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Mühlen- und Müllerforum "Glück zu!"

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Dieses Thema hat 28 Antworten
und wurde 2.227 mal aufgerufen
 Windmühlen
Seiten 1 | 2
ultratrieur



Beiträge: 2.209

14.09.2011 15:54
Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Nach einem von Syrau inspirierten Telefonat mit Klaus bin ich mal tief in die Physik geklettert und hab ne lustige Excel-Tabelle angelegt.

Ich habe mir einen 12 m langen Flügel vorgestellt und dann für 15, 16 und 17 U/min in Abständen von 1 m vom Wellkopf die Fliehkräfte ausgerechnet. Die Arbeit, das als Integral darustellen, hab ich mal bewusst außen vor gelassen... zugegeben, es wäre sauberer gewesen, aber für die Praxis langt's auch so .


F ist die Kraft in N; m die Masse in kg, v die Bahngeschwindigkeit in m/s und r der Radius in m.

Für jeden Punkt habe ich der Einfachkeit halber mal eine Masse von 1 kg angenommen - 1 m Zugstange wird wohl halbwegs so viel wiegen?

Überraschendes Ergebnis : von 15 auf 17 U/min haben wir eine Steigerung der Drehzahl um 13,3 %, dem steht eine Steigerung der Summe der Fliehkräfte um 28,4 %.
Reicht also bei 15 U/min das berühmte 20 kg Gewicht an der Kette gerade mal so aus um die Klappen geschlossen zu halten, benötigt man bei 17 U/min schon fast 25,4 kg.

Im Resultat halte ich es also für absolut vorstellbar, dass bereits eine mit dem Auge nicht wahrnehmbare Änderung der Drehzahl zum Öffnen der Klappen führt!

Was mich schon fast erschreckt hat, waren die absoluten Zahlen - dass da solche Kräfte wirken, hätte ich nicht gedacht! (Angaben jeweils für die Summe aller Punkte an allen vier Flügeln)

15 U/min : ca. 760 N entspr. 76 kg
16 U/min : ca. 864 N entspr. 86,4 kg
17 U/min : ca. 975 N entspr. 97,5 kg

Dann hab ich mir mal eine von den alten Wetzig-Kappen-Zeichnungen vorgenommen. Leider nicht bemaßt, aber das ist dem Hebelgesetz ja egal. Die Zugstange am Flügel ist da an einem Winkelhebel mit Verhältnis 1:2 befestigt. Das heißt, von den oben errechneten Schüben geht nur die Hälfte in die Zugstange in der Welle! Eindeutiger Vorteil, weil so natürlich die Zugstange schlanker sein kann oder aber eben anders herum betrachtet mehr Druck aushält ohne seitlich ausweichen zu wollen. Die Hebelei hinten in der Kappe ist mit Zahnradsegmant und Zahnstange ausgeführt - Hebel hier im Verhältnis 1:5. Von den rund 50 kg, die da durch die Welle angedrückt kommen, heben also nur noch 10 kg hinten an der Kette das Gegengewicht an. Dabei vernachlässige ich natürlich die Reibung...

Bei der ganzen Sache ist mir dann noch ein neuer Gedanke gekommen: die Teilung der Klappen. Nehmen wir Syrau mal nicht als Maßstab, haben die allermeisten Jalousieflügel Klappen mit außermittigen Drehachsen. Im Falle meiner Wetzigkappe war die Verteilung 1:2,25 ... bei meinem Nachbarmüller liegen noch alte Klappen, mit noch extremerem Verhältnis. Da ist der Drehpunkt praktisch an der einen Kante der Klappe.
Gemeinhin wird das damit in Verbindung gebracht, dass der Winddruck so die Klappen öffnen kann (dem ich dann immer entgegen halte, dass das unsinng wäre weil man ja kein Drehmoment weg regeln will sondern Drehzahl). Mir ist heute jedenfalls zum ersten Mal aufgefallen, dass die asymetrische Teilung der Klappe natürlich auch Auswirkungen auf das Fliehkraftverhältnis hat: der breite Teil der Klappe hängt ja auf der anderen Seite und will durch sein Gewicht via Fliehkraft die Klappen schließen wenn die Mühle schneller wird. Die ganze Sache funktioniert also nur weil der vordere Teil dank Zugstange und Winkelhebel deutlich schwerer ist als die breitere Rückseite der Klappe! Je schwerer die Vorderseite mit der Zugstange, desto eher wird der regulierende Effekt aufgrund der Fliehkraft bemerkbar sein...

