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ich wurde gebeten, eine 3D Animation von einem Schälstein zu machen, habe so einen aber noch nie in Aktion gesehen. Meine Informationen sind folgende:
Der Stein ist von der Funktion ähnlich wie ein Läuferstein, nur ohne Luftfurchen. Die Körner fallen von oben auf den Stein und werden durch die Zentrifugalkraft nach außen geschleudert. Zwischen Stein und Außenbegrenzung ist ein schmaler Spalt von ca. 1,5 cm, die Außenbegrenzung ist eine aufgerauhte Metalloberfläche. Das Korn springt wie ein Flummi zwischen rotierendem Stein und dieser Metallfläche hin und her und verliert dabei seine Schale. Angeblich soll es durch irgendeinen Luftstrom am Schweben gehalten werden. Aber wann fällt es dann herunter und verläßt den Schälgang? Und wie verläßt es ihn, ist unter dem Stein eine Art Trichter oder an einer Stelle in der Metalloberfläche eine Öffnung? Wenn letzteres, wie kommt dann das Korn von der entgegengesetzten Seite durch die Öffnung raus?
Hallo Ansgar. Ein Graupengang zum Schälen von Gerste ist sehr selten in Betrieb zu sehen. Ich habe allerdings noch nicht mit einem Graupengang gearbeitet, habe mir das erklären lassen. Hierzulande nennt man die Graupen auf plattdeutsch "Schillegassen".
Also wenn die Gerste genügend geschält ist wird seitlich, wo das Riffelblech (Lochblech) ist, ein Schieber nach oben gezogen und die Graupen fallen durch die Zentrifugalkraft in einen Behälter bis alle Körner herrausgeschleudert sind. Dieser Behälter wird dann nach oben hin entnommen.
Allerdings darf nur eine gewisse Menge Gerste pro Arbeitsgang eingefüllt werden, weil hier kein kontinuirlicher Getreidurchlauf wie beim Schrotgang besteht. Ausserdem muss bei Windantrieb ein gleichmässiger starker Wind wehen, damit der Graupengang nicht während der Fahrt stehen bleibt. Sonst muss der Zwischenraum von Stein und Riffelblech von Hand ausgeleert werden. Die Fachleute mögen mich berichtigen, wenn ich das so nich richtig wiedergebe.
Gibt oder gab es eigendlich in Wassermühlen auch Graupengänge? Eine Frage an`s Forum.
danke für die Info. Bei der TIMS Tagung in Dänemark habe ich bei einer Wassermühle einen Schälgang gesehen. Jetzt mal eben rekapitulieren, ob ich es verstanden habe. Der Schälgang wird mit einer gewissen Menge Korn beladen. Wird das gleichmäßig über den Stein verteilt oder in der Mitte angehäuft? Dann startet man den Vorgang. Durch die Drehung des Steins werden die Körner an den Rand katapultiert und stoßen gegen das Riffelblech, danach tanzen sie schwebend zwischen Riffelblech und Seite des Steins hin und her. Dadurch verlieren sie ihre Schale. Nach einer gewissen Zeit kann man davon ausgehen, daß die meisten Körner die Schale verloren haben, ohne zertrümmert worden zu sein, dann zieht man den Schieber hoch und die geschälten Körner fliegen nun allmählich heraus und werden gesammelt. Dann wird der Schälstein angehalten. Wo landen denn die Schalen? Fliegen die dann auch mit raus? Auf welche Weise werden sie abgetrennt? Muß der Schälgang dann vor dem nächsten Beladen gereinigt werden oder kann man gleich die nächste Ladung reinpacken und von vorne beginnen? Wieviel Kilo Getreide werden in einem Durchgang geschält? Hängt wahrscheinlich auch vom Radius des Schälsteins ab, aber ein Richtwert wäre ganz gut zu wissen. Wie wird der Luftstrom erzeugt, der die Körner in der Luft schweben läßt?
Zitat von nordostwindDie Fachleute mögen mich berichtigen, wenn ich das so nich richtig wiedergebe.
Ist schon okay. Für Ansgars Steinmodell wäre noch wichtig, dass auch ein Schälstein eine Schärfe besitzt, allerdings nicht auf der Breitseite wie beim normalen Mahlstein sonder an der Stirnseite bzw. Schmalseite. Die Furchen werden im rechten Winkel angebracht, gehen also von der Seite gesehen von oben nach unten.
In Nordtoitschland heißt es auch Pell- oder Peldegang bzw. pelden/pellen oder Gerste pellen zu Graupen. Analog hierzu die Namensgebung mancher Mühle: "Peldemühle Wittmund", "Oberahmer Peldemühle" (Neustadtgödens-Sande).
