Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden  

Mühlen- und Müllerforum "Glück zu!"

Einige Bereiche des Forums erfordern eine Mitgliedschaft (Anmeldung/Registrierung).
Neue Mitglieder stellen sich bitte im Mitgliederbereich vor.
Für den Inhalt eines Beitrags trägt der Autor die juristische Verantwortung, nicht der Forenbetreiber.



Viel Spaß!

Aktuelle Unwetterwarnungen für Deutschland
Zur Unwetterwarnung die Karte anklicken!


Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 25 Antworten
und wurde 1.696 mal aufgerufen
 Mühlenerhaltung und -betreibung
Seiten 1 | 2
ultratrieur



Beiträge: 2.209

08.06.2012 08:54
#1 Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Zitat von http://www.suedkurier.de/region/bodensee...t372483,5539860

Dem Müller über die Schulter geschaut



Karge-Mühle in Langenargen schließt ihren Mahl-Betrieb. Mehl gibt es auch in Zukunft

Die letzte Gelegenheit für „Mühlenfans“ weit und breit, eine Mühle in Aktion zu sehen: Heute, Freitag, um 18 Uhr in der Karge-Mühle an der Kanalstraße in Langenargen. „Mir blutet zwar das Herz, aber mit der Vermahlungsanlage ist jetzt Schluss“, sagte am Mittwochabend bei der vorletzten Führung Albrecht Karge, Müllermeister und Diplom-Ingenieur für Lebensmitteltechnologie. Albrecht Karge hatte die Mühle 1992 von seinem Vater übernommen.

„Die Anlage verursacht zu hohe Kosten bei Reparaturen und dem Austausch der 50 Jahre alten Maschinen“, erklärte Karge vor einer 15-köpfigen Gruppe von Einheimischen und Feriengästen. Das Mehl soll in Zukunft von einem mittelständischen Kollegen zugekauft werden, der qualitativ gute Mehle mit ähnlichen Eigenschaften herstelle, wie sie bisher von der Karge-Mühle ermahlen worden seien. Dadurch werde es auch Dinkelmehl, Brotmehl, Getreide und Schrote wie gewohnt weiter geben. Man habe 500 Tonnen Getreide jährlich vermahlen, soviel wie rund 8000 Menschen verbrauchten. „Große Mühlen vermahlen allerdings das Dreifache in 24 Stunden“, antwortete Karge auf die entsprechende Frage eines Besuchers.

...



Tja, kein Wunder, dass der Kollege mit seinem Betrieb am Ende ist - nimmt er doch nicht am Mühlentag teil (ist noch nichteinmal als nicht teilnehmend im Verzeichnis gelistet!). Jetzt aber los Herr Karge, werden Sie bitte Mitglied der D.G.M. e.V. oder besser noch Ihres Landesverbands für Mühlenerhaltung! Dann verkaufen Sie Pfingsten 2013 mit Unterstützung der Volkstanzgruppe von neben an noch 100 Würste und schon ist das fehlende Geld für Ersatzinvestitionen kein Problem mehr! Die Banken wird das auch überzeugen, Ihnen mit günstigen Krediten zu helfen, die Lokalpolitik steht dann ebenso voll davor oder dahinter. Weiter so, supi!



Flo der Liebe

Ansgar



Beiträge: 441

08.06.2012 13:46
#2 RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Glaubst Du den allen Ernstes, die Politik hat den geringsten Einfluß darauf, daß kleine und mittelständische Betriebe überleben? In welcher Traumwelt lebst Du eigentlich? In der DDR?

Der Grund der Misere ist einmal der technische Fortschritt. Sieht man in allen Bereichen. Es ist nunmal aufwändiger, in einer kleinen Mühle mit alter Technik zu mahlen als in einer großen, wo alles hochtechnisiert ist. Arbeitskräfte kosten eben häufig mehr als Maschinen. Ganz früher hatten die Kornmühlen Mahlsteine, die aufwändig geschärft werden mußten und auch sonst vom Handling umständlicher waren als Walzenstühle. Als dann der Siegeszug der Walzenstühle begann, konnten die kleinen Mühlen nicht mehr mithalten und hatten die Wahl, entweder auf Walzenstühle umzurüsten oder dichtzumachen. Meist ist letzteres passiert. Dann kamen die Großmühlen, wo nicht ein oder 2 Walzenstühle standen sondern Dutzende. Die waren dann auch nicht von Wind und Wasser abhängig sondern von Strom. Da war es auch günstiger mit dem Betrieb. Hier hatten die kleineren Mühlen in der Regel keine Wahl irgendwas umzubauen, das hätte auch nicht viel genutzt. Also war die nächste Charge weg.

Hinzu kommt jetzt noch der perverse Niedriglohnsektor im Ausland, wo es günstiger ist, in Osteuropa produzieren zu lassen und das alles zu importieren als es hier zu produzieren. Wenn die Löhne dort steigen, blüht den Leuten das Selbe, dann geht es noch weiter nach Osten über Rußland, China etc. bis man einmal um den Globus rum ist. Die Politik kann da gar nichts machen, das ist eine Sache von Angebot und Nachfrage. Es gibt höchtens politische Absichtsbekundungen, aber Du siehst ja, wie hilflos alle beim Thema Griechenland sind. Bevor dieses kaputte System auf den Prüfstand gestellt wird, muß es eine weltweite schwere Krise geben.

Mit Mühlentagen und Veranstaltungen wird man auf Dauer solche Mühlen nicht kommerziell betriebsfähig retten können, das ist leider Irrglaube. Denn dann müßten alle Menschen nur noch dort zu höheren Preisen als im Supermarkt kaufen, und das machen nur die wenigsten, weil entweder der Aufwand zu groß ist, dort hinzufahren, oder man sich selbst so banale Dinge wie Mehl schicken lassen müßte. Außerdem können sich viele Leute die höheren Preise nicht wirklich leisten, wenn man konsequent nur noch in solchen Betrieben kaufen möchte.

Die Mühlen schaffen es nur zu überleben, wenn sie ein gutes zusätzliches Konzept haben. Beispielsweise, wenn sie zu einer Bäckereikette gehören und ihr eigenes Mehl mahlen oder eigene Backmischungen herstellen. Wenn solche Konzepte aber von allen übernommen werden, ist es nichts besonderes mehr und das Mühlensterben geht wieder von vorne los.

Denk mal an Straupitz, wenn es dort die intakte Ölmühle mit dem Leinölverkauf nicht gäbe, wäre das wahrscheinlich auch "nur" eine der üblichen Verdächtigen, die ein paar Mal im Jahr am Wochenende auf hat.

Mit Mühlentags- und PR Veranstaltungen kannst Du höchstens Museumsmühlen oder ehrenamtlich geführten Objekten etwas unter die Arme greifen. Ich war letzten Samstag mit den holländischen TIMS Leuten unterwegs und hab mich auch über das Thema unterhalten. Die sprachen auch etwas ironisch von Bier und Bratwurst an deutschen Mühlentagen. Aber sie sagten auch, ein Problem in Holland wäre, das die Mühlen zu viel Geld hätten, da hätte man sich an diesen Zustand gewöhnt. Es sei aber absehbar, daß dieser Geldsegen nicht ewig dauert und dann müßten sie sich eventuell Tips bei uns holen, wie man mit Veranstaltungen mehr als 80 Besucher an einem Mühlentag anzieht. Ich habe wärmstens den Verkauf von Frikandeln und Poffertjes empfohlen.

CU

Ansgar


Eine Mühle ohne Wasserrad ist keine Mühle.

Askop
Administrator


Beiträge: 610

08.06.2012 15:30
#3 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Zitat von Ansgar
Glaubst Du den allen Ernstes, die Politik hat den geringsten Einfluß darauf, daß kleine und mittelständische Betriebe überleben? In welcher Traumwelt lebst Du eigentlich? In der DDR?