Auf Syrau bezogen hieße das, dass man nur die Rückseiten der Klappen entsprechend beschweren müsste (vor allem die äußeren, wo die Fliehkraft ja - siehe Formel oben - am stärksten wirkt) um einen positiven Reguliereffekt zu erzielen

Kann mir noch irgend jemand folgen? Und will das überhaupt jemand?



Flo der Liebe

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Askop
Administrator


Beiträge: 610

14.09.2011 17:17
#2 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur
Kann mir noch irgend jemand folgen? Und will das überhaupt jemand?

Jaaaa .... ich ... versuch's zumindest!

Glück zu!

Achim



Beiträge: 232

14.09.2011 20:08
#3 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Hallo Florian,
das sind interessante Gedanken, aber ich muß das mal richtig durchdenken. Nach dieser Vorstellung würde die kreisende Masse aber
zunehmen. Ich denke dabei an die Gewichtszunahme des Flügels durch eine Farbbeschichtung (War schon mal Thema im Forum zu den
reflektierenden Flügeln in Straupitz.

Noch eine Frage an die Experten, womit werden die Zähne von Kammrad und Bunkler geschmiert (Holz auf Holz)?

Achim
aus dem Vogtland

ultratrieur



Beiträge: 2.209

14.09.2011 20:31
#4 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Danke für die Blumen... das mit der Gewichtserhöhung an den Klappenrückseiten war pure Ironie! Das mit der Gewichtszunahme durch Lack wohl auch.

Kämme schmieren tust Du am Besten mit einer Mischung aus Terpentin(ersatz) und Bienenwachs. Das bildet dann eine streichbare Paste, die man am Besten auf den leicht vorgewärmten (Fön) Kamm aufträgt. Bei neuen Kämmen würde ich es in den ersten beiden Jahren jeweils jährlich machen, danach je nachdem wie die Kämme und die Laufflächen so aussehen alle fünf Jahre wiederholen. So lange Ihr ohne Kraftabnahme dreht, ist das Problem aber zu vernachlässigen... abgesehen natürlich von den Holzkämmen der Kappenvordrehung!! Was für Holz wurde da eigentlich verbaut? Oder sind das am Ende noch die alten Kämme von anno 18...irgendwas?


Grüßli



Flo der Liebe

Askop
Administrator


Beiträge: 610

14.09.2011 20:47
#5 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur
abgesehen natürlich von den Holzkämmen der Kappenvordrehung!!

Wie kommste denn darauf?
Die Syrauer Kappenvordrehung hat keine Holzkämme!

Glück zu!

Jana



Beiträge: 288

14.09.2011 22:52
#6 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

zu dem Thema Jalousieflügel und Fliehkraft könntet ihr doch mal einen kleinen Lehrfilm drehen. Vielleicht kommen euch beim Versuchsaufbau noch ganz andere geistige Ergüsse

Ich hatte mir die Funktion bisher jedenfalls ganz anders vorgestellt. Fragt lieber nicht wie

Liebe Grüße aus dem Vogtland/Sa.

Jana

ultratrieur



Beiträge: 2.209

15.09.2011 09:30
#7 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Zitat von Askop

Zitat von ultratrieur
abgesehen natürlich von den Holzkämmen der Kappenvordrehung!!

Wie kommste denn darauf?
Die Syrauer Kappenvordrehung hat keine Holzkämme!




Eigentlich off-topic, aber wie muss man sich dann bitte den Zahnkranz unter der Haube vorstellen? Ist das Gusseisen???



Flo der Liebe

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Askop
Administrator


Beiträge: 610

15.09.2011 10:25
#8 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur
wie muss man sich dann bitte den Zahnkranz unter der Haube vorstellen? Ist das Gusseisen???

Jipp, analog S'tz.

Glück zu!

ultratrieur



Beiträge: 2.209

15.09.2011 11:23
#9 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Wie jezze? Aber lt. Zeichnung hängt der Zahnkranz in S'rau unter dem Kapprahmen, während er ja in S'pitz fest an der Mauer bzw. dem Oberring sitzt. Muss ja auch, wenn in S'rau die treibende Kraft fest im Turm ist, während sie in S'pitz von oben aus der drehenden Kappe kommt...

