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Mühlen- und Müllerforum "Glück zu!"

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Dieses Thema hat 14 Antworten
und wurde 1.242 mal aufgerufen
 Windmühlen
Askop
Administrator


Beiträge: 610

23.11.2011 09:08
Wie gefährlich sind Bilaus? Zitat · Antworten

Wie gefährlich ist die Kombination von Bilauschen Ventikanten mit Jalousieklappen am Heck? Gegeben hat es da ja öfters (aus Geldmangel?), soll aber ziemlich gefährlich gewesen sein. Wenn ich es richtig kapiert habe, wird die Hauptleistung/Kraft am Flügel durch die Ventikante bewirkt bzw. produziert, und das Drehheck dient hauptsächlich zur Steuerung. Durch Öffnung des Drehhecks wird der Strömungsfluss an der Ventikante gestört und lenkt diesen ab oder lässt ihn komplett abreißen.

Das Drehheck fungiert somit als Strömungsbremse. Ist vielleicht ähnlich wie mit den Bremsklappen am Flugzeugflügel. Dagegen entwickeln offene Jalousieklappen keinerlei Bremswirkung und lassen das Ventikantenkreuz munter weiter wirbeln. Bremsen bei Topspeed kann man dann nur noch mit der hölzernen Presse, nicht gerade prickelnd.

Bei ruhendem Flügelkreuz mit geschlossener Presse/Bremse wird die Gefahr nicht geringer. Denn die Ventikanten erzeugen schon bei schwachen und mittleren Winden einen enormen Auftrieb, zerren am Flügelkreuz und strapazieren die Bremse. Bei Sturm und Orkan wird das Kreuz wohl kaum noch beherrschbar, man wird das Kreuz sehr stramm sichern müssen.

Dagegen soll ein Bilau-Flügelkreuz mit Drehhecks den Erfahrungsberichten der früheren Müller zufolge recht sturmsicher sein - auch bei Orkan. Weil das geöffnete Drehheck den Auftrieb der Ventikante gar nicht erst zulässt bzw. unterbindet und somit keine radialen Kräfte entstehen können. Gefährlich wird es wohl erst dann, wenn die Windrose versagt oder die Kappennachführung aus sonst welchen Gründen nicht funktioniert und der Sturm die Drehhecks zumacht. Dann sind die Folgen wohl noch verheerender als bei Volljalousien.

Diesbezügliche Erfahrungsberichte von Müllern sind in Uwe Karstens Bilau-Buch I nachzulesen, wo Mühlen Bilaus im Sturm nicht mehr zu halten waren und durchgegangen sind mit Zerlegung und Abwurf des Flügelkreuzes. Auch Wellköpfe und Rutenwellen sind durch Bilaus zerbrochen worden.

Ich frage mal aus gegebenem Anlass. Schließlich möchte man keine Fehlinvestition planen ...

Glück zu!

ultratrieur



Beiträge: 2.209

23.11.2011 22:28
#2 RE: Wie gefährlich sind Bilaus? Zitat · Antworten

Schön, dass Du die Bücher jetzt offenbar hast!

Ich denke, dass die stromlinienförmig verkleideten Vorhecks (egal ob Bilau, Bussel, Dekker oder wer auch immer) erst im oberen Drehzahlbereich wirklich große Vorteile haben, sprich: mehr Leistung. Ich wüsste nicht, dass irgend eines dieser Systeme gegenüber einem gut konstruierten konventionellen Windbrett-Vorderzeug Vorteile im Anlaufverhalten hat.

Wenn das wirklich so ist, würde das bedeuten, dass das festgesetzte Kreuz mit Ventikanten und Jalousiehecks gegenüber dem mit festen Windbrettern nicht wesentlich gefährlicher bzw. gefährdeter ist.

