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Mühlen- und Müllerforum "Glück zu!"

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Dieses Thema hat 2 Antworten
und wurde 1.088 mal aufgerufen
 Mühlenerhaltung und -betreibung
Askop
Administrator


Beiträge: 610

04.09.2012 22:06
Wie stehts um die Windmühle Neubukow? Zitat · Antworten

Weiß jemand, ob sich in Neubukow mittlerweile etwas getan hat? Wäre doch wirklich ein Jammer, wenn diese Ventikantenmühle vollends den Abgang machen würde.


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Neubukow

Zur Erinnerung hier ein Interview der Ostsee-Zeitung anno 2009 mit dem Käufer der Mühle.

Zitat
„Hier muss was passieren!“

Johannes Siemer rettete Neubukows Wahrzeichen vor der Zwangsversteigerung. Heute hat er wenig Hoffnung für das „Experiment Mühle“.

Neubukow. Der Firmenberater und Investor Johannes Siemer (70) weilte vorgestern zu Verhandlungen im Neubukower Hotel „Störtebeker“. Die OZ nutzte die Chance, mit dem Niedersachsen über seine Mühle in der Schliemann-Stadt zu reden.

OZ: Verraten Sie, worum es hier bei ihren Gesprächen geht?

Johannes Siemer: Das kann ich ihnen ganz genau sagen: Unsere Truppe möchte hier im Gewerbepark die Kläranlage sanieren. Und dafür brauchen wir eine kleine Grundstücksfläche von einem Betrieb nebenan, auf der sich die Anlage befindet.

OZ: Wer ist ihre Truppe?

Siemer: Eine Investorengruppe aus Süd-Oldenburg, die mich ab und zu beauftragt, hierher zu fahren.

OZ: Sie haben selbst in Neubukow investiert – 2007 kauften Sie sogar die Holländermühle.

Siemer: Das war ein reiner Akt der Nächstenliebe! Die Mühle sollte damals 14 Tage später zwangsversteigert werden. Ich kenne die Müller- Familie Blohm schon sehr lange. Wenn ich hier in der Region zu tun hatte, schaute ich bei ihnen vorbei. Als es finanzielle Probleme gab, bat mich die Blohm-Tochter Michaela Hönisch um Hilfe. Ich verhandelte mit der Commerzbank und erwarb die Mühle. Dadurch wurde sie zunächst gerettet. Nicht mal meine Familie wusste, dass ich hier eine Mühle gekauft habe. Was ich nicht wusste, war das große Ausmaß der FinanzKatastrophe. Dann war noch die Übertragung der Mühle schwierig. Ich bin erst seit Frühjahr Eigentümer.

OZ: Und nun?

Siemer: Mir ist daran gelegen, dass sie verwertet wird. Ich kann mit der Mühle nichts anfangen. Ich wollte nur den Leuten hier helfen. Aber das hat nicht viel gebracht.

OZ: Mittlerweile ist auch die Gaststätte nebenan verkauft worden, die die Familie Blohm ja geführt hatte.

Siemer: Wenn ich eine Chance gesehen hätte, hätte ich die Gaststätte auch erworben und sie Blohms zur Verfügung gestellt, damit die wieder anfangen können. Doch sie waren wohl von der Pleite so sehr geschockt, dass sie keine Lust mehr hatten, da was Neues zu machen.

OZ: Nun bestimmen Sie über die Zukunft der Mühle.

Siemer: Die Situation ist die, ich habe die Mühle an der Backe und es gibt einen Mühlenverein. Der wurde sehr stark getragen von Michaela (Hönisch, geb. Blohm). Sie hat eigentlich alles in dem Verein gemacht: Feste, Veranstaltungen mit Kindern, die Backstube und so weiter. Michaela hat sich und ihre Familie dabei vernachlässigt. Nun ist sie ziemlich down. Sie hatte sich auch finanziell sehr stark engagiert und dabei Federn lassen müssen.

OZ: Was rieten Sie ihr?

Siemer: Sie muss für ihre Familie sorgen und die Nachwehen dieses Experiments vergessen. Die Mühle muss jetzt anders verwertet werden.

OZ: Verwertet?

Siemer: Entweder für den Denkmalschutz oder die Gemeinde oder wen auch immer. Vielleicht kauft sie jemand und gestaltet sie für sich selbst. Oder man macht eine Stiftung. Das muss man sich mal überlegen, wie man die gestaltet.

OZ: Sie sind also für alles offen?

Siemer: Ja, ich will auch keinen Reibach damit machen!

OZ: Wie viel haben Sie für die Mühle bislang investiert?

Siemer: Insgesamt 50 000 Euro. Die möchte ich auch ganz gern wieder raushaben. Ich hatte schon daran gedacht, dass der Verein vielleicht sagt, wir übernehmen das, und zahlt monatlich etwas. Dann könnte der Verein Eigentümer werden – so’n Mietkauf oder wie auch immer.

OZ: Aber das wird doch Jahrzehnte dauern?