Wegen der Holzkämme: ich dachte zunächst an eine Konstruktion wie in S'low, wo unter dem Kapprahmen ein Holzring befestigt ist, in den dann janz viele Kämme gesteckt sind. In B'ruth ist das glaube ich auch so...

Beste Gr'ße



Flo der Liebe

Askop
Administrator


Beiträge: 610

15.09.2011 11:35
#10 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur
Wie jezze? Aber lt. Zeichnung hängt der Zahnkranz in S'rau unter dem Kapprahmen, während er ja in S'pitz fest an der Mauer bzw. dem Oberring sitzt.

Schon klar, aber Du hattest ja nicht nach der Anordnung gefragt, sondern nach dem Material.

Syrau hat die Schnecke sowie Ritzel und Zahnkranz aus Gusseisen. Nur der Spill ist ist 'ne Holzwelle. Von zu Hause aus kann ich mal Foddos einstellen. Bis dennewitz!

Glück zu!

Askop
Administrator


Beiträge: 610

15.09.2011 16:01
#11 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Sicherlich ist was dran an Florians Darlegungen. Doch ich meine, dass die Klappenregulierung nicht nur oder nicht ausschließlich durch die Fliehkraft erfolgt, sondern auch die Windlast eine Rolle spielt, die auf die Klappen drückt. Vielleicht ist sie ja sogar noch bedeutender als die Fliehkraft!?

Der Einfachheit halber gehe ich mal vom umgekehrten Lastfall aus: Mühle dreht bei gutem Wind mit 60 Enden und halboffenen Klappen. Urplötzlich schlägt der Wind um oder macht eine Pause (Zwischenflaute). Aufgrund der recht hohen Schwungmasse des Flügelkreuzes reagiert dieses träge, Drehzahl und damit die Fliehkräfte reduzieren sich nicht schlagartig bzw. analog oder synchron zur Windlast, sondern zeitverzögert.

In der Praxis ist es so, dass bei plötzlich abflauendem Wind die KLappen schließen, noch bevor das Flügelkreuz langsamer geworden wäre. Anders gesagt: auf Grund der verminderten Windlast auf den Klappen fällt das Kettengewicht schlagartig nach unten und zieht die Klappen zu, obwohl das Flügelkreuz wegen seiner Masse und Trägheit noch ein paar Gedenksekunden benötigt, um auf die Windlaständerung zu reagieren.

Die Klappen werden also durch das Kettengewicht zugezogen, und zwar entgegen der Fliehkräfte an den Zuglatten.
Umgekehrt ist dann auch so: trifft eine starke Böe auf die Flügel und die Windlast erhöht schlagartig den Druck auf die Klappen, schnellt das Kettengewicht nach oben und öffnet die Klappen. Und zwar bereits zu dem Zeitpunkt, wo das Flügelkreuz noch mit der Überwindung seines Trägheits- bzw. Beharrungsmoment zu kämpfen hat.

In den letzten 3 Tagen hatte ich viel Gelegenheit, unserer Klappenregulierung zuzuschauen und dabei festgestellt, dass das Klappengewicht wesentlich schneller bzw. früher reagiert als das Flügelkreuz an Drehzahl zulegt oder abnimmt.

Erscheint mir auch irgendwie logisch und ist wohl vergleichbar mit dem Gaspedal im Auto. Auch hier lässt sich das Pedal wesentlich schneller durchtreten, als das Auto an Geschwindigkeit zunimmt.

So Flo, jezze bist du wieder dran!

Glück zu!

ultratrieur



Beiträge: 2.209

15.09.2011 16:44
#12 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Nee, jetzt bin ich nicht dran. Ich will jetzt von Dir mal ne rechnerische Darlegung, wie viel Wumms der Winddruck an der Zugstange (erstmal eines Flügels) ausmacht.

Für den Stillstand kann ich Dir das noch relativ einfach ausrechnen, aber wie ist das im Drehen? Da hast Du dann nämlich keine frontale Anströmung mehr sondern eine schräge bis parallel zum Flügel laufende. Dadurch entsteht ja die Druckdifferenz zwischen vorn und hinten (verschieden lange Wege). Und wie groß ist die? Welche Kräfte wirken an den Klappen wenn keine Fliehkraft beteiligt wäre?

Zu den von Dir beobachteten Phänomenen: Ich finde, dass meine Rechnungen deutlich gezeigt haben, dass bereits geringe Drehzahlveränderungen eine Umkehr der Lastverhältnisse am Jalousiegewicht bewirken können lange bevor Du sie mit dem bloßen Auge oder aus dem Gefühl heraus wahrnehmen kannst. Den Unterschied zwischen 15 U/min und 15,5 U/min siehst Du definitiv nicht! Der Zustand, dass Mühle mit einer bestimmten gewollten Drehzahl dreht und Klappen voll geschlossen sind, ist gewollter Weise ein sehr labiler. Bereits eine sehr geringe Veränderung des Gleichgewichts zwischen Fliehkraft und Gegengewicht führt zum "Kippen" des Systems.

Schlussendlich immer wieder die anders herum gerichtete Argumentation: Im Betrieb will ich maximales Drehmoment bei Einhaltung einer vorgegebenen Drehzahl. Egal, ob ich mit 1, 2 oder 3 Gängen oder was auch immer arbeite - die Mühle soll die gleiche vorgegebene Drehzahl erreichen weil ansonsten meine Gänge absaufen und nicht mehr fördern und alles an Maschinen, was irgendwie mit Luft oder Fliehkraft zu tun hat auch nicht mehr arbeitet. Es ist doch ganz einfach nachvollziehbar, dass so ein System von einer drehzahlabhängigen Regelung kontrolliert werden muss und nicht von einer, die an einer Größe orientiert ist, die nichts mit der Drehzahl selbst (bzw. nur mittelbar) zu tun hat - und dabei handelt es sich doch beim Winddruck.

Anders gesagt: Würde der Windddruck auf die Klappen für die Regelung eine nennenswerte eine Rolle spielen, würde das dazu führen, dass eine Mühle, die durch zu viel Lastabnahme bereits zu stark gebremst wird dann bei auffrischendem Wind auch noch ihre Klappen auf macht, um ja nicht in den vernünftigen Drehzahlbereich zu kommen. Absurd.

Wenn sich das an einem vernünftig konstruierten Jalousieflügelkreuz tatsächlich so darstellt, wüde ich mal behaupten, dass die ganze Erfindung eine Fehlkonstruktion und ein Irrweg der Technik ist. Auf jeden Fall würde ich bei der Konstruktion eines Jalousieflügels versuchen, diesen Effekt weitgehend zu vermeiden! Dafür spricht m.E. auch, dass sich die 1:2-Teilung gegenüber extremeren Drehpunktausführungen ganz an der kante durchgesetzt hat...

Naja, ich glaube wieder, dass außer Klaus und mir niemand wirklich an dieser akademischen Diskussion interessiert ist *LOL*



Flo der Liebe

Jana



Beiträge: 288

15.09.2011 17:26
#13 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur
Naja, ich glaube wieder, dass außer Klaus und mir niemand wirklich an dieser akademischen Diskussion interessiert ist *LOL*



Stimmt nicht. Aber ich kann es drei und vier mal lesen und verstehe es trotzdem maximal zu 25% was ihr da schreibt. Sch Physik. Ich geh mal zur Sendung mit der Maus.

Liebe Grüße aus dem Vogtland/Sa.

Jana

De Molenaar



Beiträge: 285

15.09.2011 18:02
#14 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Ich finde eure Abhandlung auch sehr Interesant und ziehe meine eigenen Schlüsse.
Florians These klingt für mich aber plausibler als die von Klaus.
Leider muß ich nun schon wieder mir selber eingestehen das ich das System dann wohl lange Jahre falsch erklärt habe.
Leider wurde mir es aber auch so beigebracht wie Klaus es erklärt aber viel Sinn macht das aus heutiger sicht und mit meinem heutigen technischen Verständniss auch nicht mehr.

Also wegen mir auch gerne mehr von diesen Technischen Themen, ihr wißt ja zur Zeit kann ich Mühle nur im Internetforum ausleben.

Glück Zu

Arno

Askop
Administrator


Beiträge: 610

15.09.2011 18:35
#15 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur
Dafür spricht m.E. auch, dass sich die 1:2-Teilung gegenüber extremeren Drehpunktausführungen ganz an der kante durchgesetzt hat...]

Genau das ist der Punkt! Bei einer Regulierung ausschließlich per Fliehkraft der Zugstangen wäre es völlig wurscht, wie die Jalousien auf den Drehwellen befestigt sind. Ob 1:2, mittig (wie Syrau) oder gar an der Kante ... die Fliehkraft würde die Klappen in jedem Fall in die richtige Richtung ziehen.

Noch was: welche Kraft soll denn wirken, wenn bei stehender Mühle der Wind 180° umspringt, von achtern auf die Klappen trifft, diese zudrückt (trotz Gewicht in der Schließkette!) und schlimmstenfalls die Mühle rückwärts drehen lässt?

Fragen über Fragen ...

Glück zu!

Achim



Beiträge: 232

15.09.2011 23:00
#16 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Wind von achtern !
Ich stelle mir das so vor. Das ist kein Problem, solange das Flügelkreuz durch entsprechende Sicherung sich nicht drehen kann.
Sollte es sich drehen, dann ziehts die Presse (Bremse) auf. Das ist ja, wie man im Kfz-Bereich sagt eine Servo-Bremse.
Die wirkt nur in einer Richtung. Das Flügelkreuz würde Fahrt aufnehmen, Von der hinteren Flügelwellenlagerung wird der Zapfen frei
(das Lager kann nur Kräfte von vorn aufnehmen). Das Kammrad z.B. will seine Freiheitsberaubung beenden und nach vorn in die Freiheit, die Turmhaube wird das
nicht verhindern können. Es wird reichlich Brennholz anfallen. Ist das so richtig dargestellt .

Zu den Jalousieflügeln und der Fliehkraft :

Im Mühlstein Heft 2/2006 ab Seite 24 gab es einen interessanten Beitrag (Pilotprojekt zur Stromerzeugung mit der Korn-Windmühle
"Aeolus" in Bargum / Schleswig-Holstein). Die Autoren Sievert Christiansen und Uwe Karstens schreiben über Stromerzeugung in histor.
Windmühlen und über die Probleme die dabei auftreten. Im weiteren Verlauf wird ausgeführt, ich zitiere : .....

"Bei ziemlich kräftigem und böigem Wind hatte Karstens die Mühle gut eingestellt. Die Gewichte in dem die Klappen schließen- den
Kettenstrang pendelten entsprechend der auftretenden Böen zeitverzögert auf und nieder, wobei die Flügel schneller und dann wieder
langsamer wurden.
In diesem Zustand haben wir dann die Mühle komplett mit der Bremse zum Stehen gebracht.
Obwohl die Windverhältnisse sich nicht änderten, blieben die Klappen fast geschlossen. Es müssen also noch weitere dynamischen Kräfte für die Selbstregelung im Spiel sein, allein der Winddruck auf die Jalousieklappen reicht nicht aus .
Die zunehmende Drehzahl der Flügelwelle verursacht in den Zuglatten zusätzliche Fliehkräfte, die, wenn sie richtig montiert sind, für das Öffnen der Jalousieklappen hauptsächlich verantwortlich sind. Für das Schließen sorgen dann die Gewichte der Kette.
Es ist somit ein statisch und dynamisch ausbalanciertes Regelsystem.
Dies ist für sich nun keine neue Erkenntnis, sondern von den Erfindern des Jalousiesystems Anfang des 19. Jahrhunderts aus gutem Grund gewollt - obwohl alle der von uns befragten "alten Windmüller" in dem Glauben waren, allein der Wind drücke die Klappen auf !

Versuche und Berechnungen haben ergeben, dass bei einer Änderung der Flügeldrehzahl von 10 auf 15 U/min die hieraus resultierende Zunahme
der Fliehkräfte einen zusätzlichen Druck von 700 Newton (ca. 70 kg) auf die Zugstange ausüben. Erst mit dieser zusätzlichen Kraft wird
das Gewicht zusammen mit dem Eigengewicht der Regulierstange angehoben, und die Jalousieklappen öffnen sich.

Hat das nicht Florian sinngemäß auch so geschrieben

Achim
aus dem Vogtland

Jana



Beiträge: 288

16.09.2011 08:24
#17 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Das ist jetzt mal so simpel erklärt, dass sogar ich es mir bildlich vorstellen kann. für die Sendung mit der Maus.

Ach so, schön dass du deinen Mühlstein-Ordner wieder gefunden hast

Liebe Grüße aus dem Vogtland/Sa.

Jana

ultratrieur



Beiträge: 2.209

16.09.2011 09:38
#18 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Danke Achim, dass Du das ausgebuddelt hast - den Artikel kannte ich überhaupt noch nicht! Lustig ist nur, dass ich mit dem einen Autor 1989 genau die selbe Diskussion geführt habe wie jetzt mit Klaus und er sich seinerzeit auch nicht überzeugen lassen wollte, dass das mit dem Winddruck nicht DIE große Rolle spielt .

Rückwärtsdrehen der Flügel würde ich übrigens in einer Dokumentation als "nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch" der Mühle definieren. Achim hat vollkommen recht, dass es noch zu ganz anderen Problemen kommt, als denen mit der Jalousieregelung weil die Lagerung der Rutenwelle auf axialen Druck in der vorgesehenen Windrichtung ausgelegt ist.

Um beim MRL-Slang zu bleiben... es gibt ja noch den "vernüftigerweise vorhersehbaren Fehlgebrauch". So einer liegt m.E. vor, wenn die Mühle im Stillstand den Wind von hinten bekommt weil ne WiRo nicht funktioniert oder gerade keiner vom Eigenbetrieb Lust hatte, die Kappe vor zu drehen. Dann besteht allerdings wirklich die Gefahr, dass außermittig gelagerte Jalousieklappen zu gedrückt werden. Dagegen gibt's aber das probate Mittel des sog. "Klappenknechts", einem Stück Holz oder Stahlprofil das hinterm hinteren lager auf die Zugstange geklemmt wird. Ich erspare Euch mal den Risikographen und die entsprechende Risikoanalyse, die der Inverkehrbringer zu leisten hätte .


So long



Flo der Liebe

Askop
Administrator


Beiträge: 610

16.09.2011 10:58
#19 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur
dass das mit dem Winddruck nicht DIE große Rolle spielt .

Richtig! "nicht DIE große Rolle"! Habe ja auch nicht behauptet, dass die Regulierung nur allein vom Winddruck abhängen würde, sondern MIT abhängt. Was Anderes haben die Herren Karstens/Christiansen ja auch nicht gesagt:

Zitat von Mühlstein Heft 2/2006, Seite 24 ff
Obwohl die Windverhältnisse sich nicht änderten, blieben die Klappen fast geschlossen. Es müssen also noch weitere dynamischen Kräfte für die Selbstregelung im Spiel sein, allein der Winddruck auf die Jalousieklappen reicht nicht aus.

Die Selbstregulierung der Jalousien hängt also von folgenden Faktoren ab: Winddruck auf den Klappen + Fliehkräfte der Zuglatten auf der einen Seite; Hebelverhältnisse + Reibungswiderstände + Klappengewicht auf der anderen Seite.

Alles klar?

Glück zu!

ultratrieur



Beiträge: 2.209

16.09.2011 12:44
#20 RE: Jalousieflügel und die Fliehkraft Zitat · Antworten

Jaaaa, verstanden - aber ich bin der Meinung, dass der Einfluss des Faktors Winddruck durch konstruktive Maßnahmen minimiert werden muss, da es sich um einen nicht erwünschten Effekt handelt.

Nochmal die Frage: Worin besteht Deiner Meinung nach der Sinn, dass die Klappen sich durch Winddruck öffnen, wenn die Mühle bei hoher Leistungsabnahme untertourig läuft??

Ich verwette mal wieder ne Kiste Flens (diesmal GOLD), dass es da niemanden gibt, der mir eine vernünftige Erklärung geben kann, warum man sowas gewollt so bauen sollte!! Dagegen steht aber eben meine Argumentation warum man sowas so NICHT bauen sollte. Der Winddruck kann nicht unterscheiden, ob er zu viel ist oder nicht weil das "zu viel" nicht das von ihm bewirkte Drehmoment selbst ist sondern die aus ihm entlang der Kennlinie resultierende Drehzahl.



Flo der Liebe

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