Was sich aber definitiv verändert, ist das Verhalten im oberen Drehzahlbereich - da rechne ich ohne Windbremse bei Ventikanten schon damit, dass das Bremsen zum Problem werden kann. Ganz besonders gilt das natürlich für den Betrieb im Leerlauf. Ohnehin ca. 30 % mehr Drehzahl als unter Last, je nach Kennlinie, und dann noch das fehlende "Wegregelverhalten" durch den eigenen Strömungswiederstand der Flügel. Bilau wird seine Windbremse nicht ohne Grund erfunden haben, ich denke, die sollte man bei so einem Neubau auf jeden Fall vorsehen! (Und zwar bitte nicht nach Remklepp-Manier, sondern nach Vorbild Bilau).



Die Variante mit Drehheck ist bestimmt die sicherere Option...



Flo der Liebe

Askop
Administrator


Beiträge: 610

23.11.2011 23:22
#3 RE: Wie gefährlich sind Bilaus? Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur
Bussel, Dekker oder wer auch immer ... Ich wüsste nicht, dass irgend eines dieser Systeme gegenüber einem gut konstruierten konventionellen Windbrett-Vorderzeug Vorteile im Anlaufverhalten hat.

Ich will ja nicht "das Haar in der Suppe finden", brauche aber Klarheit in der Sache.

Bilau bewirbt seine Erfindung u.a. damit:

Zitat von Kurt Bilau
Meine einfach und billig an jedem Flügel anzubringenden V E N T I K A N T E N ... können schon den schwächsten Wind ausnützen.


Fa. Karl Kühl (Alleinhersteller der Bilau-Flügel) schreibt in einem Werbeprospekt:

Zitat von Fa. Kühl
Leistungssteigerung der Mühle um das vier- bis fünffache durch Ausnutzung der schwachen Winde von 2 m/sec. ab



Kühl in einem anderen Prospekt:

Zitat von Fa. Kühl
Ventikante: ...schon bei schwachem Lufthauch laufend.



Erfahrungsbericht von Müllermeister Curt Liedke, Bockwindmühle Luckau/Niederlausitz:

Zitat von Curt Liedtke
Schon bei ganz schwachem Luftzug in den Abendstunden schrote ich... Schon bei Abendnebelbildung, wobei ein kalter Luftzug entsteht, schrote ich noch mehrere Ztr. Feinschrot.



Erfahrungsbericht von Müllermeister Jäger, Windmühle Brumby/Sa-Anh.

Zitat von Friedrich Jäger
Alle 4 Enden Drehheck und Ventikanten ... sehr leichtes Anlaufmoment und große Leistung auch bei schwachem Wind.

Alle Zitate aus Uwe Karstens "Bilau" Teil I.

Vielleicht musst Du noch mal lesen und Deine bisherige Meinung überdenken?

Glück zu!

ultratrieur



Beiträge: 2.209

24.11.2011 09:55
#4 RE: Wie gefährlich sind Bilaus? Zitat · Antworten

Gerade die Äußerung vom Kollegen Jäger aus Brumby stützt meine These. Über das Anlaufverhalten sagt nur er explizit etwas, und er hatte die Kombi Ventikante-Drehheck.

Alle anderen sagen nur etwas von der Ausnutzung schwacher Winde - das geschieht aber in der Regel nicht mit einem still stehenden Kreuz, sondern mit einem laufenden. Und wenn eine Stromlinienverkleidung der Anströmkante einen Effekt bringt, dann ist der natürlich im Grenzbereich zum nicht mehr ausreichenden Wind besonders stark zu merken.

Klarheit in der Sache wirst Du mangels existierender Mühlen mit Ventikante und Jalousien nur erlangen wenn Du es ausprobierst. Ersatzweise könntest Du auch jemanden mit Busselnasen OHNE Remklepps suchen und Erfahrungen abfragen. Oder aber, Du hast eine genügende Anzahl...

Zitat von Axel
Eier in der Hose



...und rufst mal in Langenrade an?



