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Mühlen- und Müllerforum "Glück zu!"

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Dieses Thema hat 37 Antworten
und wurde 3.672 mal aufgerufen
 Mühlenerhaltung und -betreibung
Seiten 1 | 2
Mehltheuer



Beiträge: 699

04.07.2012 18:54
Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Habe das schon mal vorgeschlagen.
Warum tun wir Spezis uns nicht mal zusammen und verfassen einen
Ratgeber a la "Mühlenrestauration leicht gemacht mit Schneckentrieur".
Sozusagen das jeder ein Kapitel verfasst:

Mehltheuer: Mahlverfahren und Getreidekunde
Trieur: Fachgerechte Restauration( Mühlsteinvarianten)
Askop: Finanzierung und Gesetzesgrundlagen, Managment MüV
Säge: Flügelvarianten und Müllereimaschinen( Mithilfe Mehltheuer und Trieur)
Arno: Holzkunde( Mithilfe von Säge?)
Ansgar R: Passende Bilder

So als alternative/Ergänzung zur "kleinen Mühlenkunde" gedacht.
Das muß ja kein toller Bildband mit Hochglanz werden, eher eine Hilfestellung für Praktiker.
Ich bin gerade dabei eine Broschüre über Oliver Evans zu schreiben und würde daher
auch "die Redaktion" übernehmen, da ich auch gerne Schreibe.

Das ist jetzt mal ein halbernster Vorschlag, mir geht es halt auf den Keks hier die ganze
Zeit nur abzulästern über den und den. Wenn es hier Leute gibt, die wissen wies gemacht werden
könnte, dann nur raus damit!
Stelle mir das auch gerne etwas klassische Motormühlenlastig vor, weil ich den eindruck habe,
das es viele gibt die teilweise aus Unkenntnis einen Bogen um die Momü machen und für die
Fachbücher etwas schwer verdaulich sind.

Gruß aus der Klapsmühle!
Paul



Andere haben so nutzlose Steinhaufen gebaut, die Pyramiden genannt werden, ich baue lieber Mühlen, die nützen wenigstens den Menschen.

ultratrieur



Beiträge: 2.209

04.07.2012 20:04
#2 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Ich hab ja nichts gegen Bücher - als Ex-Buchhändler und aktiver Sammler hab ich ne ganze Menge davon.

Was denkst Du denn, kann in einem Traktat über Getreidekunde aus der Feder von Paul Horn drin stehen, das in den historischen und aktuellen Werken noch nicht behandelt ist?

Was die denkmalpflegerischen und methodischen Ansätze bei der Mühlenerhaltung angeht, sehe ich kein Defizit in der Möglichkeit, sich Informationsquellen zu besorgen und zu erschließen. Man muss es nur wollen, und um es zu wollen, muss man Mühle erstmal als das sehen, was es ist: eine Produktionsstätte, eine Maschine mit verfahrenstechnisch zusammen hängenden Einzelmaschinen drinnen, und kein Tummelplatz für Volksmusikfans, Heimatromantiker und Tourismusspinner. Das Meiste, was mir an - Zitat vom Präsidenten (!)- Scheiße, die wir nicht mehr sehen wollen da draußen an Mühlen begegnet, hätte vermieden werden können, wenn die Verantwortlichen den Hopf, den Baumgartner oder den Dubbel zur Hand genommen hätten. Gefühl für "molenbiotoopen" kann man bekommen, wenn man sich z.B. mal durch 1.500 Rapp-Fotos durchklickt, dazu braucht's kein neues weiteres Buch, was niemand lesen wird.

Mühlenrestaurierung ist mehr als das Wissen um die Summe einzelner Schraubengrößen, dafür braucht's den systemischen Ansatz, das Verständnis davon, wie und wozu die Maschine gebaut wurde, wie Generationen von Müllern mit ihr gearbeitet haben und wie das die Maschine entwickelt und verändert hat. Das lernt man, indem man mit offenen Augen durch die Landschaft fährt, sich Mühle um Mühle anschaut, indem man auf alten Fotos spazieren geht und das Ganze mit den "harten Fakten" aus der vorhandenen Literatur übereinander bringt.

Genau das ist's woher ich mein Wissen und meine Erfahrungen beziehe - das könnte jeder Andere, der sich mit dem Thema ernsthaft auseinader setzen möchte auch. Klaus ist dafür genau so ein Beispiel: Als ABMer und Quereinsteiger bei absolut Null angefangen, aber dank offener Augen, einem unbändigen Willen zu lernen und Beschaffung und Lesen vieler vieler (auch teurer) historischer Mühlenbücher, anstatt den Missionar zu spielen, ist er jetzt die Ölmühleninstanz, die er ist.