Ich meine, dass nicht nur Gerste zu Graupen geschält wird (heute aber mit modernen Schälmaschinen), sondern auch andere Cerealien: Erbsen, Bohnen, Mais, Reis, vielleicht auch Dinkel (in Süddeutschland). Schälmüllerei ist ein Zweig der Spezialmüllerei, eingehender beschrieben z.B. beim Hopf (Mühlentechnisches Praktikum).
Geschält wird übrigens nach Zeit, diese wird vom an Hand der Erfahrung bestimmt.
Übrigens ist mir nicht ganz klar, wie sich die Gersteschälerei zu Graupen fachlich richtig darstellen bzw. 3D-animieren ließe. Nicht, dass da gelbe Körner in den Gang gegeben werden und dann als weiße Graupen rauskommen!
Die Sache ist ja etwas komplizierter. Zumindest müssten die Schälkleie und Schälstaub mit gezeigt werden, also das, was im Gang abgeschält wird. Und das ist gar nicht wenig. Aufgrund der sehr hohen Staubkonzentration waren frühere Pellgänge regelrechte Explosions(gefahren)herde! Aspiriert hat man wohl nicht, heutige Schälmaschinen ziehen den Schälstaub und die Schälkleie kontinuierlich ab.
Wenn es richtig bzw. einigermaßen realistisch dargestellt werden soll, dürfte man die einzelnen Körner bei drehendem Stein so gut wie gar nicht sehen vor lauter Dreck.
Und die Graupen sind nicht weiß, wenn sie aus dem Pellgang abgelassen werden, sondern grau. Anschließend wird die noch anhaftende Schälkleie abgesichtet (früher üblicherweise im Sechskanter). Die leicht glänzende weiße Farbe bei Graupen als Handelsware entsteht durch das Bürsten unter Zugabe von Talkum. Zuletzt wird noch einmal gesichtet, um das überschüssige Talkum zu entfernen.
In den alten Peldemühlen wird man das Polieren mit Talkum wohl eher nicht gemacht haben und es konnten nur graue, unansehnliche Graupen hergestellt werden. War aber egal, weil solche Graupen nicht für den Handel bestimmt waren.
Zitat von nordostwindGibt oder gab es eigendlich in Wassermühlen auch Graupengänge?
Ja warum nicht? Graupen wurden und werden doch überall gebraucht, auch unterhalb vom Weißwurstäquator. Die Schälmüllerei war und ist ja kein Spezifikum der Windmühlen.
Das Schätgut fällt aus dem Trichter ohne Rüttelschuh auf die Oberseite des Schälsteines und wird durch die Umdrehungen des Steines nach aussen zwischen den Umfang des Steines und dem scharfkantigen Riffelblech befördert. Der entstehende Luftzug vom Stein lässt die Körner, wie Ansgar schon sagte, hin und her tanzen. Der Stein stösst die Körner an und wirft sie gegen das Blech, prallen zurück an den Stein u.s.w. Die Schalen dringen durch das Riffelblech in den äusseren freien Raum des Graupenganges. Nachdem der Schieber gezogen und das geschälte Gut aus dem Behälter entleert ist, kann ein neuer Durchgang erfolgen.
Der einzige Graupengang hier in der Gegend ist in Oppenwehe erhalten, aber den habe ich bei meinen zahlreichen Besuchen nie in Betrieb gesehen. Der schon verstorbene Lükko Schoof aus Greetsiel hatte vor Jahren seinen Graupengang (Pellgang) noch in Betrieb. Das war sehr interessant!
Ich hab mal gehört, daß sich das Korn eher wie eine Banane pellt, also recht große Schalenstücke entstehen. Demnach müßten sie entweder mit den geschälten Körnern durch die Luke rauskommen und nachher irgendwie abgetrennt werden oder durch den Windzug im Schälgang hochbeblasen werden, weil sie ja leichter als die Körner sind.
Ist das die Ober oder Unterseite des Steines? Ich würde vermuten Unterseite, damit diese Metallvorsprünge die Graupen, die unter den Stein geraten, wieder an den Rand schieben können, oder?
Zitat von AnsgarIch würde vermuten Unterseite, damit diese Metallvorsprünge die Graupen, die unter den Stein geraten, wieder an den Rand schieben können, oder?
Rischtisch! Man sieht ja die Aufnahme der Haue, und die ist immer an der Unterseite.
Zitat von AnsgarDer Schälgang wird mit einer gewissen Menge Korn beladen ... Dann startet man den Vorgang.
