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Wenn eine Wassermühle heute noch gewerblich produziert, dann ist die ja in aller Regel irgendwie modernisiert und hat mit der früheren Wassermühlentechnik oft nicht mehr viel zu tun, oder? Ich frage deshalb, weil es mir unwahrscheinlich vorkommt, dass eine Passagen-Durchgangsmühle mit drei Doppelplansichtern wie die Wassermühle in Raden/Sachsen angeblich nur von einem Wasserrad angetrieben werden soll.
In einer Diskussion unter Mühlen-Hobbyisten wird unter Hinweis auf eben diese Radener Mühle behauptet, dass man am Geräusch der Walzenstühle die Drehzahlschwankungen des Wasserrades hören könne.
Theoretisch mag das ja richtig sein, aber in praxi haben die Stühle vermutlich einen E-Antrieb. So wie auch die Plansichter, wo jede Menge Elektroschalter zu sehen sind.
Im folgenden Video sieht man bei 0:05 im Hintergrund einen großen E-Motor mit Riemen zur Transmission.
Meine Frage wäre: Ließe sich die gesamte Mühlentechnik wie in Raden mit nur einem Wasserrad antreiben? Wenn nicht, wie ich vermute, was treibt dann das Wasserrad an?
Ach, der Motor im Hintergrund des einen Videos ist sicher ein Generator, der neben dem Mühlenbetrieb noch 100kW Strom einspeist.
Die größten Wasserräder in Deutschland haben so um die 100 PS. Das sind dann Zuppinger, 6m breit und 6m Durchmesser. Ich schätze, die Mühle müsste wohl so 80 PS Antriebsleistung brauchen (ist aber nur eine Schätzung!). Das Wasserrad ist unterschlächtig und hat damit einen Wirkungsgrad von 30-35% und erzeugt vielleicht 15 PS, reicht also lange nicht.
Also würde ein Wasserrad die Mühle antreiben können, aber dieses Rad gibt nicht genug her. Vielleicht treibt es ja einen kleinen Generator an, dessen Strom gleich wieder verbraten wird, oder es dient direkt als Antrieb, denn was das Rad liefert, braucht der Motor nicht zu leisten...
Grundsätzlich ist das alles gar kein Problem... denken wir z.B. mal an die Großmühlen in Brandenburg an der Havel mit Antrieb durch die Havel. Da saßen (sitzen?) mehrere Zuppingerräder im Gebäude und trieben einen Maschinenpark, der wahrscheinlich sogar noch umfangreicher war als der hier vorgestellte.
Zitat von ultratrieurdenken wir z.B. mal an die Großmühlen in Brandenburg an der Havel mit Antrieb durch die Havel. Da saßen (sitzen?) mehrere Zuppingerräder im Gebäude und trieben einen Maschinenpark, der wahrscheinlich sogar noch umfangreicher war als der hier vorgestellte.
Meinst Du das hier? (Bilder unten)
Das dürfte dann aber wohl schon recht modern gewesen sein, z.B. mit elektronischer Drehzahlüberwachung der Maschinen (z.B. Plansichter) und entsprechender Regelung/Steuerung der Einlaufschütze?
Glück zu!
Angefügte Bilder:
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Nee, die meine ich nicht... ich meinte den Betrieb zwei oder drei Hausnummern weiter südlich am Mühlendamm - die sog. Heiderich'sche Mühle:
Stillgelegt in den 80ern und dann einem Trupp von vietnamesischen Fremdarbeitern als Unterkunft überlassen. Die haben dann unterstützt durch diverse Schrottkommandos so ziemlich alles noch Vorhandene entweder raus geschmissen oder unbrauchbar gemacht. In den 90ern war zumindest das große Wasserrad (Hauptantrieb für Stühle, Sichter etc. und Mischerei) noch vorhanden. Das kleinere Rad (weiter rechts im Gebäude und für die Reinigung und Siloanlage zuständig) war schon in den 70ern demontiert und der Kanal mit Beton verfüllt worden, um einer Loseverladeanlage Platz zu machen... Irgend welche elektrischen oder elektronischen Regelungen gab es in diesem Betrieb definitiv nicht.