Flo der Liebe

ultratrieur



Beiträge: 2.209

24.11.2011 10:03
#5 Mein Lieblingsmühlenbauer mit Bilaus Zitat · Antworten

Halbwegs passend zum Thema hab ich doch gerade heute in der Presse eine Meldung gefunden:

Zitat von http://www.rp-online.de/niederrhein-nord...rehen-1.2614034



Geile Details... Windrose mit Kettenabtrieb im Blechkanal... verzinkte Ruten... Regenrinne und "on top" noch ein moooooooi molenbiotoooop!



Flo der Liebe

Askop
Administrator


Beiträge: 610

24.11.2011 11:42
#6 RE: Mein Lieblingsmühlenbauer mit Bilaus Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur
Mein Lieblingsmühlenbauer mit Bilaus

Schon erstaunlich: 1998 gab es in Rees die gleiche Aktion, allerdings mit Beijk.


Zitat von ultratrieur
und "on top" noch ein moooooooi molenbiotoooop!

Hoffentlich interpretiere ich den Smilie richtig als ... Ironie!? Ich war ja an der Scholtenmühle (zusammen mit Lülü-Mann Rüdiger Hagen, Foto unten Mitte) und war über die Rundumbebauung der Mühle regelrecht erschrocken - das ist ja noch schlimmer als Straupitz.

Die Scholtenmühle tront quasi in der Mitte einer Wendeschleife mit rundum lauter Eigenheimen der Neuzeit (Foto unten links, GoogleEarth-Ausschnitt unten ganz rechts). Erfahrungsgemäß dürfte es nicht lange dauern, bis sich die ersten Anwohner über das drehende Flügelkreuz beschweren .... zumindest wegen Schattenwurf und möglicher "Stroboskopeffekte" aufgrund von Voll-Alu, eventuell auch wegen der "Monotonie des Geräusches". Alles hier schon durch.

Glück zu!

Angefügte Bilder:
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 024_22.JPG  Bildschirmfoto 2011-11-24 um 11.40.45.png  Lülü an der Scholten-Mühle in Rees.JPG 
ultratrieur



Beiträge: 2.209

24.11.2011 12:06
#7 RE: Mein Lieblingsmühlenbauer mit Bilaus Zitat · Antworten

Jipp, Du hast das richtig interpretiert - puuuure Ironie... In dem von mir verlinkten Zeitungsartikel ist zu lesen, wie wichtig doch die Mühle als Wahrzeichen für den Ort ist - geht man so mit einem Wahrzeichen um?

Andererseits ist Rees so ein Testfeld par excellence für ähnliche Flügel in Straupitz. Thema: Was bringen Bilaus an total versauten Mühlenstandorten? Problem wird nur sein, dass Herr Scholten nix zur Kraftentwicklung sagen kann weil er wenn überhaupt nur "leer dreht".



Flo der Liebe

Askop
Administrator


Beiträge: 610

24.11.2011 12:15
#8 RE: Wie gefährlich sind Bilaus? Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur
Alle anderen sagen nur etwas von der Ausnutzung schwacher Winde

Genau das wäre für mich das einzige Argument FÜR Bilaus, z.B. in Straupitz. Ob die Flügel nun von alleine anlaufen oder angeschoben werden müssen, ist dabei ziemlich wurscht.

Aber ich weiß noch immer nicht, ob man an ein vorhandenes System (Wellkopf/Rutenwelle, Bruststücke + Ruten) mal einfach so paar Ventikanten ranhängen kann, ggfs. auch mit DHs???? Bilau, Kühl und auch die Referenzmüller sprechen von 3-4facher Leistung des Ventikantenkreuzes. Bilau selber errechnet für "Herrn Mühlenbesitzer Pansow, Wolgast" eine Leistung von 42 PS bei 6 m/s, 99,5 PS bei 8 m/s und 142 PS(!) bei 9 m/s. Also 100 - 140 PS bei einer mäßigen bis frischen Brise (4 - 5 Bft). Bei 7-8 Bft liegen vermutlich 200 PS oder mehr an.

