Zur Geschichte der Fa. Spreewald-Souvenir und deren Bedeutung für die Mühle
von Klaus Rudolph, Cottbus 2017 - alle Rechte beim Autor!
Spreewald-Souvenir war eine private Firma zur gewerblichen Betreibung der Holländerwindmühle Straupitz. Sie existierte vom 01.07.1997 (Gewerbeanmeldung am 03.07.1997) bis zum 31.12.2006 (Gewerbeabmeldung am 14.11.2006). Sie wurde ausschließlich im Nebenerwerb betrieben und diente zu keiner Zeit dem Lebensunterhalt des Inhabers. Spreewald-Souvenir schuf die unternehmerischen Grundlagen zur Einrichtung und Betreibung der Mühle als Produktionsstätte, Arbeitgeber und Touristenattraktion und wurde dadurch zum Wegbereiter für alle späteren Erfolge. In Arbeitsteilung mit dem später gegründeten Mühlenverein Holländermühle e.V. betrieb Spreewald-Souvenir den kommerziellen, nicht gemeinnützigen Bereich von Produktion, Handel und Verkauf. Nach Gründung der Windmühle Straupitz GmbH wurde dieser Bereich (unentgeltlich) an die GmbH abgegeben.
Wie es zur Firmengründung kam
Im Dezember 1996 endete die zweijährige Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) in der Holländerwindmühle, die unter meiner Leitung Erstaunliches geschafft hatte. U.a. wurden die Ölmühle und auch das Sägewerk vollständig rekonstruiert und waren wieder betriebsfähig. Auch der Schrotgang und der Aufzug (Fahrstuhl) waren wieder funktionstüchtig hergestellt, obgleich die Kornmühle wegen angeblicher Einsturzgefahr des Mühlenturmes behördlicherseits im Dezember 1995 gesperrt worden war.
Alle ABM-Beschäftigten wurden im Dezember 1996 entlassen, allerdings war ich zu diesem Zeitpunkt bereits Geschäftsführer der Lausitzer Bildungsgesellschaft in Burg(Spreewald), die auch als Träger der Mühlen-ABM fungierte. In dieser Eigenschaft besaß ich auch die Mühlenschlüssel, fand aber niemanden, dem ich nach dem Ende der ABM die Schlüssel hätte übergeben können. Denn seit der deutschen Wiedervereinigung 1990 hatte die Mühle keinen rechtmäßigen Eigentümer, war also quasi herrenlos, weil deren vermeintlicher Erwerb bzw "Kauf auf Rechnung" (es gab keinen notariellen Kaufvertrag) durch die Gemeinde Straupitz keine Rechtsgültigkeit hatte. Die daraus resultierende sogenannte "ungeklärte Eigentumsfrage" bestand bis Oktober 1998 und führte dazu, dass der damalige Amtsdirektor Elmar Spicker aus Nordrhein-Westfalen (sog. "Aufbauhelfer Ost" bzw. West-Import) jegliches Engagement der Gemeinde für die Mühle untersagte mit der Begründung: "Da uns die Mühle nicht gehört, können und dürfen wir nichts für sie tun." Mit derselben Begründung verweigerte auch eine Feuerversicherung für die Mühle auf Kosten der Kommune. Also schloss ich im Dezember 1996 die Mühle ab und wurde aufgrund der Schlüsselgewalt und nicht vorhandenem Eigentümer zum Mühlenbesitzer. Danach ging ich ab und an in die Mühle, um nach dem Rechten zu sehen.
Im Frühjahr 1997 stellte ich in der Ölmühle neuerliche Verfallserscheinungen fest wie z.B. Rost an der Ölpresse bzw. den Seihern, mit denen ja noch bis zum Ende der ABM Leinöl gepresst worden war. Sollten die Bemühungen und Ergebnisse der ABM nicht in Frage gestellt werden, musste eine Lösung her. Also sprach ich meinen ehemaligen ABM-Kollegen Bernd Wenzel aus Straupitz an und bat ihn, mit mir gemeinsam an den Wochenenden Leinöl zu pressen. Bernd W. sagte zu, und so nahmen wir die Maschinen wieder in Betrieb ... getreu der alten Müllerweisheit: Die beste Erhaltungsmaßnahme für eine Mühle ist deren Betrieb. Oder auch: wer rastet, der rostet bzw. in diesem Falle: Was rastet, das rostet!