Ich will ja jetzt keine Namen nennen, aber warum war diese persönliche Entwicklung bei den maßgeblichen Vätern der Mühleninitiative im Bindestrichkreis nicht möglich? Warum wurde dort ein Schwerpunkt für müllerisches Halbwissen und ein Vorbild dafür geschaffen, wie man es NICHT machen sollte? Warum hat man sich dennoch selbst zur Elite Deutscher Mühlenerhaltung erklärt (West-Standard in der Mühlenerhaltung...)? Einfach weil die Interessen diametral in die entgegen gesetzte Richtung gehen, einfach weil es NICHT um Mühlenerhaltung per se geht, sondern weil das Ganze nichts anderes als eine gigantische Verarsche im Rahmen des Tourismusmarketing ist. Und die behördliche Denkmalpflege schaut gepflegt weg weil 1. wenn es den "Mühlenfriedhof" nicht gäbe, vermutlich gar nix an den Mühlen passieren würde und 2. weil sie zum allergrößten Teil auch nicht verstanden haben, was eine Mühle eigentlich ist und wie sie funktioniert.

An welcher Stelle soll denn da bitte ein weiteres Mühlenbuch ansetzen und hilfreich sein??? Nach getaner Arbeit wird der einzige Effekt sein, dass die üblichen Verdächtigen wieder aufheulen und sich bzw. ihr Lebenswerk beleidigt sehen und dem entsprechend in gehabter Manier reagieren oder auch nichtreagieren.


Um's zum Schluss man positiv zu drehen - was ich mir als konstruktive Maßnahme vorstellen könnte, wären Vorort-Gespräche mit Vereinsverantwortlichen und ggf. auch Vertretern der Denkmalbehörden, bei denen die diversen Sichtweisen mal direkt gegeneinader gestellt und diskutiert werden können. Die Abwesenheit einer ausdiskutierten Kontroverse ist m.E. das größte Manko und das Hauptübel an der ganzen Vereins-Mühlenszene. Sobald irgendwo Kritik auftaucht, sobald denkmalpflegerische Entscheidungen in Frage gestellt werden, kommt nichts weiter als die Heulnummer oder Stillschweigen, siehe meinen Biref an den Präsidenten (!).



Flo der Liebe

Mehltheuer



Beiträge: 699

04.07.2012 20:23
#3 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Zitat
Was denkst Du denn, kann in einem Traktat über Getreidekunde aus der Feder von Paul Horn drin stehen, das in den historischen und aktuellen Werken noch nicht behandelt ist?



Nichts neues, aber auch der Mineralstoffgehalt ist nichts neues, aber es gibt Leute die sich hobbymäßig
mit Mühlen beschäftigen und keine Ahnung von Mehltypen haben oder verwundert gucken das Mais ein Getreide sein soll.
Ich hab auch erlebt, das Leute sich das und das alte Mühlenbuch in den Schrank stellen und dann wenn man denen
eine Filteruhr erklärt verwundert sagen:" Ah so funtioniert das, ich wußte gar nicht das wir das haben."
Ich bin meilenweit davon entfernt ein großer Experte auf meinem Gebiet zu sein, auch ich muß oft nachfragen/nachlesen.
Aber warum kann man nicht sowas machen, wie die "Kleine Mühlenkunde" den hist. Mühlenbau betreffend?
So Grundlagen schaffen, Interesse wecken. Das nicht wieder eine Saatgutreinigung aus der Windmühle fliegt und dafür ne
Vitrine mit Pappmühlen aufgestellt wird.
Zudem sind die historischen Bücher auf ZVAB teuer, ich hab da 2-3 Schnäppchen gemacht und was so über 50 Eus geht, kaufe ich
auch nicht.
So eine Aktion wäre mit Sicherheit besser als hier im Forum den Spötter zu machen und mit dem Finger auf Leute zu zeigen:"Guck mal Die!".
Meinetwegen auch nur eine Textsammlung als PDF zum Download?