Kein Wunder, dass es an Bilaus relativ viele Brüche gegeben hat (Wellköpfe/Flügelwellen und Bruststücke/Ruten). Seltsamerweise sind aber nicht nur alte Bruststücke und Ruten gebrochen, sondern auch nagelneue, die von Kühl zusammen mit den Ventis gebaut und montiert wurden. Kühl musste sich dafür mancherlei Vorwürfen und Anschuldigungen erwehren.

Das macht mir echte Sorge, wenn nicht gar Angst! Denn ich frage mich, ob ein "normaler" Wellkopf solche Leistungen auf Dauer überhaupt verkraften kann? Offenbar wohl nicht, wie die Beispiele von Brumby, Rees, Mandelsloh ... und und und ... zeigen. Kein Mensch würde wohl auf die Idee kommen, einen V8-Chevi-Motor in 'nen Trabi zu hängen.

Zitat von Axel
Eier in der Hose

Zitat von Florian
...und rufst mal in Langenrade an?

Jipp, mach ich doch glatt, kein Problem. Habs gerade versucht, der Gute ist aber nicht zu Hause. Aber heute Abend ...

Glück zu!

Askop
Administrator


Beiträge: 610

24.11.2011 13:09
#9 RE: Mein Lieblingsmühlenbauer mit Bilaus Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur
Andererseits ist Rees so ein Testfeld par excellence für ähnliche Flügel in Straupitz.

Also ... je länger und intensiver ich mich damit beschäftige, umso deutlicher wird mir: 50, 60 oder mehr Tsd. Euro sind ja kein Pappenstiel für'n Experiment. Also lieber Finger weg - auch wenn sich damit einer Deiner Lieblingsträume in Luft auflösen sollte.

Aber das Geld alleine ist es nicht unbedingt, hinzu kommt die Unwägbarkeit des damit verbundenen Betriebsrisikos (Gefährlichkeit). Ich habe null Ahnung von Statik, könnte mir aber vorstellen, dass der Wulfersdorfer Wellkopf überfordert ist mit Kräften von 100 PS und mehr (siehe Brumby, Rees & Co.). Und unsere derzeitigen Bruststücke? Keine Ahnung, ob die das aushalten würden.

Auf keinen Fall kann und werde ich das Risiko eingehen, dass aufgrund eventueller Umbauten unser Flügelkreuz abstürzt und auf dem Ölmühlendach, dem Sägewerksdach oder auf dem Mühlenhof zerschellt ... mit entsprechender Gefahr für Leib und Leben von Personen (Besucher und Personal).

Auch habe ich keine Ahnung, ob heutige Mühlenbauer wie z.B. Vaags/NL in der Lage sind, eine zuverlässige Statik für Bilaus zu berechnen, und zwar unter Einrechnung der vorhandenen Bauteile wie Wellkopf und Bruststücke/Ruten. Im Ergebnis der Statikberechnung müsste dann verbindlich gesagt werden können, was geht und was nicht: Also z.B. Verwendung des vorhandenen Wellkopfes oder eines neuen, der stärker dimensioniert oder anders konstruiert ist (z.B. Armkreuz). Auch die Bruststücke und Spitzen müssten statisch neu berechnet werden im Hinblick auf die zu erwartende höhere Leistung und Beanspruchung.

Bilau und Kühl konnten das aber offensichtlich nicht, weshalb auch niegelnagelneue Kreuze von Kühl abgeflogen sind ... wie in Rees.

Glück zu!

Ansgar



Beiträge: 441

24.11.2011 13:50
#10 RE: Mein Lieblingsmühlenbauer mit Bilaus Zitat · Antworten

Wie sieht es denn mit ten haven aus, haben die nicht eine ähnliche Leistung wie Bilau und sind deutlich leichter?

CU

Ansgar


Eine Mühle ohne Wasserrad ist keine Mühle.

Askop
Administrator


Beiträge: 610

24.11.2011 15:23
#11 RE: Mein Lieblingsmühlenbauer mit Bilaus Zitat · Antworten

Zitat von Ansgar
Wie sieht es denn mit ten haven aus, haben die nicht eine ähnliche Leistung wie Bilau und sind deutlich leichter?

Sicherlich! Käme aber für uns nicht in Frage, weil absolut nicht "regionaltypisch", um mal ein Lieblingstotschlagargument von Florian zu benützen.

Deshalb suche ich eine "regionaltypische" Flügelvariante, mit der man auch schwache Winde ab 2-3 m/s ausnutzen kann - wenn schon nicht mit verwertbarer Leistung, dann eben wenigstens für'n Leerlaufbetrieb. Unsere derzeitigen Flügel brauchen mind. 4 m/s für'n Leerlauf und ca. 8 m/s als Arbeitswind. Liegt sicherlich auch am ungünstigen Standort mit Bebauung der Hauptwindrichtung. Obwohl die Flügel bei Ostwind, wo der Windzutritt nicht so massiv gestört wird wie bei West-/Südwest, auch nicht besser ziehen.

Wir haben eben ein Starkwindflügelprofil, welches besser nach Ostfriesland oder an die Westküste von SH passen würde. Vielleicht wäre deshalb die Änderung des derzeit vorhandenen Flügelprofils doch die bessere (und kostengünstigere) Alternative zu den zweifelsohne schwachwindfähigen Stromlinienvorhecks? Wobei man eventuell überlegen sollte, ob und wie das Vorheck zu verändern wäre. Türen? Oder feste Bretter mit ... Remkleps?

Glück zu!

Ansgar



Beiträge: 441

24.11.2011 15:34
#12 RE: Mein Lieblingsmühlenbauer mit Bilaus Zitat · Antworten

Zitat von Askop
Käme aber für uns nicht in Frage, weil absolut nicht "regionaltypisch", um mal ein Lieblingstotschlagargument von Florian zu benützen.



Naja, regionaltypisch hin oder her, ich finde, Bilau sieht deutlich gewöhnungsbedürftiger aus als ten haven, weil sie so klobig sind, wie Paddel eines Ruderbotes. Wie sieht es denn mit Studien zur Gefährlichkeit von ten haven aus? Und wenn ich es richtig in Erinnerung habe, sind sie ja auch etwas günstiger als Bilau.

Andererseits ist auch die Frage, wozu über neue Flügel nachgedacht wird. Plant ihr konkret, in der Mühle Korn zu mahlen? Für Schauzwecke im Leerlauf bzw. um den Stein drehen zu lassen, reicht da die bisherige Lösung nicht aus?

CU

Ansgar


Eine Mühle ohne Wasserrad ist keine Mühle.

ultratrieur



Beiträge: 2.209

24.11.2011 15:36
#13 RE: Mein Lieblingsmühlenbauer mit Bilaus Zitat · Antworten

Zitat von Klaus
auch wenn sich damit einer Deiner Lieblingsträume in Luft auflösen sollte.



Hier verwechselst Du was... ich glaube, es ist im Moment DEIN Lieblingstraum, oder?

Was die großen Kräfte des Bilau-Kreuzes und die Überforderung von Ruten, Wellkopf und Welle angeht, ist das ja ein Spiel zwischen dem, was die Flügel anbieten und dem, was innen an den diversen Abtrieben abgenommen wird. Wenn Du in der Mühle lediglich einen Schrotgang und die Quetsche in der Ölmühle antreibst, dann ist es Deiner Antriebstechnik schnurz, ob die Flügle noch mehr könnten. Gefährlich wird's erst, wenn Du schrotest, quetschst, das Vollgatter mit 6 Sägen bei vollem Vorschub gattern lässt und dann noch mit einem Sack Korn in den Fahrstuhl steigst... Klar, was ich meine?

Davon abgesehen, kann natürlich das pure Gewicht der Flügel auch im Stillstand ein Problem sein. Das ist dann aber unabhängig davon, welches Flügelsystem das ist. Ob ein Jalousieflügel oder einer mit Drehheck 1 oder 1,5 t wiegt, ist dem Wellkopf egal. Und bei den heutigen Möglichkeiten, leichte Materialien wie z.B. Aluminium einzusetzen und überhaupt die Konstruktion so weit zu rechnen statt zu fühlen, dass nicht mehr Material als nötig verbaut wird, hätte ich da keine Bedenken.

Wenn Du eine Bremsung mit den Drehhecks machst, wirst Du damit den Wellkopf im Übrigen weniger belasten, als wenn die Presse das machen muss!

Zum Thema Wellkopf aus Wulfersdorf: Die Mühle hatte (Hecht) Jalousien mit Spannweite von 20,5 m - die trieben eine 2-passagige Rückschüttmühle mit ca. 0,8 bis 1 t Tagesleistung Mehl an. Lt. Frau Droldner hat sie durchaus etliche Tage erlebt, wo ihr Vater den gesamten Maschinenpark gleichzeitig vor Wind und unter Vollast laufen hatte - im Winter soll das fast die Regel gewesen sein... Das hat der Wellkopf mitgemacht! Da hätte ich (sofern nicht der Guss spröde geworden ist oder gar Risse bekommen hat) keine Bedenken, das Drehmoment rüber zu schicken, das Quetsche, Schrotgang und Fahrstuhl abnehmen!

Grüßli



Flo der Liebe

Askop
Administrator


Beiträge: 610

24.11.2011 17:20
#14 RE: Mein Lieblingsmühlenbauer mit Bilaus Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur
Hier verwechselst Du was... ich glaube, es ist im Moment DEIN Lieblingstraum, oder?

So so ... MEIN Lieblingstraum? Und wenn es denn so wäre, dann aber nur, weil mir das ein gewisser Ultratrieur ins Ohr gepustet hat. Du löcherst mich doch mit dem Venti-Thema schon seit langem, bereits vergessen?

Zitat von ultratrieur am 06.11.2010
Ich will kein ten Have, van Bussel oder sonstwas, was nicht ins Brandenburgische gehört! Ich schlage Ventikanten vor!!! Kauf Dir die Bücher von Uwe und Du wirst sehen, dass Nitschkes mit Ventikanten in Deiner Region nicht sooo neben der Spur gewesen sind. Und wenn Saalow jetzt KEINE Ventikanten mehr hat, dann könnte Straupitz als ausgleichende Gerechtigkeit durchaus welche bekommen.

Zitat von ultratrieur am 08.11.2010
Wenn nun z.B. in Straupitz der Kraftbedarf da ist und somit begründet werden kann, warum man vom Vorbild (Voll-)-Jalousie abweichen will, ist es doch erstmal naheliegend in der REGION nach historisch verbürgten alternativen Lösungen zu suchen. Also, Blick z.B. nach Saalow: Ventikanten, von mir aus - Argument Kosten, auch erstmal ohne Drehheck.

Hier die Links zu Deinen Postings:
Windmühlen und ihre Leistungen
topic-threaded.php?forum=34&threaded=1&id=440&message=1430

Das waren beileibe nicht Deine ersten und letzten "Empfehlungen" als glühender Anhänger und Verfechter von Bilau. Mir dagegen waren die Bilaus mit DH immer etwas suspekt; schon allein vom Anblick, was nicht so recht in mein klassisch-nostalgisch angehauchtes Mühlenweltbild passen will. Ehrlich gesagt finde ich diese Flugzeugtragflächen an einer klassischen Windmühle genauso unpassend wie eine moderne Wählscheibe am chinesischen "Nostalgietelefon" (original gabs nur die Kurbel für ne Verbindung zum "Fräulein vom Amt").



Mein derzeitiges Interesse an Bilaus, das ergo erst durch Dein Zutun befördert wurde, resultiert ja nur daraus, dass ich eine zufriedenstellende und bezahlbare Alternative zu unseren derzeitigen lahmen Flügeln suche. Genauer gesagt, eine Variante zur Verwertung bzw. Ausnützung auch schwacher Winde. Insofern sind Ventikanten durchaus interessant.

Vorstellbar - und wohl auch erheblich billiger - wären aber auch Flügel a la Riepenburger ... allerdings mit Remkleps. Nu biste bestimmt jaaaanz begeistert.

Zitat von ultratrieur
Davon abgesehen, kann natürlich das pure Gewicht der Flügel auch im Stillstand ein Problem sein.

Ich meine, dass im Stillstand nicht nur das Gewicht ein Problem sein kann, sondern auch die Windlast auf mind. 5 qm Ventikantenfläche pro Rute. Zumindest bei Sturm/Orkan (Kyrill lässt grüßen!).

Bei U. Karstens ist der Fall geschildert, wo sich an einer drehenden BWM die Ruten derartig in Richtung Windwand verbogen haben, dass alle 4 Flügel an die Eckstiele geschlagen haben und zertrümmert wurden. Waren vermutlich Holzruten, aber auch an Stahlruten dürften wohl recht erhebliche Biegekräfte auftreten, insbesondere am Eintritt in den Wellkopf. Könnte mir vorstellen, dass die Rute in Hollern-Twielenfleht schon viel früher den Abgang gemacht hätte, wenn da Ventis drangehangen hätten .... wegen der höheren Windlast, für welche eine "normale" Rute nicht genügend dimensioniert ist. Nur so 'ne Vermutung, denn die Ventis kommen mir vor wie Chiptuning im serienmäßigen PKW-Motor, die dann reihenweise hochgegangen sind ... wegen Überhitzung, Bruch der Pleuel oder Kurbelwelle usw.

Allerdings passt zum Thema ein Brief von Landeskonservator Wildemann an Müller Rosenbaum in Rees, wo anno 1939 ein ziemlich neuer Venti-Flügel mit DH abgebrochen war.

Zitat von Wildemann an Rosenbaum
Warum werden diese Teile immer noch zu schwach konstruiert? Die Firma Kühl müßte inzwischen doch (wissen), welche Dimensionierungen für die Hauptkonstruktionsteile notwendig sind.

Glück zu!

Askop
Administrator


Beiträge: 610

25.11.2011 20:28
#15 Nachtrag Zitat · Antworten

Nachtrag

Von wegen "Eier in der Hose" ... Habe heute mit Uwe Karstens ein langes und angenehmes Telefonat geführt. Auch Uwe hat starke Bedenken - ja er rät sogar dringend davon ab - Bilaus "einfach mal so" an eine Mühle hängen zu wollen ohne genaue Beurteilung der vorhandenen Gegebenheiten bzw. Voraussetzungen. Z.B. "Finger weg!" bei unterdimensionierten Bruststücken und Wellköpfen. Laut U. Karstens sollten die Bruststücke/Steckruten am Wellkopfdurchgang mind. ein 280er Profil haben, besser 300 (mm). Auch müsse die Wellkopfstärke (Wandstärke der Rutenaufnahmen) und die Verbindung des Wellkopfs mit der Flügelwelle den höheren Belastung durch Ventis entsprechen. Beides - 300er Bruststücke und entsprechend dimensionierte Wellköpfe - war bzw. ist aber in Mitteldeutschland (und auch in Brandenburg) eher unüblich, so auch in S'tz.

Würden wir also komplette Bilaus (Ventis + DH) an unsere Mühle ranhängen wollen, bräuchten wir nicht nur die Bilaus, sondern auch neue Ruten (Bruststücke und Spitzen) und nen anderen Wellkopf.
Aufwand hierfür: mind. 120.000,- € ohne Wellkopf! Das ist von einem Verein natürlich nicht zu stemmen, denn Fö'mittel gibts dafür garantiert keine.

Also ... aus die Maus!

Glück zu!

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