Nee nee, der Pellgang braucht sehr viel Kraft. Er dreht im Leerlauf und wird dann aufgeschüttet/beschickt. Zum Entleeren wird auch nicht angehalten. Der Dreck (Schälstaub/Schälkleier) geht mit durch den Auslass und muss abgesichtet werden. Sagte ich bereits.
Also wir in Bunde haben ja noch einen fuktionierenden Peldegang der auch schon häufiger benutzt worden ist.
Teilweise ist es ja richtig was hier geschrieben ist aber es nicht so einfach wie es hier beschrieben ist. Müllerei ist eben nicht einfach aufschüten warten und fertig.
Wenn ich den Peldegang betreiben will dann brauche ich erstmal nen sehr Starken Wind. Wieviele Windstäreken kann ich nicht sagen ich habe das im Gefühl wann es was wird mit dem Pelldegang und wann er den Dienst versagen würde. Unser Peldegang besitzt auch keine Schärfen an den Flanken und auch die Unterseite ist Glatt.
Ich versuche mal einfach zu beschreiben wie der peldevorgang in der Bunder Windmühle bis zum Lagerschaden ausgesehen hat. gepelt habe ich immer nur kleine Mengen müßten so ca 10 - 20 Kilo Rohmaterial gewesen sein. Dazu wird erstmal der Peldegang auf Touren gebrach. Bei uns läuft der Peldegang immer mit ca 120 Umdrehungen wenn er arbeitet. Ich kuppel also den Peldegang ein und lasse die Mühle laufen, wenn ich dann mit offenen Klappen keine 10 Umdrehungen pro Minute erreiche dann brauche ich alles weitere erst garnicht versuchen. Dann lege ich mir meine Arbeitsutensilien zurecht denn was jetzt folgt muß alles sehr schnell gehen. Ich laufe nach draußen und donner den Gewichtskorb mit Gewichten voll so das sich die Klappen im geschlossenen zustand halten. Die Mühle beschleunigt daraufhin und ich kann eile wieder rein und fange an die gerste einzuschütten. aber nicht alles auf einmal sondern immer Scheffel für Scheffel. Bei jedem wieteren Scheffel Gerste merke ich ein starkes rucken im Getriebe weil die Last schlagartig größer wird. Jetzt schaue ich auf unseren Drehzahlmesser und versuche den Stein so zu füllen das ich um die 15 Umdrehungen halte. Je nach Wind variert also die Füllmenge. Bei unter 13 Umdrehung ist keine Schählwirkung mehr vorhanden und die Gerste fällt auf den Boden. (dieser Effekt ist gut hörbar) Die Mühle kann dann wieder etwas beschleunigen weil die Last nicht mehr so groß ist und fängt dann an bei 14 Umdrehungen das Getreide wieder am Riffelblech entlang zu scheuern. Wenn ich keine Böhen im Wind habe und die Mühle mit konstant 15 Umdrehungen läuft kann ich nach ca 15 Minuten eine Probe ziehen. Dazu ziehe ich den Auslassschieber nur kurz hoch und lasse ihn sofort wieder fallen. Im Auffangbottich habe ich dann eine kleine Probe der gepelten Gerste. Ich kann jetzt abschätzen wie lange ich die Gerste noch Pellen muß. Diesen Vorgang wiederhole ich nun so oft bis ich die Gewünschte güte erhalten habe. Um so länger ich die Graupen nun im peldegang lasse um so kleiner werden sie dann. Also ist es wichtig den Zeitpunkt des Ablassens so genau zu wählen das die Grauben zwar komplet schalenfrei sind aber die Grauben noch recht groß sind (Kälberzähne). Wenn ich nun aber die Graupen in den Auffangbotich laufen lasse nimmt die Mühle aber sofort enorm an Drehzahl zu so das ich schnell wieder nach draußen muß um die Klappen wieder zu öffnen, sonst könnte es passieren das die Mühle übertourt, die ist sicherlich früher häufiger passiert aber dort waren auch noch richtige Profis an Bord und keine Mühlenlaien wie ich.
Die Schalenteile wandern nur zum Teil als Staub durch das Riffelblech, das meiste landet im Bottich und muß durch eine art Weiher abgesiebt werden. So ein Ding siehst du hier: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/co..._waaierkast.jpg
Diese Prozedur habe ich so wie hier beschrieben 1999 von Lüko Schoof im Rahmen meiner Ausbildung in Greetsiel so gelernt.