Gruß aus der Klapsmühle!
Paul



Andere haben so nutzlose Steinhaufen gebaut, die Pyramiden genannt werden, ich baue lieber Mühlen, die nützen wenigstens den Menschen.

ultratrieur



Beiträge: 2.209

04.07.2012 21:07
#4 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Ja aber, dann versuch mir doch mal zu erklären, warum die Leute mit Hopf im Schrank - aber ohne Interesse für Hopf im Schrank - ein noch neues Mühlenbuch in die Hand nehmen sollen? Oder sogar nach diesem Forum hier suchen, und wenn sie es gefunden haben (sollten), sich dann unter www.filteruhr.de 3 MB pdf-Blätter runterladen?

Das Problem fängt doch viel früher an, und zwar da (ganz ohne Spott), wo diese Menschen in den Mühlenverein eintreten, da rum werkeln und sich 1. auch beim hundersten Mal am Filterschrank vorbei gehen nicht fragen, was das denn wohl ist; und die 2. dazu auch nicht von den strategischen Vordenkern ermutigt werden, weil die da selber auch schon fünfhundert Mal vorbei gegangen sind, ohne sich zu fragen, was das denn wohl sein könnte?

Vor etlichen Jahren hat der niedersächische Mühlenverein mal den "Sacher" als Reprint bezahlbar heraus gebracht... irgendwo zwischen DM 20,- und 30,-. Das hätte sich wirklich Jeder leisten können, der in Niedersachsen was mit Mühle am Hut hat. Nicht, dass ich ein großer Fan von dem Herrn Sacher und insbes. seiner politischen Ausrichtung bin, aber immerhin ist das ein auch für Laien sehr verständlich geschriebenes Werk, das in seinen technischen Teilen einen suuper Überblick gibt. Was ist daraus geworden? Wo sind die paar hundert Exemplare geblieben? Und wie viele kleine Rückschüttmühlen sind mit dem so unters Volk gebrachten Wissen reaktiviert worden??

Glaub's mir - die Vermittlung von technischem Wissen als erster Schritt ist zum Scheitern verurteilt, weil in den Köppen erstmal die Idee von Mühle gerade gerückt werden muss. Nimm mal als Beispiel den in einem anderen Thread schon erwähnten "Kollegen" aus Elm, dessen einzige Sorge war, dass demnächst ein Flügel abbricht. Nicht etwa, weil gerade jemand drunter stehen könnte, sondern weil dann ja "die Mühle kaputt ist". Auf meinen Einwand, dass man ja - bevor man über neue Flügel nachdenkt - erstmal an eine Wiederherstellung der Windrose denken müsste, kam eine nicht enden wollende Lobrede auf seine eigene Großtat, dass er das ganze olle Getriebegelumpe ja selbst raus geschmissen hat und auf E-Motor umgebaut hat, weil ja außer ihm niemand dort was von der Technik versteht und dass er deswegen den Kappboden mit nem Deckel verschlossen hat und niemanden mehr hoch lässt. Im gleichen Atemzug beschwert der gefühlte 75 Jahre alte Mann sich dann darüber, dass ja die Jugend dem Verein den Rücken kehrt und keiner mehr was macht.

Ganz ohne Spott und Häme - ich glaube nicht, dass ich dem Mann irgend welche Bücher in den Schrank stellen könnte, dass ich den irgendwie mit dem gesprochenen oder geschriebenen Wort erreiche, damit der anfängt, sich sinnvoll um die Mühle zu kümmern!

Wir sollten primär nach einem Weg suchen, Menschen für die sinnvolle produktive Nutzung von Mühlen zu begeistern. Wer in der Mühle ein Staubproblem hat, der wird schon anfangen, sich mit dem Filterschrank beschäftigen und im Hopf oder sonstwo nachlesen!



Flo der Liebe

Askop
Administrator


Beiträge: 610

04.07.2012 22:46
#5 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Frage am Rande:

Wurde das hier wirklich mal bis zu Ende gelesen? Okay, Florian, ist wohl aber auch schon laaaaaaaange her, oder?

Leitfaden zum Wiederaufbau einer "Naturkraft-Mühle"

Darauf könnte man doch aufbauen, wenn man das Rad unbedingt neu erfinden möchte.

Glück zu!

Mehltheuer



Beiträge: 699

04.07.2012 22:49
#6 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Zitat
Wir sollten primär nach einem Weg suchen, Menschen für die sinnvolle produktive Nutzung von Mühlen zu begeistern. Wer in der Mühle ein Staubproblem hat, der wird schon anfangen, sich mit dem Filterschrank beschäftigen und im Hopf oder sonstwo nachlesen!



Die meißten alten Mühlen sind ja Museum ,eine in dem Sinne sinnvolle Nutzung als Mühle kann es aus versch. Gründen nicht geben
Aber durch die Möglichkeit die Leute richtig zu Informieren und etwaitige Lösungen zu stellen, kann man doch den "Pfunsch"(wie du sagst) verhindern?
Beispiel Exter: Die haben einen Windaufzug und aus dem in der Ecke gefundenen Rad für das Endlosseil 2 Aufzüge gebaut. Warum?
Weil das eine als "Handaufzug" und das andere als Windaufzug interpretiert wurde.Wegen mangelnder Information/falscher Information.
Warum hat der "Kollege am Elm" das Getriebe rausgerissen? Wegen mangelnder Info/falscher Info.
Warum hat sich niemand um den Filterschrank gekümmert? Wegen mangelnder Info/falscher Info.
Warum falsche Info?
Weil es wenige in der heutigen Zeit verbreitete Mühlenbücher gibt, die leicht zu lesen sind und Spaß machen beim lesen
Ich finde Kettner, Baumgartner usw. schwer verdaulich, wie Fachbücher nun mal sind.
Aber die "kleine Mühlenkunde" finde ich gelungen, für den Laien leicht verständlich, Schlagworte und Bilder.
Zum Durchlesen und als Nachschlagewerk.
Aber was findet man sonst bei Google meist? Diese Bildbände, da fotografieren Leute Windmühlen und dazu gibt es dieses ewige nervtötende
selbstbeweihräuchernde Kulturgeschichtliche Gesabbel irgendwelcher Pseudoakademiker. Wie "Alte Mühlen-Nau entdeckt". Bitteschön.
Natürlich gibt es unterschiedliche Interessenströme in Vereinen.
Aber wenn man leicht verständlich etwas aufschreibt dann kann man mit der Informationsvermittlung auch was erreichen.

Nimm z.b Oliver Evans mit "The Young Millers and Millwrights Guide".

Die ersten Kapitel schafft er Wissensgrundlagen in Physik und Mechanik( heute wegen allg. Schulbildung und Nachschlagewerke nicht mehr nötig)
Dann geht er Schritt für Schritt auf seine Maschinen ein und dann auf die Mahlverfahren.
Er beschreibt den Aufbau und dann gibt er ein Beispiel.
Nimm z.b den Elevator, heute wieder von mir eingeplant, von Oliver Evans erfunden.
Die Bauanleitung ließt sich wie ein "Kochrezept", zwar mit vielen "Lets say"-Sagen wir mal... aber unter anderem durch das Buch zu einem durchschlagenden
Erfolg geworden so das ich in 2012- genau 230 Jahre nach der Erfindung sowas gerne noch einsetze...

Nach über 200 Jahren und mit meinen schlechten Englischkenntnissen eine Freude zu lesen.(Weil alles einfach beschrieben/beschrieben steht)
Eine befreundete Englischlehrerin ist auch begeistert, ihre Schüler müssen jetzt immer einen Text übersetzen. Die Frau weiß nix von Mühlen, will nix wissen
aber das Buch hats ihr angetan.
Wenn wir in dieser Art was schaffen...einen Leitfaden o.ä

Gruß aus der Klapsmühle!
Paul



Andere haben so nutzlose Steinhaufen gebaut, die Pyramiden genannt werden, ich baue lieber Mühlen, die nützen wenigstens den Menschen.

Mehltheuer



Beiträge: 699

04.07.2012 22:51
#7 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Zitat
Leitfaden zum Wiederaufbau einer "Naturkraft-Mühle"



Mit Begeisterung, war vor einem Jahrzehnt schon bei Forum Romanum drin...
Er geht aber von der Erschaffung einer produzierenden Kleinmühle aus, was nicht der Standpunkt sein kann.

Gruß aus der Klapsmühle!
Paul



Andere haben so nutzlose Steinhaufen gebaut, die Pyramiden genannt werden, ich baue lieber Mühlen, die nützen wenigstens den Menschen.

Achim



Beiträge: 232

04.07.2012 23:12
#8 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Ich finde die Gedanken von Paul recht gut und wäre froh, wenn so was umgesetzt werden würde.

Achim
aus dem Vogtland

ultratrieur



Beiträge: 2.209

04.07.2012 23:53
#9 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Zitat
Er geht aber von der Erschaffung einer produzierenden Kleinmühle aus, was nicht der Standpunkt sein kann.