Nun ja, wahrscheinlich bist Du zu jung und kannst es nicht wissen:

Zitat von Wikipedia
Das Mühlengesetz (eigentlich: Gesetz über die Errichtung, Inbetriebnahme, Verlegung, Erweiterung und Finanzierung der Stilllegung von Mühlen) wurde 1957 in der Bundesrepublik Deutschland verabschiedet und betraf in erster Linie die kleinen und mittleren Mühlen. Es war die zweite Maßnahme gegen die Kleinbetriebe und für die Großbetriebe (sic! K.R.), denn schon 1955 wurde als erster staatlicher Schritt die Neuerrichtung von Mühlen gesetzlich verboten.

Danach erhielten Müller und Mühlenbesitzer eine staatliche Prämie unter der Auflage, dreißig Jahre lang die stillgelegte Mühle nicht mehr zu betreiben. ... Bis zum Oktober 1960 mussten sämtliche eingebauten Müllereimaschinen und Vorrichtungen ausgebaut werden, mit „Ausnahme der vorhandenen Turbinen“. [1]

Das Mühlengesetz sollte zunächst in seiner Wirkung am 31. Dezember 1960 außer Kraft treten, wurde in der Folge aber mehrfach verlängert und erst am 1. Januar 1972 durch das Gesetz über abschließende Maßnahmen zur Schaffung einer leistungsfähigen Struktur des Mühlengewerbes (Mühlenstrukturgesetz) ersetzt.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BChlengesetz

Wie man sieht, war für den Untergang der kleinen und mittelständischen Mühlenbetriebe nicht der technische Fortschritt verantwortlich, sondern die Politik. Genauso gut hätte die Politik auch ein Gesetz zur Stilllegung der Großmühlen beschließen können, was aber im Widerspruch zu den Grundinteressen einer kapitalistischen Gesellschaftsordnung gestanden hätte. Denn da gilt: Die Großen fressen die Kleinen. Eben weil "die Großen" mehr Kapital und Einfluß haben und deshalb ihre Interessen bei der Politik durchsetzen können bzw. die Politik vor ihren Karren spannen.

Glück zu!

Ansgar



Beiträge: 441

08.06.2012 17:08
#4 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Zitat von Askop
Denn da gilt: Die Großen fressen die Kleinen. Eben weil "die Großen" mehr Kapital und Einfluß haben und deshalb ihre Interessen bei der Politik durchsetzen können bzw. die Politik vor ihren Karren spannen.



eben, deshalb bleibe ich dabei, die Politik kann und will nicht kleine unrentable Betriebe künstlich am Leben halten. In der DDR hat es langfristig ja auch nicht geklappt.

CU

Ansgar


Eine Mühle ohne Wasserrad ist keine Mühle.

ultratrieur



Beiträge: 2.209

08.06.2012 22:43
#5 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Nur mal so zum DDR-Vergleich... auch wenn Du lt. Klaus zuu jung bist und dazu noch wie ich "von drüben" - auch Du könntest den VIII. Parteitag von 1972 mit seinen verheerenden Beschlüssen zur Schließung Tausender privater Kleinbetriebe aus Erzählungen und aus der Literatur kennen... solche wichtigen Eckdaten gemeinsamer Geschichte, sollten über 20 Jahre nach der "Vereinigung" auch in Westköpfen präsent sein. Kurzum - die DDR war alles andere als ein Paradies für staatlich geförderte Klein(st)mühlen!

Und nun zur Wirtschaftsförderung - wäre eine Dezentralisierung und eine regionalisierung von Wirtschaftskreisläufen gewollt, könnte die Politik das natürlich fordern und fördern. Das könnte über höhere Straßengebühren für sinnlose Transporte bis hin zu Steuervergünstigungen für Kleinbetriebe gehen. Und genau so, wie es gesetzlich gelenkt werden konnte, die Kleinen vom Markt zu drängen, könnte man auch das Gegenteil fördern.


Und wenn es z.B. mal wieder um die Untertunnelung der Unterelbe geht, könnte eine Landesregierung sich zumindest hin stellen und verkünden, dass man den zunehmenden LKW-Verkehr und den zugrunde liegenden Transportwahnsinn nicht noch weiter fördern möchte. Stattdessen wird argumentiert, man brauche die zusätzliche Querung und die Autobahnanbindungen weil ja der LKW-Verkehr immer weiter zunehmen werde, ganz so als ob das ein von Gott gegebenenes Phänomen sei, an dem man nichts drehen kann.

Aber das sind so Dinge, bei denen komischerweise niemand den Zusammenhang mit "Mühlenerhaltung" blickt. *grrr*



Flo der Liebe

Ansgar



Beiträge: 441

11.06.2012 12:41
#6 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur

Aber das sind so Dinge, bei denen komischerweise niemand den Zusammenhang mit "Mühlenerhaltung" blickt. *grrr*



Den Zusammenhang blicke ich auch nicht. Liegt aber nicht daran, daß ich den Zusammenhang ausschließe sondern das heutzutage alles so komplex und undurchschaubar für den Normalverbraucher und auch für die sogenannten Experten ist. Mehr ehrliche Transparenz in der Politik wäre schön.

CU

Ansgar


Eine Mühle ohne Wasserrad ist keine Mühle.

ultratrieur



Beiträge: 2.209

11.06.2012 14:44
#7 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Der Zusammenhang liegt darin, dass der (nicht nur) von Dir unterstellte Zusammenhang zwischen den gern automatisch zusammen genannten Begriffen "unrentabel" und "Kleinbetrieb" erst dadurch gegeben ist, dass die Politik das in einigen Branchen über Jahrzehnte so gefördert hat bzw. willkürlich in anderen Branchen auch unrentable Großbetriebe direkt und indirekt gefördert wurden. Die Beispiele von Werften über Banken bis hin zur Steinkohle oder auch den am Weltmarkt komplett sinnlosen Anbau deutscher Zuckerrüben kennen wir alle!

Die Lenkung der Entwicklung in der Mühlenwirtschaft hätte genau so gut auch anders herum funktionieren können. Statt eines Verbots des Neubaus von Mühlen und der Prämierung von Stillegungen hätte man Obergrenzen für Betriebsgrößen gesetzlich verankern können. Oberhalb 100t Tagesleistung keine Kapazitätserhöhung mehr, bestehende größere Anlagen müssen Schritt für Schritt zurück gebaut werden. Das Ganze hätte vielleicht zu erheblichen Steigerungen der Mehlpreise geführt, der Verbraucher hätte davon jedoch wenig mitbekommen. Nimmt man heute ein normales Brötchen, dann stecken die Bezugskosten für das Mehl im Bereich von ca. 5% in den Gestehungskosten drin.

Im Bereich der Futtermühlen gäbe es die Möglichkeit, Kleinbetriebe von bestimmten Regelungen auszunehmen oder vereinfachte Verfahren durchzusetzen. "Die Politik" besteht jedoch z.B. auch für den Ein-Mann-Betrieb mit weniger als 300 t Jahresleistung darauf, dass ein HACCP-Konzept im Betrieb etabliert wird. Für mich steckt da eindeutig die gewollte behördliche Schikane drin, die Kleinen zur Aufgabe zu drängen. Dabei könnte man fern jeden ideellen Gedankens an etwas wie Mühlenerhaltung einfach mal daran denken, dass das Gefahrenpotential von Futterskandalen bei kleinteiliger Produktion erheblich geringer ist als bei industrieller Massenproduktion. Zum Einen verleiten vermeintliche Kostenvorteile beim Einkauf minderwertiger Rohware nur wenig, wenn man pro Tag an einer Tonne ca. € 0,15 sparen kann, zum Anderen hat der Handwerksmüller einen ganz anderen Blick auf seine Lieferanten, seinen Herstellungsprozess und seine Abnehmer inkl. ihren Tieren...


In der Mehl-Müllerei trifft es übrigens nicht nur die angeblich unrentablen "Kleinen". Wenn wir mal an BS-Sickte denken, das war ja keine Handwerksklitsche, die nicht mehr rentabel war, wir reden da von einem großen modernen Industriebetrieb! Genau so die Frankfurter Hildebrandmühlen, die bis vor Kurzem noch arg auf der Kippe zur Schließung standen, zwar etwas angegraut, in Würden gealtert, aber trotzdem ein gut geführter großer Industriebetrieb.

Wenn wir jetzt mal den Bogen zur vereinsmäßigen Mühlenerhaltung spannen, dann stellen wir fest, dass z.B. die beiden großen Landesverbände in einer Zeit gegründet wurden, wo noch Hunderte, wenn nicht Tausende Mühlen dort zu retten gewesen wären. Aber es ist aus dieser Ecke zu keiner Zeit in Lobbyarbeit investiert worden, um die von der anderen Seite gewollte wirtschaftliche Fehlentwicklung zurück zu drängen oder gar umzukehren. Im Gegenteil, in den Anfangsjahren der "Mühlenerhaltung" war es Gang und Gäbe, dass Gewerbebetrieben mit Billigung dieser Verbände Unterstützungen z.B. von Denkmalbehörden vorenthalten wurden bzw. Förderungen explizit an eine Betriebsaufgabe gekoppelt wurden!

Das, was vorgibt, Mühlenerhaltung zu sein, hat sich bisher darauf beschränkt, Türme mit Flügeln und Häuser mit Rädern zu erhalten, geht aber an MÜHLEN fast vollständig vorbei! Und aus diesem Geist heraus ist auch der sog. Mühlentag entstanden. Es wird Promotion für beflügelte Türme betrieben und eine nostalgisch verklärte Aura rund um Naturkraftmühlen beworben, ohne an den Grund des Übels zu gelangen, warum Mühlenerhaltung von außerhalb der Betriebe überhaupt notwendig ist.

Verglichen mit der Rettung des Sibirischen Tigers vor dem Aussterben heißt das, dass man sich einen Dreck um die Biotope schert, dass man nichts gegen illegale und legale Jagd und den Pelzhandel unternimmt, dass man sich auch nicht um die Schwermetallbelastung der Beutetiere kümmert, dafür aber kräftig den Bau von Vitrinen für ausgestopfte Tiger fördert, dass man Zoogehege anlegt, wo Schulklassen im Anblick trauriger eingesperrter Tiger ihre Wurstbrote mümmeln können. Zur Krönung gibt's eine Vereinszeitschrift, wo Schreiberlinge, die noch nie einem Tiger in der Wildbahn begegnet sind, die überhaupt noch nie in Sibirien waren, Artikel über die schönsten Umzäunungen von Gehegen und die besten Präparatorentechniken verfassen. Eine Rubrik für Kürschner, wie man mit Tigerfellen umzugehen hat, findet sich sicherlich auch... Preisverdächtig das Ganze, same procedure as every year, Miss Sophie *hick*.



Flo der Liebe

Ansgar



Beiträge: 441

11.06.2012 15:43
#8 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur

Die Lenkung der Entwicklung in der Mühlenwirtschaft hätte genau so gut auch anders herum funktionieren können.



Nur um so etwas zu ändern, kann ein Verein wie die DGM nicht viel tun, außer es ständig anzuprangern. Aber überleg mal, was passiert bezüglich Steuergeldverschwendung, ist das mittlerweile strafbar? Ich glaube, die Verantwortlichen werden noch immer nicht zur Rechenschaft gezogen, obwohl der Bund der Steuerzahler regelmäßig die Sachen anprangert.

Bezüglich Limits für die Großmüllerei, das widerspricht ganz und gar dem marktwirtschaftlichen Streben. Aus ideller Sicht wäre das vielleicht gut, aber diese Ansicht muß sich dann weltweit durchsetzen. Was nützt es, wenn so ein Limit hierzulande existiert, im Nachbarland aber nicht und dort Mehl günstiger produziert werden kann? Die Großbäckereien können sich dann da eindecken. Es sei denn, man verbietet es ihnen. Wenn es zu viele Restriktionen gibt, hauen die großen Betriebe aber ins Ausland ab. Dann ist die Frage, können wir damit leben? Wir müßten dann auch die Einfuhr von solchen Billigwaren verhindern, also massiv die Handelsfreiheit einschränken, was utopisch ist. Um das konsequent durchzusetzen, sind wir wieder bei der DDR und der Mauer. Wenn sich ein eingemauertes Land komplett mit allen notwendigen Dingen selbst versorgen kann, mag das klappen, ist aber realitätsfremd. Mehr als eine schöne Traumwelt ist das leider nicht.

CU

Ansgar


Eine Mühle ohne Wasserrad ist keine Mühle.

ultratrieur



Beiträge: 2.209

11.06.2012 16:12
#9 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Zitat von Ansgar
Nur um so etwas zu ändern, kann ein Verein wie die DGM nicht viel tun, außer es ständig anzuprangern.

Ja, aber genau das tut die D.G.M. e.V. mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit zum DMT eben NICHT. Genau das ist es, was ich vermisse!!!!

Zitat von Ansgar
Bezüglich Limits für die Großmüllerei, das widerspricht ganz und gar dem marktwirtschaftlichen Streben.

Ja, und? Schiffbau an der deutschen Ostseeküste tut das auch, Steinkohleabbau ebenfalls. Und unser heimischer Zuckerrübenanbau ist nicht nur ökologisch fragwürdig, sondern auch am Weltmarkt gegenüber Rohrzucker ohne kräftige Förderung und politische Stütze in keiner Weise konkurrenzfähig. Gucken wir uns mal Biogasanlagen an - die sind auch nur durch staatliche Förderung überlebensfähig, und zwar Förderung nicht für industrielle Großanlagen, sondern für kleine Einheiten...

Es geht, wenn es gewollt ist und wenn es eine Lobby gibt, die unermüdlich an genau der Schraube dreht. Und genau das ist mein Vorwurf in Richtung vereinsmäßiger Mühlenerhaltung, dass es dafür absolut keinen Ansatz gibt! Stattdessen 1-2-3-4 oder verschlafene Zipfelmützenromantik, die sich an den selbst definierten Erfolgen weidet, aber nichts mit Müllerei zu tun hat...

Zum Thema Mauer: Schau Dich mal um, Europa hat in der Tat eine Mauer um sich rum! Sprich mal mit tunesischen oder algerischen Herstellern von Olivenöl und Du wirst staunen, was Marktlenkung und Abschottung bei uns alles können, wenn sie gewollt sind! Oder versuch mal, Mehl aus Weißrussland oder der Ukraine in die EU zu importieren, auch da wirst Du Deine helle Freude erleben :-). Die Problematik sterbender Handwerksmühlen ist ja in gesamt EU-Land dem Wesen nach gleich. Es würde also nichts gegen eine EU-weite Initiative zur Förderung dieser Betriebe als Säulen des wirtschafltichen Lebens in den ländlichen Räumen sprechen.



Flo der Liebe

Ansgar



Beiträge: 441

11.06.2012 16:53
#10 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur
Ja, und? Schiffbau an der deutschen Ostseeküste tut das auch, Steinkohleabbau ebenfalls. Und unser heimischer Zuckerrübenanbau ist nicht nur ökologisch fragwürdig, sondern auch am Weltmarkt gegenüber Rohrzucker ohne kräftige Förderung und politische Stütze in keiner Weise konkurrenzfähig. Gucken wir uns mal Biogasanlagen an - die sind auch nur durch staatliche Förderung überlebensfähig, und zwar Förderung nicht für industrielle Großanlagen, sondern für kleine Einheiten...



