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Mühlen- und Müllerforum "Glück zu!"

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 Zur Geschichte der "Dreifach(wind)mühle"
Klaus Rudolph
Administrator


Beiträge: 47

31.08.2017 14:24
Chronik 1994/95: Die Restaurierung der Ölmühle - Teil II /Fazit Zitat · Antworten

von Klaus Rudolph, Straupitz und Cottbus

Das Ganze oder Teile betreffend:
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Fazit für das Jahr 1995

Rückblickend lässt sich sagen, dass 1995 das wohl entscheidende und zugleich komplizierteste Jahr gewesen ist zur Wiederherstellung der Straupitzer Holländermühle. Denn das Hauptziel der ABM „Wiederherstellung der Ölmühle“ wurde zu 100% erfüllt in nur einem Jahr, also in der Hälfte der vorgesehenen Zeit von zwei Jahren. Aufgrund der primitiven Arbeitsbedingungen war das fast ein Wunder, auf jeden Falle aber die Grundlage und wichtigste Voraussetzung dafür, dass sich die Mühle später zu einem sehr erfolgreichen Tourismushighlight und Wirtschaftsunternehmen entwickeln konnte.

Aus heutiger Sichtwaren die Bedingungen wirklich äußerst primitiv und fast unglaublich, wenn nicht sogar unzumutbar. Wird heutzutage auf der Mühle etwas gebraucht, dann kauft man es einfach; und wenn man selber etwas nicht kann, wird eine Firma beauftragt, denn Geld ist inzwischen reichlich vorhanden. Aber 1995 gab es so gut wie nichts - dafür aber eine gehörige Portion Mut, Einfallsreichtum, Optimismus und Leidenschaftlichkeit gepaart mit einer gewissen Opferbereitschaft, um die gestellten Ziele zu verwirklichen.

Damals habe ich fast alles von meinem privaten Werkzeug in die Mühle geschleppt, manches davon ist heute noch vorhanden wie die Hobelbank auf dem Mahlboden in der Kornmühle sowie PKW-Lastenanhänger, Trennschleifer, Stichsäge, mehrere Handhobel u.a.m. Einiges Spezialwerkzeug wie Abzieher und Kettenzug wurde ausgeliehen bei Fa. Lothar Baltin (Kfz-Reparatur) oder in der benachbarten Betriebswerkstatt der Deutschen Bahn in der Laasower Straße. Als zum Verputzen der Wände Rüstböcke benötigt wurden, habe ich meinen Chorbruder Siegfried Hobeck (†) um Hilfe gebeten, der als Maurer bei der „PGH Aufbau“ in der Laasower Straße gearbeitet hatte. „Kein Problem“, sagte Siggi, denn er kannte sich aus und stieg am helllichten Tage unbekümmert über den PGH-Zaun des früheren Betriebsgeländes am Dorfausgang und reichte vier Rüstböcke rüber. Siggi und ich trugen die Beute froh zur Mühle. Die nötigen Rüstbretter fanden sich im alten Pferdeschuppen der Mühle, wo heute das Müllerhaus steht.

Zum Ausbessern des lockeren Schornsteinkopfes der Ölmühle brauchten wir eine hohe Rüstung. Das Schwierige dabei war, dass der Schornstein nicht auf ebener Erde steht, sondern auf der Schräge des Mühlenwalls. Also gingen wir zu Kurt Wehlan in der Kastanienallee; der war Bauer, hatte einen Trecker und war zugleich Gemeindevertreter. Kurt half sofort und brachte uns vier lange Rüstbäume. Diese stellten wir im Viereck um den Schornstein und befestigten daran die Rüstbohlen mit Stricken. So hat man es auch vor 100 Jahren schon gemacht. Den kaputten Schornsteinkopf hat dann Dieter Zapf erneuert. Der Mörtel dafür wurde in einer Kiste per Hand aus Kies, Kalk und Zement gemischt und mit dem Spaten angerührt. Nun hält der damals mit primitiven Mitteln ausgebesserte Schornsteinkopf schon wieder mehr als 20 Jahre.

An der Westseite des Mühlenturm war auf Höhe des Behälterbodens (4. Etage) von außen ein Loch im Mauerwerk. Genau dahinter befand sich ein starker Deckenbalken, dessen Balkenkopf aber durch eindringendes Regenwasser weitgehend verfault war und keinerlei Tragfähigkeit mehr besaß, so dass der Balken frei im Raum hing.

Außerdem wuchsen in den ausgefaulten Mauerfugen kleine Birken mit bereits recht starken Wurzeln, die das morsche Backsteinmauerwerk noch weiter schädigten. Deshalb wollte Rudolph das Loch unbedingt zumauern und die Birken beseitigen. Dazu borgte er sich bei der Dorf-ABM eine Teleskopanlegeleiter aus und kletterte bis zu dem Loch hoch. Werkzeug und Material hatte er sich mit einem Strick um den Hals festgebunden. Bernd Wenzel und Dieter Zach sicherten die Leiter von unten mit einem Seil. Heute würde man sich dafür eine Hebebühne holen, damals aber lag solcher Luxus finanziell in weiter Ferne.

Bilder oben: Bernd Wenzel Dieter Zach

Überhaupt wurde wesentlich mehr an Ausrüstung und Material benötigt, als der ABM-Trägerbetrieb zur Verfügung stellen und finanzieren konnte. Deshalb galt für Rudolph die gesamte ABM-Zeit über und stets und ständig das Prinzip „Not macht erfinderisch!“ Also wurde manches auch auf nicht ganz korrektem Wege „beschafft“.

Z.B. stieg Rudolph in die verlassene ehemalige BHG/VdgB neben dem Bahnhof ein und fand in den Räumen und auf dem Dachboden „Kostbarkeiten“, die dann in die Mühle geschleppt wurden: ein Schreibtisch plus Sessel und Schreibtischlampe, Alu-Stühle, Holztische, ein Abwaschtisch (steht heute noch in der Ölmühle), zwei Ladenregale und vor allem mehrere alte eiserne Werkstattlampen. Die „brennen“ noch immer in der Mühle im Kesselraum als Decken- und Wandleuchten sowie als Außenleuchte über dem Ausgang des Schauraumes. Wer es nicht weiß, könnte denken, dass diese Lampen immer schon zur Mühle gehört haben, dabei wurden sie erst 1995 „organisiert“ und angebaut. Ein solches BHG-Regal diente bis zur Fertigstellung des Müllerhauses 2002 zum Leinölverkauf im Kesselraum (Bild links).

Auch manch Anderes wurde mit der Zappzarapp-Methode beschafft wie die Scheiben zum Verglasen der neuen Fenster in Ölmühle und Kesselraum aus der stillgelegten LPG-Gärtnerei. Es gab z.B. auch keine Putzlappen auf der Mühle zum Säubern der Maschinen und Einrichtungen - ja nicht mal zum Hände Abwischen. Aber es gab damals gerade eine Hochkonjunktur der privaten „Lumpensammler“, die mit Alttextilien Geschäfte machten. Fast jede Woche steckte ein Werbezettel im Briefkasten mit der Botschaft „Kostenlose Altkleidersammlung - bitte stellen Sie Ihre Sachen in einem blauen Sack bis 8 Uhr auf die Straße!“ Es war ja die Zeit, als sich viele Menschen mit „Westsachen“ neu einkleideten, also wurden die alten DDR-Klamotten auf die Straße gestellt. Davon landete so mancher Sack auf der Mühle, den Rudolph ungeniert mitgehen ließ.


Heute sägt und hackt niemand mehr Holz mit der Hand als Brennmaterial für den Röstofen in der Ölmühle. Man lässt es sich fix und fertig anliefern. Damals aber ging Rudolph zur Zimmerei Lothar Mendel, die sich in der ehemaligen Kartoffelsortierhalle hinter der Mühle eingemietet hatte, und erbettelte Abfallholz, das Mendel von seinen Baustellen zwecks Beräumung mit nach Straupitz brachte. Die Leute der Mühlen-ABM trugen dann alte Sparren, Dachlatten und halb verfaulte Traufbretter zur Mühle zum Zerkleinern und Verheizen.

Richtig schwer geschuftet wurde auch. Was heute mit modernen Maschinen und Geräten erledigt wird, musste im ersten ABM-Jahr von Hand erledigt werden. Eine der ersten Arbeiten noch im Winter 1994/95 war das Beräumen der Fläche zwischen Sägewerk und der Weißdornhecke an der Laasower Straße. Da waren Bäume gewachsen, hauptsächlich Weiden ca. 7 m hoch. Die wurden mit alten Handsägen aus dem Sägewerk (Bügel- und Schrotsäge) abgesägt, dann mit Spaten freigelegt und die Wurzeln mit Axt und Beil abgehackt, so dass die Stubben entfernt werden konnten. Hierbei haben auch die Frauen mitgearbeitet und sich im Bekanntenkreis über die „Schinderei auf der Mühle“ beklagt. Im Umfeld der Bäume gab der Boden nach und federte eigentümlich. Auch war die Fläche nicht eben, sondern hügelig und stieg zum Sägewerk hin an. Schnell war die Ursache dafür gefunden: dicke Schichten verrotteter Sägespäne, die wohl aus dem Spänekeller des Sägewerks stammten und wild entsorgt worden waren. So leicht ließen sich die Späne aber nicht entfernen, denn darunter und dazwischen befanden sich kreuz und quer etliche teils schon vermoderte Schwarten und Säumlinge. Mit der Schaufel war da nichts zu machen, also wurde das Holz mit bloßen Händen rausgezogen. Mehrere Tage lang wurde dieser Abfall abgetragen und mit Schubkarren in dem alten Feuerlöschteich entsorgt, der vor langer Zeit mal direkt neben dem Mühlengrundstück (Mühlwiese) in Richtung BHG angelegt bzw. ausgehoben worden war, aber wohl nie mit Wasser befüllt wurde.

Mehrere ähnliche alte mit Gras bewachsene und verrottete Spänedreckhaufen befanden sich auf der Mühlenwiese in Nähe des Rundholzplatzes bzw. in Verlängerung des Sägewerkgleises. Auch diese Haufen wurden per Hand abgetragen und mit der Karre weggefahren.

Eine echte Knochenarbeit war das Abdichten der Außenwände von Ölmühle und Kesselraum gegen Feuchtigkeit. Schon im Frühjahr wurden die Wände per Handschachtung bis zur untersten Ziegelschicht (es gab keine Fundamente) freigelegt, damit diese etwas austrocknen sollten. Im Herbst wurden die Wände mit Bitumen-Kaltanstrich isoliert. Zum Verfüllen der Gräben hatte Rudolph 26 m³ Grauwacke-Schotter als Dränageschicht anfahren lassen, aber der LKW mit Kipp-Sattelauflieger konnte wegen seiner Länge nicht so kurz von der Laasower Straße auf die Mühle einbiegen (die zweite bzw. große Toreinfahrt existierte noch nicht), deshalb fuhr er „von hinten“ bzw. aus Richtung BHG zur Mühle und blieb kurz hinter der Kartoffelsortierhalle auf dem verwilderten Ödland (früherer Dünger- und Mieten-platz) fest. Deshalb wurde die ganze Ladung mitten weit ab von der Mühle abgekippt und musste tagelang mit Schubkarre über ca. 200 m mühselig rangekarrt werden. Besonders für die Frauen keine leichte Aufgabe! Heute würde man dafür den mühleneigenen Radlader nehmen.

Da man auf der morschen Dielung in Korn- und Sägemühle öfters mal einbrach, wurden als Soforthilfemaßnahme einfach Bretter auf die Schadstellen genagelt. Doch weil keine funktionierende Kreissäge zur Verfügung stand und das Geld für eine Neuanschaffung fehlte, wurden die Bretter mit Rudolphs privater Stichsäge abgelängt und besäumt.
Mit der gleichen Primitiv-Methode wurden auch viele andere Dinge repariert wie z.B. die Holzbeuten in der Ölmühle, der Riemenschrank im Kesselraum oder gar neu angefertigt wie meterweise Lattenzäune zur Ein- und Abgrenzung an der Straße und auf dem Grundstück.

An der Grundstücksgrenze zum Nachbarn Bogula hat die ABM eine Hainbuchenhecke als Sichtschutz angepflanzt. Wegen der schlechten Bodenverhältnisse wurde dafür ein 50 cm tiefer Graben geschippt und mit Pflanzerderde verfüllt, was aber auf einigen Metern sehr mühsam war und nur mit einer Spitzhacke zu schaffen war. Denn unter einer dünnen Bodenschicht befanden sich große Mengen Zement bzw. Beton. Wie sich später herausstellte, handelte es sich hierbei um die überschüssigen Reste von Bogulas Hausbau.
Im Sommer erneuerten Bernd Wenzel und Rudolph bei Tagestemperaturen von über 30 °C die Dachpappe auf den Decken von Mühleneingang, Motorraum und Müllerstube. Das wollte anfangs nicht recht gelingen, weil wegen der Hitze der Teer nicht fest wurde und die Pappbahnen ständig verrutschten. Am Schornstein der Müllerstube musste die Dachpappe ja auch senkrecht verklebt werden. In den nächsten Tage fingen deshalb beide bereits früh 4 Uhr im Dämmerlicht an zu arbeiten und erneuerten die schadhafte Dacheindeckung.

War etwas im Dorf zu erledigen, wurde zu Fuß gegangen oder mit dem Rad gefahren; zur Not auch mit Rudolphs Privatauto z.B. zum Arzt, als Diana Mück beim Verputzen des Ölmühleneingangs über Kopf (Tunnel) Kalkmörtel ins Auge bekommen hatte.

Die Arbeitsbedingungen waren für die Beschäftigten der ABM aus heutiger Sicht eigentlich katastrophal und eine Zumutung. Allein schon das kalte und im Sommer stinkende Baustellenklo war eine Herausforderung, aber auch das fehlende Wasser zum Händewaschen. Man ging ja jeden Abend mit schmutzigen Händen nach Hause. Die winzige Müllerstube war der einzige Aufenthaltsraum für die 6 Mitarbeiter, und im Winter früh zum Arbeitsbeginn waren da drin erstmal Minustemperaturen, bevor der kleine und kaputte gusseiserne Ofen etwas Wärme spendete dank von zu Hause mitgebrachter Kohlen.

Und schriftliche Arbeiten wie Berichte für den ABM-Trägerbetrieb und das Arbeitsamt erledigte der Projektleiter nach der Arbeit zu Hause, denn in der Mühle gab es (noch) kein Büro.
Schwer vorstellbar, dass von der heutigen Generation (2016) auf der Mühle Jemand fähig und willens gewesen wäre, unter solchen Bedingungen zu arbeiten.

Leider gibt es zur ABM-Zeit nur wenige Bilder, denn eine Foto-Doku zur ABM war im Projekt nicht vorgesehen, also auch keine Mittel dafür vorhanden. Und ich hatte zu damaliger Zeit privat noch keinen modernen Fotoapparat;

Digitalkameras waren noch nicht erfunden und das Fotografieren mit Rollfilmen und Papierbildern recht teuer. Dennoch habe ich einige Fotos gemacht, obgleich nicht immer in guter Qualität.


Glück zu!
Klaus Rudolph

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