Das stellst Du so einfach mal als Aussage hin, das hat aber im Kern genau so viel Berechtigung, als wenn ich das andere Extrem "Erschaffung toter Touristen-Gaudi-Mühlen kann nicht der Standpunkt sein" formuliere. Schau Dich mal um, kann tote Touristenmühle ein Standpunkt sein? Ich denke nicht, denn genau das ist es, woran die Szene krankt, weswegen wir auch ein Nachwuchsproblem in der Szene haben, was z.B. Eisenbahnervereine mit ihrem selbstverständlich rollenden Material so extrem nicht haben. Wo siehst Du also den anderen gangbaren Weg zwischen den Extremen, der weder das Eine noch das Andere ist, ohne dass es entweder tot oder produktiv ist?

Und dann ist da noch der Aspekt der Mühlenerhaltung. Walter Skau geht ja in seiner Denkschrift von der Reaktivierung zwischenzeitlich toter Mühlen und nicht vom Erhalt existierender Betriebe aus. Das vernachlässigt aber vollkommen, dass da draußen das Mühlensterben ja noch im vollen Gange ist. So lange ein Müllermeister Stoerk in Obermöllenbronn seinen Betrieb nach fünf Generationen dicht macht, ohne dass durch die Mühlenszene ein Aufschrei geht und ohne dass dies in den Mühlenerhalterkreisen irgendwie problematisiert wird, müssen wir uns doch über die Reaktivierung anderer bereits toter Standorte gar nicht unterhalten. Wenn ich mich als Verein oder Landesverband der Mühlenerhaltung verschreibe, dann ist es doch eigentlich eine banale Selbstverständlichkeit, mich um den Erhalt der letzten Mühlen und deren Verbleib in einer produktiven Kette zu kümmern - aber nein, es passiert in dieser Richtung Nullkommanichts, die Kollegen werden mit ihren z.T. trivialen Problemen (siehe HACCP-Konzept in T'fleth) von den Vereinen allein gelassen während nebenan oder am selben Objekt Arbeit und Geld in Wasserräder oder Flügel investiert werden, die den Mühlenbetrieb eher belasten als ihm zu helfen.

Ich behaupte ja nicht, dass wir es schaffen werden, Hunderte von toten Schnitzelmühlen wieder in die Produktion zu führen - es würde mir aber schon ausreichen, wenn ich das Gefühl hätte, dass die maßgeblichen Akteure in den Vereinen es wenigstens versuchen und dass das Scheitern von Mühlenerhaltung wenigstens offiziell eingeräumt und anerkannt wird, statt in einer Parallelwelt zu versinken, die das Scheitern zum Erfolg deklariert weil über die Jahrzehnte einfach das Wissen abhanden gekommen zu sein scheint, was eine Mühle eigentlich ist.


Dass es gegenüber Hopf & Co eine gewisse Schwellenangst gibt, kann ich schon verstehen - das ging mir mit 14 oder 15 auch so. Aber ich empfinde die Schwierigkeiten beim Lesen als eine Herausforderung. Müllerei ist nunmal nicht einfach und banal, wie will ich das in einem einfachen und banalen Buch so darstellen, dass Laien das verstehen? Und wenn jemand eben keinen Bock darauf hat, sich das Kapitel über die Koppenpassage in der Weizenmühle rein zu ziehen, ja dann gibt's entweder die Möglichkeit, dass er das überblättert und bei den Grießputzen weiter macht, zu den Becherwerken zurück geht oder er sucht sich einfach ein anderes, einfacheres Hobby.

Ich habe einfach kein Interesse daran, der Oberflächlichkeit, die in der Mühlenszene herrscht, noch durch ein weiteres oberflächliches - oder nennen wir's mal freundlich "didaktisch reduziertes" - Buch Vorschub zu leisten. Wem es ausreicht, einen Kunststein vom Franzosen und eine Sackwinde vom Bremsfahrstuhl zu unterscheiden, für den gibt es wahrlich genug Bücher. Wer die Arbeitsweise von drei unterschiedlichen Rückschüttmühlen aus der selben Zeit aber von drei unterschiedlichen Mühlenbaufirmen vergleichen und die Unterschiede qualitativ bewerten will, ja der muss sich eben durch trockene Lektüre durchkämpfen und / oder sich notfalls Hilfe von jemandem holen, der sich da schonmal durchgekämpft hat. Und wenn ich mir anschaue, mit welcher Akribie und mit welchem Aufwand Denkmalpflege in der Architektur zuweilen arbeitet, dann halte ich meine Forderung keineswegs für überzogen. Würden die Ämter in Mühlendingen die gleichen Maßstäbe anlegen wie bei den Farbfassungen gotischer Kircheninventare, dann hätten wir die Diskussion über die Koppenpassage und dann gäbe es die Dissertationen zu den Rückschüttmühlen der 30er Jahre von GeGroLo im Vergleich zu AHI... Dass all das nicht stattfindet, liegt aber ganz sicher nicht daran, dass eine weitere "kleine Mühlenkunde" am Buchmarkt fehlt.



Flo der Liebe

ultratrieur



Beiträge: 2.209

04.07.2012 23:58
#10 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Zitat von Achim im Beitrag #8
Ich finde die Gedanken von Paul recht gut und wäre froh, wenn so was umgesetzt werden würde.


Interessante Wortmeldung - danke dafür! Aber kannst Du bitte mal etwas konkreter werden, worin Dein Problem besteht? Was genau würdest Du von so einem Buch denn erwarten? Zum Beispiel, dass Du dann nach Lektüre Deinen Steinbuchs instandsetzen kannst?

Auf www.zvab.com gibt's im Moment für wenig mehr als € 30,- inkl. Versand zwei "Kettner: Ich werde Müller". Viel billiger wäre ein neuer Mühlenleitfaden auch nicht und es stände vermutlich Ähnliches drin wie beim Altmeister Kettner...


Aber vielleicht verstehe ich Dein Anliegen ja auch einfach nicht?



Flo der Liebe

Askop
Administrator


Beiträge: 610

05.07.2012 00:07
#11 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Zitat von Achim im Beitrag #8
Ich ... wäre froh, wenn so was umgesetzt werden würde.
Mein lieber Achim, ich verstehe Dich ja. Aber mal Hand auf's Herz und gaaanz ehrlich: würde es sowas z.B. vor 5 Jahren schon gegeben haben, meinst Du, dass ihr in Syrau jetzt andere Flügel hättet als den Teubener-Murx?

Ich für meinen Teil würde das für sehr, sehr unwahrscheinlich halten! Und deshalb kann ich auch Florian verstehen; wer sich ernsthaft mit der Materie beschäftigt, der findet auch heute schon genügend Literatur, um sich schlau zu machen: Kettner, Baumgart, Hopf, Kettenbach, Pappenheim, Op de Hipt, Schnelle, Fröde, Mager/Meißner/Orf, Wagenbreth/Düntzsch/Tschiersch/Wächtler, Eugen Ernst u.v.a.m., die "Kleine Mühlenkunde" ist dann quasi die Schmalspurausgabe aller Bücher zusammen.

Was ich müllerischen Anfängern immer wieder gerne empfehle:

Haupttitel: MÜHLEN
Untertitel: Geschichte der Getreidemühlen
Untertitel: Technische Denkmale in Mittel- und Ostdeutschland

Autoren: Wagenbreth/Düntzsch/Tschiersch/Wächtler
Verlag: Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig - Stuttgart, 1. Aufl. 1994

Der Titel täuscht etwas! Denn abgehandelt und dargestellt (mit vielen Bildern, Skizzen, Fotos, Schnittzeichnungen) wird viel, viel mehr, als der Titel vermuten lässt, insbesondere auch die Entwicklung der Müllereitechnik.
Zur Zeit der Erscheinung noch erschwinglich, heute inzwischen 119,- bei Amazon. Leider!

Glück zu!

ultratrieur



Beiträge: 2.209

05.07.2012 00:19
#12 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Also das "Blaue Witzbuch" (Spitzname nicht von mir, sondern vom LüLüMann) gibt's auch für die Hälfte von Deinem Amazon-Preis:

http://www.zvab.com/displayBookDetails.d...d=197433043&b=1 bei

Antiquariat Rudloff
Neele Rudloff
Osterholzer Dorfstr. 34 B
28307 Bremen

Telefon: 015117226763
E-Mail: antiquariat.rudloff@gmx.de




Zur Erklärung des Spitznamens: Rüdiger und ich haben bei der gemeinsamen Erstlektüre z.T. heftig lachen müssen, wenn z.B. dargelegt wird, Paltrockmühlen hätten kein Mittellager weil das Autorenkollektiv sicherlich fern jeder Praxis noch nie einem Paltrock unter den Rock geschaut hat... Insgesamt ist es aber auch nach fast 20 Jahren immernoch ein brauchbares Werk für den Einsteiger, der nicht zu viel trockene Technik erwartet!



Flo der Liebe

Askop
Administrator


Beiträge: 610

05.07.2012 00:28
#13 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur im Beitrag #12
Insgesamt ist es aber auch nach fast 20 Jahren immernoch ein brauchbares Werk für den Einsteiger, der nicht zu viel trockene Technik erwartet!
Genau das meinte ich. Und die bei ZVAB.com aufgerufenen 47,- € sind weniger als die Hälfte von Amazon, ein faires Angebot. Das Zugreifen sollte sich lohnen, bevor die sich Amazon anpassen.

Glück zu!

ultratrieur



Beiträge: 2.209

05.07.2012 00:58
#14 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Dafür habe ich gerade noch so zum Geburtstag trockene Kost bzw. hartes Brot bestellt:

Zitat von www.zvab.com
1. Guckes, E.: - Pneumatik für Jedermann. Die Grundlagen der Mühlenpneumatik in allgemeinverständlicher Darstellung. - Detmold: Verlag Moritz Schäfer, 1955.

2. Gehle, Heinrich: - Beitrag zur Kenntnis der freischwingenden Plansichter. - Leipzig: Moritz Schäfer, um 1935. - 40 S. mit 66 Bildern.

3. Böhm, Fritz: - Die Schälmüllerei. Graupenmüller und Erbsenschälerei. - Leipzig: Verlag der Wochenschrift "Die Mühle", 1934. - 51 S. mit 49 Abbildungen.




Die Koppenpassage bzw, für unsere russischen Freunde пропуск через сходовую вальцовую систему lässt grüßen



Flo der Liebe

Ansgar



Beiträge: 441

05.07.2012 12:23
#15 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Also ich wäre dabei, wenn es um die Erstellung geht. Ich sehe ebenfalls das Problem, daß Laien nicht wissen, welche Bücher gut sind und wo man sie bekommt. Und diese Fachbücher sind häufig wirklich nicht sehr angenehm zu lesen. Außerdem müßte man auch die zeitliche Weiterentwicklung berücksichtigen. Ohne es jetzt genau zu wissen, vielleicht wurden früher Holzarten empfohlen, an die heute nur noch schwer heranzukommen ist, inzwischen hat man aber brauchbare Alternativen gefunden.

CU

Ansgar


Eine Mühle ohne Wasserrad ist keine Mühle.

Askop
Administrator


Beiträge: 610

05.07.2012 14:18
#16 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Zitat von Ansgar im Beitrag #15
Ich sehe ebenfalls das Problem, daß Laien nicht wissen, welche Bücher gut sind und wo man sie bekommt.
Kann ja sein, aber ich sehe das Problem eher ganz woanders und schließe mich deshalb der Meinung von Florian an: Wozu noch ein Buch zum Buch? Das hilft den Laien auch nicht wirklich und wäre vermutlich nur "Butter bei die Fische"!

Ich kenne Leute, die haben einen ganzen Schrank voll Mühlenbücher, so um die 200, darunter viele echte und teure Raritäten.

Bücher.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Aber wenn das Interesse zum Lesen nicht vorhanden ist, wird ein weiteres Buch dann auch nicht helfen; und die Laien bleiben Laien ... ohne entsprechendes Fachwissen.

Ausdruck solchen Nichtwissens sind dann eben absolut unmögliche und unverständliche Entscheidungen und Aktionen - zumindest aus fachlicher Sicht. Nicht mal die besagten 200 Fachbücher im Schrank haben es geschafft, den Betreibern und Akteuren einer Holländerwindmühle (HWM) den Unterschied zu einer Bockwindmühle (BWM) klar zu machen. Deshalb war es für diese Leute auch überhaupt kein Problem, das Modell einer BWM auf nen Festwagen zu packen, damit durchs Land zu ziehen bzw. an Dorffesten teilzunehmen und mit dieser BWM die eigene HWM zu präsentieren und dafür Werbung zu machen.

Festumzug 2011 mit BWM.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Auf solch abstruse Idee muss man erst mal kommen!

Aber das Seltsamste ist, dass keiner der Verantwortlichen bereit war und ist, diesen fachlichen Mißgriff einzusehen - ganz im Gegenteil waren und sind alle beteiligten Akteure noch immer sehr stolz auf diese ihrer Meinung nach "gelungene Aktion".

Ach ja, in der Mühle gibt es seit langem eine kleine Ausstellung mit einigen Utensilien der früheren Altmüller.

Vitrine mit Sacher.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Da steht sogar der "Sacher" in der Vitrine und auch das begehrte "MIAG Handbuch des Müllers" - die heutigen Betreiber haben es bislang zum eigenen Wissenserwerb nicht zu nutzen gewusst. Aber nicht wegen angeblich schwer verständlich und so, sondern schlichtweg aus Desinteresse - ja man hat es noch nicht mal in die Hand genommen.

Glück zu!

Ansgar



Beiträge: 441

05.07.2012 14:43
#17 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Zitat von Askop im Beitrag #16

Aber das Seltsamste ist, dass keiner der Verantwortlichen bereit war und ist, diesen fachlichen Mißgriff einzusehen - ganz im Gegenteil waren und sind alle beteiligten Akteure noch immer sehr stolz auf diese ihrer Meinung nach "gelungene Aktion".
Dann hat Deine Erziehung versagt, denn Du sprichst ja wohl von Straupitz, das untere Bild kommt mir zumindest bekannt vor.

Bei solchen Aktionen muß man sich allerdings immer fragen, was war das Ziel und hat man es erreicht? Wenn das Ziel war, die Leute neben diesem Karnevalszug absolut fachlich korrekt über Mühlen zu informieren, dürfte es verfehlt worden sein. Wenn es nur darum ging, die Aufmerksamkeit der Leute zu erhaschen und dafür zu sorgen, daß mehr Besucher zur Mühle kommen, wurde das Ziel vielleicht erreicht.

CU

Ansgar


Eine Mühle ohne Wasserrad ist keine Mühle.

ultratrieur



Beiträge: 2.209

05.07.2012 14:49
#18 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Zitat
Ich kenne Leute, die haben einen ganzen Schrank voll Mühlenbücher, so um die 200, darunter viele echte und teure Raritäten.



Jaaa, aber die sind doch so schwierig zu lesen, Klaus! Da muss was Einfacheres her...



Flo der Liebe

Ansgar



Beiträge: 441

05.07.2012 15:00
#19 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur im Beitrag #18

Jaaa, aber die sind doch so schwierig zu lesen, Klaus! Da muss was Einfacheres her...



Endlich mal ein konstruktiver Vorschlag von Dir, könnte man noch ausbauen, Klaus ist auch schon im Team:

http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/ex...laus/index.html

CU

Ansgar


Eine Mühle ohne Wasserrad ist keine Mühle.

Askop
Administrator


Beiträge: 610

05.07.2012 15:33
#20 RE: Neues Deutsches Mühlenform e.V Zitat · Antworten

Zitat von Ansgar im Beitrag #19
könnte man noch ausbauen, Klaus ist auch schon im Team:
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/ex...laus/index.html
Prima, hoffentlich packt Klaus auch gleich noch 'nen Bildungsgutschein jedem Buch bei ... und seine Anleitung, wie man den Gutschein ausfüllt, gugge hier: www.ndr.de/fernsehen/sendungen/extra_3/media/extra3535.html

Zitat von Ansgar im Beitrag #17
Dann hat Deine Erziehung versagt
Du sagst es! Doch andererseits und ganz ehrlich: würdest Du Dich noch "erziehen lassen"? Also wenn da nicht auch noch eigene Einsicht und Wille dazu kommen ...

Zitat von Ansgar im Beitrag #17
Wenn es nur darum ging, die Aufmerksamkeit der Leute zu erhaschen und dafür zu sorgen, daß mehr Besucher zur Mühle kommen, wurde das Ziel vielleicht erreicht.
Falsch, ganz falsch - meine Meinung. Nicht jeder Zweck heiligt die Mittel, es gibt auch Grenzen .... zumindest der fachlichen Ehre und des guten Geschmacks! Würde man Deiner Auffassung folgen, dann könnte Bayern auch mit Schloss Sanssouci werben statt mit Neuschwanstein - Schloss bleibt Schloss. Oder was würde man sagen, wenn Berlin mit Triumphbogen und Eiffelturm werben würde anstatt mit Brandenburger Tor und Funkturm? Tor ist Tor und Turm bleibt Turm.



Und was Deine Heimatstadt Bochum betrifft: wie wäre es, wenn man euern "Starlight Express" mit 'nem Plakat zum "König der Löwen" bewerben würde? Hauptsache Musical - welches, ist scheiegal.

Glück zu!

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