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Zitat Es klappert die Mühle ... Werner Krumholz ist der letzte Müller in Neustadt. Sein funktionstüchtiger Betrieb in Wildenheid ist ein Schmuckstück, doch weder der Landkreis noch das Rathaus bekunden Interesse.
"Es klappert die Mühle am rauschenden Bach . . .", so heißt es in dem bekannten Volkslied. Der rauschende Bach fehlt zwar, da die DDR-Grenzer der Mühle im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser abgegraben haben, aber sonst klappert es tatsächlich noch in der Mühle von Werner Krumholz in Wildenheid.
Auf das Jahr 1680 geht ihr Ursprung zurück, doch gemahlen wird dort noch heute, und zwar bestes Mehl nach alter Verfahrensweise. Mühlen gab es früher im Coburger Land zuhauf, zwei gab es beispielsweise in Fürth am Berg, eine in Schönstädt und eine in Unterwohlsbach. Zu jener Zeit hatte sogar eine Müller-Innung ihre Berechtigung. Mittlerweile ist die Mühle in Wildenheid ein Unikat, das im Landkreis seinesgleichen sucht.
Mühlrad eingelagert
Die Mühle ist fast in Vergessenheit geraten, obwohl sie noch voll funktionstüchtig ist - freilich ohne das große Wasserrad, das sie früher einmal antrieb. "14 Umdrehungen pro Minute schaffte das oberschlächtige Mühlrad mit einem Durchmesser von fünf Metern", weiß Klaus Krumholz, der Sohn des letzten Müllers von Wildenheid. "Wir haben es derzeit in einem Fachwerkanbau untergebracht." Sein Vater, der seit 1950 die Mühle leitet, geht immer noch täglich an seinen Arbeitsplatz - und das mit 88 Jahren. Schon beim Betreten der Mühle gerät man in Verzückung und erinnert sich an den Streich von Max und Moritz "Rickeracke! Rickeracke! Geht die Mühle mit Geknacke . . . Meister Müller, he, heran! Mahl er das, so schnell er kann!" Die Neugier steigert sich von Stockwerk zu Stockwerk, glaubt man doch wirklich, dass sich Max und Moritz irgendwo versteckt halten.
Schaut man genauer hin, dann erscheint das Mahlen für einen Laien recht kompliziert ob der Mechanik, die vonnöten ist. "Über den Quetschstuhl in den Mehlstuhl, von dort in den Plansichter und weiter in den Mahlstuhl", für Krumholz ist das zwar Routine, aber man sieht ihm an, mit welcher Liebe er sein Metier beherrscht. "Das wiederholt sich mehrfach je nach Mehltyp." Für eine Tonne Mehl am Tag ist seine Mühle ausgelegt. Derzeit produziert Krumholz einen Bruchteil, und zwar nur Roggen und in Öko-Qualität. Es geht an heimische Bäcker oder Bauern, die noch selbst ihr Brot backen, aber auch an Endverbraucher.
Bis zu 800 Zentner kommen so im Jahr zusammen. "Zum Vergleich", meint Krumholz, "die Mühle in Scherneck kann bis zu 140 Tonnen täglich herstellen." Stolz zeigt er den ältesten Teil der Mühle, die alte Schrotmühle, und weist auf ein Schild hin, das den Hersteller des Walzenstuhls verrät: eine Mühlenbauanstalt namens Joh. Gieler aus Coburg zeichnete dafür verantwortlich.
Wehr 1962 gesprengt
Werner Krumholz gerät ins Schwärmen und nimmt den staunenden Betrachter mit auf eine Zeitreise, als beispielsweise das Lohnmahlen für den Müller eine einträgliche Einnahmequelle war. "Die Bauern aus dem Umland brachten ihr Getreide und nahmen dafür Mehl wieder mit", zeigt Krumholz auf. "Ganz früher war hier zudem auch eine Schneidmühle, die für die Bauern den Holzzuschnitt vornahm."
Einen Wunsch hat die Familie Krumholz freilich, denn der Mühlgraben, 1962 wurde von DDR-Grenzern das Wehr gesprengt, soll wieder geöffnet werden: "Die Wasserzufuhr soll wiederhergestellt werden, und zwar auf Staatskosten, sodass sich das Mühlrad wieder dreht." Dafür kämpft die Familie, "zumal unsere Mühle direkt am Radweg liegt und als Attraktion viele Radtouristen anziehen würde".
Doch davon will weder im Landratsamt noch im Neustadter Rathaus jemand etwas wissen. Die Familie Krumholz will sich aber nicht damit zufrieden geben, dass angesichts einer Entschädigung, die damals 400 Mark betrug, alle Instandsetzungskosten für den Mühlgraben von der Familie getragen werden sollen. "Wir wollen ganz einfach, dass dieses Zeugnis alter Produktionsweisen erhalten bleibt. Wer wird in Zukunft noch wissen, wie jahrhundertelang Mehl gemahlen wurde?" In Wildenheid könnte man es erleben.
Die alte Schrotmühle (links) ist der der Ursprung der Wildenheider Mühle. Werner Krumholz mahlte das Getreide noch mit zwei Mahlsteinen.