Allerdings bekam ich dadurch eine stramme 7-Tage-Woche: 5 Tage als Geschäftsführer der Lausitzer Bildungsgesellschaft in Burg(Spreewald) und das Wochende (zwei Tage) in der Mühle. Nebenbei noch die Organisation des Mühlenbetriebes wie Beschaffung von Leinsaat, Leerflaschen, Brennholz für den Röstofen und anderes Verbrauchsmaterial. Zum damaligen Zeitpunkt hatten wir ja noch keine Lieferanten und mussten alles selbst heran besorgen. Mir war klar, dass ich das nicht lange durchstehen würde und suchte nach einer Lösung des Problems. Mein vorrangiges Ziel war es dabei, eine dauerhafte Betreuung und Betreibung der Mühle zu sichern sowohl für die Produktion von Leinöl (damals gab es noch keine weitere Ölmühle im Spreewald) als auch zur Nutzung als Touristenattraktion gemäß der Ziel- und Aufgabenstellung des ABM-Projektes.
Weil die Lausitzer Bildungsgesellschaft in Burg(Spreewald) ein anerkannter ABM-Träger war und zum damaligen Zeitpunkt mehr als 50 ABM-Kräfte beschäftigte, hoffte ich, das Straupitzer Mühlenproblem mit Hilfe des Arbeitsamtes bzw. einer neuerlichen Mühlen-ABM lösen zu können. Deshalb wurde ich beim Lübbener Geschäftsstellenleiter, Ulrich Noack, vorstellig, der mir persönlich und dem Straupitzer Mühlen-Projekt aufgrund seines Erfolges sehr zugetan war. Hierbei erfuhr ich, dass sich die Förderbestimmungen der Bundesanstalt für Arbeit erneut (wie schon so oft) geändert hatten und die Blütezeit der ABM (als die Fördergelder noch mit der Gießkanne verteilt wurden). vorbei war. Die neuen Förderinstrumente hießen nun SAM (Strukturanpassungsmaßnahme) und LKZ/OfW (Lohnkostenzuschuss Ost für Wirtschaftsunternehmen). Die Beantragung einer SAM erschien mir jedoch als ungeignete Variante, weil das Antrags- und Genehmigungsverfahren recht umständlich und von ungewiss langer Dauer war und zudem auch mit einer Ablehnung gerechnet werden musste, weil die Bewilligung von der Gesamtzahl der dem A-Amt vorliegenden Anträge und dem dafür vorhandenen Budget abhing. Die Beantragung von LKZ/OfW war dagegen einfacher und wurde - anders als bei SAM - sofort
bewilligt. Einzige Bedingung: die Förderung wird als Existenzgründerhilfe nur (gewerblichen) Wirtschaftsunternehmen bis zwei Jahre nach Existenzgründung gewährt zur Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Arbeitsamtsdirektor Ulrich Noack (sinngemäß): „Herr Rudolph, da gründen Sie eben eine Fima, lassen sich einen Stempel machen und kommen damit wieder her. Den drücken Sie hier auf das Formular, danach können Sie losmachen.“ Also meldete ich bei der Straupitzer Amtsverwaltung ein Gewerbe an und ließ einen Stempel anfertigen. Den Firmennamen "Spreewald-Sovenir" und die angemeldete Gewerbetätigkeit "Herstellung und Vertrieb von Andenken, Dienstleistungen für Touristen" habe ich nach langer Überlegung bewusst so gewählt, um keinen Argwohn zu erregen oder schlafende Hunde zu wecken - also eine Art Nebeltaktik. Denn die Mühle, also die Betriebsstätte gehörte mir nicht; ich war zwar deren Besitzer aufgrund der Schlüsselgewalt, aber nicht der Eigentümer, zumal die Eigentumsfrage zum damaligen Zeitpunkt eh noch ungeklärt war. Zum Anderen existierte im seinerzeitigen Handwerksrecht der BRD noch die Meisterpflicht zur Führung eines Mühlenbetriebes. Da ich aber keine Ausbildung als Müllermeister besaß, wollte ich alles vermeiden, was auf einen müllerischen Gewerbebetrieb in der Mühle hindeuten könnte. Hinzu kam meine Riesenangst vor der staatlichen Lebensmittelüberwachung, weil ich bei einer Kontrolle das Verbot der Leinölherstellung als Lebensmittel befürchtete. Denn die Hygienebedingungen in der Mühle waren damals noch völlig unzureichend, u.a. gab es nicht mal einen Wasseranschluss. Als Toilette diente ein hölzernes Baustellen(trocken)klo, man konnte sich wegen des fehlenden Wasser aber nicht die Hände waschen.
Nach Fertigstellung des Stempels bei DKO Lübben marschierte ich wieder zum Arbeitsamt und füllte den Antrag aus zur Bewilligung von Lohnkostenzuschuss für zwei Arbeitnehmer gem. "Förderrichtlinie LKZ-Ost (OfW)". Die Höhe des Lohnkostenzuschusses wurde auf monatlich 1.200,- DM je Arbeitnehmer festgelegt. Als Lohn war das natürlich zu wenig, und ich musste aufstocken. Auch musste Spreewald-Souvenir die hälftigen Sozialbeiträge tragen und abführen genau wie den Beiträge für Berufsgenossenschaft und IHK (Industrie- und Handelskammer).
Etwas Mühe bereitete mir die Anmeldung als (Zwangs)Mitglied einer Berufsgenossenschaft, zu der jedes Unternehmen mit Angestellten gesetzlich verpflichtet ist und für die Versicherung von Arbeitsunfällen einen Jahresbeitrag zahlen muss, der von der Lohnsumme und einer branchenspezifischen Gefahrenklasse abhängt. Meine Probleme bestanden darin, aus der Vielzahl der verschiedenen BGs erst einmal die richtige herauszufinden. Desweiteren hatte einige Bedenken zur Einhaltung der Vorschriften zu „Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz“. Ich befürchtete Auflagen, die in der Mühle mit offenen Treibriemen nur schwer und wenig denkmalverträglich zu realisieren wären. Deshalb wählte ich bewusst die Berufsgenossenschaft Einzelhandel und verschwieg in dem umfangreichen Fragebogen der BG zur Einstufung in eine Gefahrklasse manche Details zu den geforderten Betriebsangaben und Arbeitseinrichtungen. Ich wurde dann in die BG aufgenommen, musste aber einen einjährigen Fernlehrgang absolvieren für den „Befähigungsnachweis Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz“, der Arbeitgebern gesetzlich vorgeschrieben ist.
Damit waren erst mal einige Hürden genommen, und zum 1. August 1997 stellte ich zwei Mitarbeiter ein: Bernd Wenzel aus Straupitz, der bereits in der Mühlen-ABM beschäftigt war, und Dieter Walter aus Sacrow auf Bitte und Empfehlung seiner Schwägerin Ingrid Walter (damals Vorsitzende vom Straupitzer Heimat- und Fremdenverkehrsverein).
Zum Glück stellte sich auch meine ständige Furcht vor der Lebensmittelkontrolle wegen unserer sanitären Bedingungen (fehlender Wasseranschluss) später als unbegründet heraus.
Fortsetzung folgt
BildanhangGewerbeanmeldung und Betriebsnummernzuteilung:
Betriebshaftpflichtversicherung, Berufsgenossenschaft, IHK, Abfallgebühren
Rechnung für Leinsaat und Leerflaschen, Protokoll Lebensmittelüberwachung:
Werbung:
Betriebskontrolle zur ordnungsgemäßen Abführung von Sozialabgaben aller Beschäftigten:
Gewerbeabmeldung: