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Bei schönstem Bauwetter (windstill, sonnig und trocken) hat die VENTI AMICA soeben ihre Kappe zurück bekommen! Fast alles hat gepasst - es gab weder gebrochene Beine noch Fughölzer, es ist nichtmal ein Staubsauger in den nicht vorhandenen Fahrstuhlschacht gefallen . Dank schonmal den Winsener Bauleuten für die saubere und umsichtige Arbeit!
Die Mühlenbauern müssen penible Vorarbeit beim Aufhängen leisten, der Kranführer Fingerspitzengefühl zeigen: Auf dem Luftweg zum oberen Abschluss der Mühle darf nichts die Haube samt Windrose aus dem Gleichgewicht bringen
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Der Twielenflether Maschinenbauschlosser Dierk Vollmers und Florian Eickmann aus Stade, der von Beruf Müllerei- und Mühlentechniker ist, unterstützen die Mühlenbauer bei den meisten Handgriffen. Eickmann sagt, er sei absoluter Windmühlenfreak und die historische Technik der Venti Amica fasziniere ihn so sehr, dass er in den Mühlenverein eingetreten ist und wo es nötig ist, auch gern hilft.
Eickmann und Vollmers vermessen, loten aus, heben und rucken an den Halteketten, reichen den Mühlenbauern Werkzeuge, Keile und Zollstock bis alles für das Anheben vorbereitet ist.
Müller Noodt hält den Atem an. Der Kranführer gibt Gas. Der Boden neben dem Kran bebt, als er den Ausleger, der bis zu 160 Tonnen anheben kann, gefühlvoll millimeterweise nach oben schiebt.
"Halt! Stop!", ruft Mühlenbauer Kröger. Eine der Ketten ist zu dicht an der Windrose und könnte sie beschädigen. Das Geduldspiel mit Justieren und Nivellieren beginnt von vorn, Hein Noodt muss sich noch eine Zigarette anstecken. Die Blicke der inzwischen versammelten Schaulustigen sind ebenso gespannt nach oben gerichtet, wie die der Mühlenbauer als Kranführer Korodi den nächsten Versuch startet.
Behutsam führen und schieben die Männerhände die grüne Haube mit der weißen Windrose wie ein rohes Ei, als sie sachte vom Spezialgestell abhebt.
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Sicher legen die Mühlenbauer sie auf die Parrierrollen des Drehkranzes und fädeln die drehbare Haube in ihre Führungsbahn ein. Das Lächeln und Strahlen des Müllers gibt allen Gewissheit. Sie haben Präzisionsarbeit und eine perfekte Leistung geliefert.
Na, diesmal pass'ts doch alles halbwegs ... auch wenn ich das mit dem Spezialfett wohl gestern nicht so ganz mit bekommen habe
Zitat von AskopKannst Du bitte mal die Bedachung/Beplankung von Kappe und Achtkant erklären? Habe ich bislang noch an keiner anderen Mühle gesehen.
Das ist lackiertes Alublech. Ich werd Hein mal fragen, wie und wann es dazu gekommen ist. Gaaanz früher war wohl mal Reet drauf, das Blech ist schon älter und tut seinen Dienst ganz gut. Vielleicht stammt das ja aus der selben Schmiede wie die Alu-Windrose...
Okay, sieht aber so aus, als hätte man die Blechtafeln mal einfach so aufeinander gelegt und genagelt ... ohne Falze. Ich frage mich, wie das wasserdicht sein kann?
Eine andere Frage wäre, ob sich die Beulen/Dellen im Blech hätten vermeiden lassen? Ich weiß, dass das schwierig ist. Deshalb wurde unsere Kappe absichtlich nicht vom Erbauer der Kappe (ein gewiss nicht schlechter Mühlenbauer) beblecht, sondern von einer darauf spezialisierten Dachklempnerei.
Zitat von ultratrieurweil Wasser meist nicht aufwärts läuft.
Wirklich? Aber es läuft eben meist nicht nur abwärts, sondern dabei dummerweise oft auch seitwärts. Da brauchts dann Falze/Rillen wie z.B. bei Dachpfannen oder breite Überdeckungen, was ich in H-T alles nicht entdecken kann.
Zitat von ultratrieurAußerdem ist noch ne Unterspannbahn drunter.
Okay, dann brauchts keine große Überlappung.
Zitat von ultratrieurWieso sind denn Deine Holzschindeln eigentlich dicht - die sind doch auch nicht gefalzt?
Nicht gefalzt, aber doppelt überdeckt ... ähnlich wie Biberschwänze. Das ist ein ganz anderes System als in H-T.
Heute hab ich mal nachgefragt - die Erklärung für das Blech ist verblüffend einfach!
Bis um 1880 hatte die Mühle eine komplette Reeteindeckung (also Kappe und Achtkant) - dann entschloss sich der damalige Besitzer Noodt dazu eine Dampfmaschine anzuschaffen, deren Schornstein ungefär bis Hälfte Achtkant ging. Vernunft und Brandkasse forderten daraufhin gemeinsam, diesen Zustand zu ändern und das brennbare Reet gegen Blech auszutauschen.
Diese historische gefalzte Blecheindeckung war dann bis 1978 drauf - Reste davon finden sich noch heute als Recycling-Eindeckung des Vordachs und über der Gosse rechts neben der Mühle. Nach fast 100 Jahren in Wind und Wetter war aber nicht etwa das Blech "durch", sondern die alte Lattung war so vom Wurm zerfressen, dass kein Halten mehr rein zu bringen war und was Neues her musste.
Alu gab's irgendwo gut und günstig, also wurde das draufgebeppt und mit Unterzugbahn versehen. Nicht wirklich historisch und auch nicht wirklich schön - aber im Rahmen eines Mühlenbetriebs aus der Zeit heraus verständlich. Ich freu mich jedenfalls, dass nicht in einem Anfall von denkmalpflegerischer Umnachtung wieder verreetet wurde wie z.B. nebenan in Elm, wo das Geld zwar für die teuerste aller Dacheindeckungen reicht, dafür aber in Punkto funktionierender Windrose und Flügel gespart wird...