Siemer: Das dauert natürlich ewig.

OZ: Womit verdienen Sie ihr Geld?

Siemer: Ich habe mit Hühnern mein Studium verdient. Dann war mein Veredlungsbetrieb so groß, dass ich gar keine Zeit mehr für das Studium hatte. Schließlich kam ich wie die Jungfrau zum Kind in eine Beraterfunktion. So habe ich in den letzten 30 Jahren Betriebe saniert. Wenn irgendwelche in die Knie gingen, bin ich da hin und habe sie wieder auf Vordermann gebracht – nicht abgewickelt, sondern aufgewickelt.

OZ: Hier in Neubukow ja auch.

Siemer: 1991 schickte mich Herr Schockemöhle her. Ich hatte den Auftrag, den Ex-KIM-Betrieb in einen Broiler-Mastbetrieb umzuwandeln. Das ist sehr gut gelaufen. Vor vier Jahren haben wir das Ganze verkauft, bis auf den vorderen Bereich. Das Hotel „Störtebeker“ habe ich auch zehn Jahre lang geleitet.

OZ: Gefällt es Ihnen hier?

Siemer: Ich habe mein halbes Herz hier verloren. Das ist eine wunderbare Gegend. Ich bin mit den Leuten sehr gut klargekommen, habe auch mit dem Betrieb viel Erfolg gehabt. Das sind fast zwanzig Jahre meines Lebens, die nicht in den Kleidern hängengeblieben sind – die sind mir schon ans Herz gewachsen!

OZ: Das hört sich prima an!

Siemer: Ich muss allerdings auch sagen, dass die wirtschaftliche Entwicklung hier stark unter dem Bürokratismus gelitten hat. Ich habe immer gesagt: Preußisches Pflichtbewusstsein kombiniert mit dem westlichen Bürokratismus ergibt eine Potenzierung des Übels.

Als positives Gegenbeispiel habe ich den Raum Süd-Oldenburg, Landkreis Vechta – wo ich herkomme – genannt. Was da passiert, ist enorm.

OZ: Da haben Sie doch aber auch die Gesetze und Verordnungen.

Siemer: Es ist immer eine Frage, wie die Behörden mit den Dingen umgehen. Die waren großzügiger. Vor 40 Jahren waren wir genauso am Boden, wie Mecklenburg nach der Wende. Ich habe immer gesagt, fahrt da mal hin und guckt euch das an, da kann man viel lernen. Aber da hat man mich, glaube ich, wohl nicht richtig verstanden. Ist natürlich klar, wenn wir hierherkommen und erzählen, was die Leute machen sollen, ist das auch nicht das Gelbe vom Ei.

OZ: Wie würden die Niedersachsen mit der Mühle umgehen?

Siemer: Ich kenne Leute, die sich in eine Mühle eine kleine Wohnung gebaut haben; alles schön restauriert. Diese Möglichkeit gibt es hier auch.

OZ: Aber gerade das war ja nicht das Ziel des Mühlenvereins.

Siemer: Der Verein will alles Mögliche, aber hat kein Geld! Im Verein sind auch einige Schwafelbrüder dazwischen. Das ist furchtbar. Dabei ist die Mühle ein Wahrzeichen für den Ort. Dass da die Gemeinde nicht irgendwas. . . Ich will die nicht über den Tisch ziehen, meine aber, dass sie eigentlich dafür sorgen müsste, dass so ein Objekt erhalten bleibt.

OZ: Die Stadt sagt, Eigentum verpflichtet. Sie kann nicht einfach eine Million locker machen.

Siemer: Soviel braucht man auch nicht für die Sanierung.

OZ: Aber ein paar Zehntausend reichen auch nicht!

Siemer: Nein, aber so 200 000. Ich stehe zwar nicht unter Zeitdruck, aber ich habe keine Lust, hier Geld reinzustecken. Ich werde weder Müller, noch möchte ich hier ein Ferienhaus. Ich wohne 400 Kilometer weit weg. Dann muss eben ein anderer Käufer gefunden werden. Irgendwas muss hier passieren!


Interview: THOMAS HOPPE

Glück zu!

ultratrieur



Beiträge: 2.209

05.09.2012 09:06
#2 RE: Wie stehts um die Windmühle Neubukow? Zitat · Antworten

Offenbar hat Siemers die Mühle 2011 wieder verkauft... keine Ahnung an wen.

http://www.facebook.com/Ostseezeitung/posts/501740296107

Nach wie vor rätselhaft ist mir die Frage, warum denn die Zwangsversteigerung für die Mühle so schlimm gewesen wäre, dass man sie davor retten musste. Hätte jemand das Teil in der Versteigerung für nen Appel und nen Ei billig geschossen, hätte das vielleicht die ehem. Eigentümerfamilie finanziell ruiniert, wäre aber für die Mühle ggf. ein Gewinn gewesen weil der neue Eigentümer mehr Geld für die Sicherung und Sanierung gehabt hätte...

Apropos Nubukow - was macht eigentlich die schöne Wassermühle dort??

Edit: hab gerade noch was gefunden, das mir erklärt, wofür Herr Siemers die Mühle brauchte: http://www.focus.de/politik/deutschland/...aid_179485.html

800.000 Hennen hätten schon ne Menge Futter gebraucht - die Mühle hätte 24/7/52 Arbeit gehabt...



Flo der Liebe

Askop
Administrator


Beiträge: 610

14.09.2012 15:08
#3 RE: Wie stehts um die Windmühle Neubukow? Zitat · Antworten

Zu diesem Thema habe ich zwei E-Mails erhalten inkl. Fotos mit der Genehmigung zur Veröffentlichung.

Zitat von E-Mail Nr. 1 vom 10. September 2012
Hallo Klaus,

Du machst dir also Sorgen wegen der Mühle Neubukow. Ich war zufällig vor paar Wochen dort, habe aber niemanden angetroffen.

Kann dir nur anliegende Bilder anbieten. Der Baukörper ist gesichert (neue Schindeln und Fenster), neue (vorwiegend weiße) Farbe wurde wohl auch reichlich verstrichen. Ob es eine tiefgreifendere Reparatur gab (von den Schindeln mal abgesehen), entzieht sich meiner Kenntnis. Es handelt sich wohl um einen Dachdecker, der sich das Objekt als Wohnung nutzbar macht, aber die Technik erhalten will. Wie das funktionieren soll, weiß ich nicht, m. E. war das Innere so ziemlich vollgebaut mit einer kompletten Motormühle (50er Jahre-Technik).

Ob es sich bei den Walzen, die draußen auf der Wiese liegen, um Ersatzwalzen handelt, die in der Mühle rumlagen oder ob bereits Teile der Einrichtung verschrottet wurden, ist mir auch nicht bekannt. (Beiliegende Fotos von 2012:)

Neubukow 2012 Muehle_1.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Neubukow 2012 Muehle_2.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) Neubukow 2012 Muehle_3.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)


Zitat von E-Mail Nr. 2 vom 11. September 2012
Hallo Klaus,

ich kenne die Mühle noch aus 1985, da war sie noch in Betrieb als Motormühle. Die VD-s dienten mehr der Zierde und sind, glaube ich, kaum gelaufen (siehe auch die beiden alten Bilder, da stand an der Stelle des Hotels noch ein großer Holzschuppen). Altmeister Heinrich Evers habe ich nicht mehr kennengelernt. Blohms habe ich dann auf der AK- Mühlen- Zusammenkunft vom Kulturbund 1986 in Pockau (als Bernd Maywald den Vorsitz an Erhard übergeben hatte) kennengelernt.

Wann immer ich im Bereich Wismar war, habe ich vorbeigeschaut, 1998 hatte mich dann die Jungmüllerin (Michaela?) in der Mühle herumstöbern gelassen, da entstanden die übrigen Fotos, die dieser Mail beiliegen.

In der Mühle, die 1998 bereits stillstand, war seinerzeit ein Naturkostladen eingerichtet. An den selbstgebauten Drehhecks (s. Schnappschuss aus dem Mühlenfenster) sah man damals bereits, dass sich diese Konstruktion langsam auflöst, da das Wasser immer an denselben Stellen staut.

Bin froh, dass ich das Innere damals mal so halbwegs dokumentiert hatte, denn das dürfte wohl heute kaum noch möglich sein. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie man diese mit Maschinen und Fördertechnik vollgebauten Etagen als Wohnung nutzen könnte, da wird mit Sicherheit "ausgedünnt". Ich hoffe nur, dass die Denkmalschützer vom Lkr. Bad Doberan ein Auge drauf haben... Das Äußere wurde zumindest, soweit ich es erkennen konnte, dem Denkmal angemessen repariert. (Beiliegende Fotos von 1985:)

Neubukow 1985 Muehle.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Neubukow 1985 Muehle_1.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Neubukow 1985 Fluegel.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Neubukow 1985 Aspirateur.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) Neubukow 1985 Plansichter.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Neubukow 1985 Rohrboden.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Neubukow 1985 Schrotgang.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Neubukow 1985 Walzenstuehle.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Neubukow 1985 Walzenstuhl.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)


Der Autor obiger E-Mails ist Besitzer einer Mühle und gehört als solcher mit zum Urgestein der ostdeutschen Mühlenszene (vor 1990!). Er liest hier auch regelmäßig mit, allerdings nur als Gast. Leider ... nur als Gast, find ich persönlich sehr schade. Es ist eben nicht jedermanns Sache, sich als schreibendes Mitglied freiwillig der eventuellen Häme eines notorischen Nörglers/Mühlenkritikers auszusetzen.
Aber ich glaube fest daran, dass sich unser Ätzbolzen nach der harschen Kritik der letzten Tage auf dem Weg der Besserung befindet.

Glück zu!

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