Und auch die Abgebrannte wird sowas wohl kaum gehabt haben - Schneider Jaquet & Cie wird wohl kaum um 1908 "Nachwendetechnik" eingebaut haben .
Ein wenig kleiner war / ist der Betrieb in Wustrau am Rhin (nördl. von Berlin):
Im Moment treibt das imposante Rad einen Generator, der Strom einspeist, aber es ist noch nicht lange her, dass dort ein rein mechanischer Antrieb für eine 8 / 10-Passagen Durchgangsmühle installiert war. Freilich schon sehr lange mit elektrischen Einzel- oder Gruppenantrieben für Reinigung, Mischerei etc.. Die heutige Technik ist übrigens ca. halb so groß wie die "ursprüngliche". Jetzt ist eine 4-passagige Rückschüttmühle plus Kleinproduktionslinie mit Gang und Askania installiert, die hauptsächlich aus Lindenberg b. Beeskow umgesetzt wurden. Die Originaltechnik (auch Grosse / Lohmen) läuft in Polen...
Eine wie auch immer geartete Regelung der Drehzahl gab's da m.E. auch nicht. Dafür aber ein schönes "Tachometer", das die Geschwindigkeit der Zentraltransmission anzeigt:
Quelle: flickr.com / Copyright Bild by User "Atomhirsch"
Ich halte das Problem schwankender Drehzahlen bei solchen Mega-Rädern übrigens für vernachlässigbar. Diese enorme Schwungmasse bringt so leicht nichts aus der Ruhe - und Windböen gibt's unter Wasser auch nicht.
Die auf's Zuppingerrad gegebene Wassermenge steht übrigens nicht so wirklich im Zusammenhang mit der Drehzahl. Was wirkt, ist ja nicht die Strömung (kinetische Energie) sondern das Gefälle - sprich die potentielle Energie des Wassers. Egal wie voll eine Kammer des Rades ist, die jeweils vorhandene Menge Wasser will immer durch Erdbeschleunigung g nach unten. Dem entgegen steht das abgenommene Drehmoment. Das bremst. Sowie das aber durch Aufgabe einer hinreichenden Menge Wasser überwunden ist, geht die Umfangsgeschwindigkeit des Wasserrades gegen einen durch das konstante g vorgegebenen Wert. Schneller kann's nicht werden, es sei denn wir bauen die Mühle auf dem Jupiter auf.
Das bedeutet, dass ein plötzlicher Wegfall von Lastabnahme (z.B. ein Gruppenantrieb für die Stühle fällt aus, weil Riemen gerissen ist) nicht dazu führen kann, dass die Drehzahl der verbliebenen Rest-Maschinen "durch die Decke" gehen kann. Das sieht bei einer Francis-Turbine schon anders aus...
Friedhelm Nicks erzählte immer recht eindrucksvoll davon, wie bei seinem Lehrbetrieb in der Uckermark eines Tages der Plansichter durch die Wand ging und auf dem Hof lag, weil die Turbine in so einem Fall übertourte (bei üblichen Turbinenkennlinien bedeutet der Wegfall von Lastabnahme eine Drehzahlsteigerung von fast 50%). Und genau das ist übrigens der Grund, warum es Sinn macht, auch eine kleine Mühlenanlage mit z.B. nur zwei Schrotgängen mit hydraulischem Turbinenregler auszurüsten... Also nicht nur für die Stromerzeugung!
Schade, das war mal richtig gut und spannend. Und ich bin echt froh darüber, dass sich hier ein superkompetentes Fachforum entwickelt hat. Trotz mancher Blödelei und Frotzelei, was m.E. aber nur das Salz in der Suppe ausmacht. Let's go!
Die Burgmühle Lippstadt (NRW) wurde bis zur Betriebseinstellung vor etwa 4 Jahren auch nur durch das große (7,5 Meter) Pansterrad angetrieben. Meines Wissens nach lief nur die Pneumatik mit E-Motoren. Was aus der Mühle geworden ist, kann man hier lesen: