchen, allein um zu wissen, WAS Ihr anfragen wollt - und diese Unterstützung wird es nicht für lau geben.
Zurück zum Bauvorhaben: wenn man sich gegen die Integration ins bestehende Gebäude entscheidet, wird Vieles einfacher. Man stellt ein schickes vorgefertigtes Stahlgerüst neben die alte Mühle, baut die Maschinen rein, macht die Anbindungen an die alte Annahmestrecke und vielleicht auch an die Fertigwarenzellen inkl. Verladung. Da muss man dann einfach den zusätzlichen Bauaufwand gegen die daraus resultierenden Annehmlichkeiten rechnen. Planungsaufwand, Abstimmungen und ganz viel fachliches KnoffHoff sind aber natürlich auch bei dieser Variante gefragt.
So - ich hoffe mal, dass ich Euch jetzt nicht vollends den Mut genommen habe. Wenn doch, sorry - das wollte ich nicht! Mir fallen schon zwei oder drei Möglichkeiten ein, wie Ihr für wenig oder ohne Geld zu fachlicher Beratung kommt, nur will ich das hier nicht öffentlich ausbreiten, und außerdem ist es in hohem Maße von der Größe, der Art und der geographischen Lage der Mühle abhängig - und natürlich davon, ob Ihr ggf. Möglichkeiten habt, über Euer Projekt zumindest Reisekosten zu erstatten.
Falls Ihr an weiterer Beratung interessiert seid, meldet Euch bitte per Mail (PN hier oder an schneckentrieur@gmx.de) oder ruft mich an 04141 / 788 183 bzw. 0162 200 22 60
Mit besten Grüßen und Müllergruß "Glück zu!"
Flrian
P.S.: Wie es der Zufall so will, habe ich gerade gestern ein paar schöne russische Bilder eingestellt. Schaut mal hier in der Bildergalerie unter "Sonstige Mühlen" bzw. hier.
Zitat von ultratrieurwenn ich nun also so direkt aufgefordert werde, meinen Senf dazu zu geben, mache ich das natürlich gern!
Wow, einen solch fundierten Beitrag zur Müllerei hat es wohl anderswo noch nicht gegeben!!!??? Und ich hatte es schon geahnt: Flo hat's einfach drauf, danke!
Danke auch dem Forenteam, das Dich nicht haben wollte und hierher vertrieben hat, danke, danke, danke!