Wenn du Ansgar dir mal so einen Peldegang angucken möchtest dann melde dich doch bei mir wir können dann gerne einen Ortstermin in Bunde vereinbaren ich baue dir dann den Peldegang gerne auseinander. Nur Pellen können wir nicht weil unser Königslager ja immer noch defekt ist. Außerdem ist immer wenn man pellen möchte kein Wind !!!
Zitat von De MolenaarIch versuche mal einfach zu beschreiben wie der peldevorgang in der Bunder Windmühle bis zum Lagerschaden ausgesehen hat.
Hallo Arno, schöne Beschreibung!
Aber ein paar Bemerkungen habe ich dazu noch.
Dass euer Pellstein keine Schärfe hat, ist eigentlich ungewöhnlich. Vielleicht war das ja nur abgenudelt und ist nie nachgeschärft worden?
40 Enden bzw. 10 U/min bei offenen (!) Klappen und eingekuppeltem Pellgang ist auch ungewöhnlich, auch wenn der Stein leer läuft. Liegt wahrscheinlich an euren Busselnasen.
Das mit den Scheffeln verstehe ich nicht. Ein preußischer Scheffel (Ostfr. hat ja auch mal zu Preußen gehört) hatte 80 Pfund bzw. 40 kg, sofern der Scheffel als Gewichtseinheit diente und nicht als Hohlmaß (was er eigentlich gewesen ist).
Wenig verständlich finde ich die Aussage, dass Du den Gewichtskasten an der Steuerkette (für die Klappenregulierung) "volldonnerst". Natürlich brauchst Du für das Pellen volle Leistung und Drehzahl. Aber wir hatten ja hier unlängst erst ausgiebig über die Fliehkräfte an den Zuglatten zur Klappenregulierung diskutiert. Demzufolge müsste es durch das richtige Gewicht an der Steuerkette möglich sein, dass sich die Klappen von selbst öffnen, wenn die Gerste abgelassen wird und dadurch die Lastabnahme zurückgeht. M.E. brauchst Du gar nicht so viel Gewicht, probiers einfach mal aus. Darin besteht ja der Sinn und Zweck der automatischen Klappenregulierung - die Klappen müssen öffnen, sobald das Rutenkreuz schneller wird und eine bestimmte Drehzahl übersteigt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Drehzahlerhöhung durch Zunahme der Windstärke oder durch Verringerung der Lastabnahme erfolgt. Funktion und Wirkungsweise ist in beiden Fällen gleich.
Als Buch würde ich (ebenfalls leider "nur" auf Holländisch" empfehlen: Havik P.H. - De werking van de pelmolen, Facsimile-uitgave van handschrift uit 1928-1929. (Antiquarisch im Moment z.B. hier verfügbar: http://www.omero.nl/boeken/d/e/w/de-werk...t-uit-19281929/
falls irgend jemand vorher schon auf eine dieser Quellen hingewiesen hat. Ich bin mir nicht so ganz sicher, dass ich den kompletten Fred durchgearbeitet habe.
Was bisher wohl jedoch noch nicht genannt wurde, ist die Möglichkeit, den Prozess zu automatisieren um sich die Probenahme zu sparen. Es gab sog. Graupenuhren - kleine mechanische Wunderwerke, die eigentlich nichts weiter gemacht haben, als Umdrehungen der Welle zu zählen und darüber auf einem Ziffernblatt den Pellprozess zu visualisieren. Bei einem bestimmten Zeigerstand konnte der Müller erfahrungsgemäß sagen, dass der gewünschte Pellgrad erreicht war. Das Ganze funktioniert aber natürlich nur, bei konstanter und reproduzierbarer Drehzahl - also bei ausreichendem und auch gleichmäßigem Windangebot und naturgemäß auch in Wassermühlen mit Radantrieb (die ja nicht anders können, als mit immer der selben Drehzahl zu arbeiten... sofern es keine Antrömräder sind, die die kinetische Energie nutzen...). Als noch weiter gehende Stufe einer solchen Einrichtung sind mir in Schottland mal Trümmer einer vollautomatischen Gerstenuhr über den Weg gelaufen. Dieses Wunderwerk bediente sogar Zu- und Auslauf über eine ausgeklügelte Mechanik mit Hebeln und Drahtzügen!
Danke für die ganzen Informationen, ich habe jetzt auf jeden Fall genug Material beisammen. Wenn die Animation fertig ist, zeige ich sie mal. Wie gewöhnlich gilt aber bei Animationen, daß sie nur eine Vereinfachung der Realität wiedergeben. Diese hier soll auch ohne Ton sein, weil sie im Hintergrund läuft und dann mündlich Erklärungen dazu gegeben werden.