Um da qualifiziert mitreden zu können, fehlen mir noch zu viele Fakten. Wie stark müßte man die Kleinmühlen subventionieren, damit sie vernünftig arbeiten können? Wie hoch ist der Aufwand, um alle bürokratischen Regeln einhalten zu können (Sicherheit, Gesundheitsamt), wie schafft es die Kohle oder Bauernlobby, Gelder zu bekommen (bei der Steinkohle dauert es auch nicht mehr so lange, wenn ich nicht irre). Ist das in Zeiten knapper Kassen langfristig überhaupt machbar, wo heutzutage wirklich alles auf den Prüfstand kommt?

CU

Ansgar


Eine Mühle ohne Wasserrad ist keine Mühle.

ultratrieur



Beiträge: 2.209

11.06.2012 17:09
#11 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Zitat
Wie hoch ist der Aufwand, um alle bürokratischen Regeln einhalten zu können ...



Genau das ist ein Punkt, an dem Lobbyarbeit von D.G.M. e.V. & Co. einsetzen könnte und müsste.

Der von mir erwähnte Kleinbetrieb mit einer einzigen Arbeitskraft und einer Jahresleistung von unter 300 t Mischfutter arbeitet seit dem 14. Jahrhundert ohne HACCP und hat dieser Zeit offenbar noch kein massenweises Hühnersterben bei seinen Kunden ausgelöst. Auch wurde in den letzten 600 Jahren urkundlich kein Dioxinskandal aus diesem Betrieb nachgewiesen. Was reitet also Behörden bitte, den armen Müllermeister unter Abdrohung von Betriebsschließung und / oder Strafzahlungen im hohen vierstelligen €-Bereich dazu zu verdonnern so ein Dokument verfassen zu lassen? Ist das irgendwie sinnhaft, wenn die regelmäßige Begehung des Betriebs durch die zuständige Behörde ergibt, dass nach den Regeln des Handwerks sauber gearbeitet wird, dass das Lager hygienisch einwandfrei ist, der Müller sich nach dem Toilettengang die Hände wäscht und auch nicht in der Mühle raucht?



Aber wie gesagt, dass sind Fragestellungen, von denen ich den Eindruck habe, dass sie in der Vereinswelt in keiner Weise als zentrale Themen der "Mühlenerhaltung" wahrgenommen werden...



Flo der Liebe

Ansgar



Beiträge: 441

11.06.2012 17:34
#12 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur

Aber wie gesagt, dass sind Fragestellungen, von denen ich den Eindruck habe, dass sie in der Vereinswelt in keiner Weise als zentrale Themen der "Mühlenerhaltung" wahrgenommen werden...



Was müßte ein Verein tun, um das ganze sinnvoll umzusetzen? Denk mal an die Mauseköttelgeschichte der Großbäckerei. Waren da wirklich Köttel im Brot oder nur irgendwo zwischen Säcken? Hat irgendjemand Fotos von den kritischen Zuständen gesehen oder plappern alle das nach, was irgendwo in den Medien stand? Die Bevölkerung schreit dann gleich in Panik auf und der Ruf ist ruiniert. Die Menschen leben nunmal in einem Hygienewahn. Die Politik wird sich somit nicht trauen, etwas dagegen zu unternehmen und die Behörden machen das, was die Politik beschließt. Außerdem sind Behörden stur, mit rationalen Argumenten kannst Du denen nicht kommen, nur mit Vorschriften. Da hat auch keiner Lust, Ärger zu bekommen, weil er Richtlinien mißachtet hat.

CU

Ansgar


Eine Mühle ohne Wasserrad ist keine Mühle.

ultratrieur



Beiträge: 2.209

11.06.2012 18:01
#13 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Zitat
Da hat auch keiner Lust, Ärger zu bekommen, weil er Richtlinien mißachtet hat.



Ach, echt? Komisch nur, dass in anderen Bereichen (erinner Dich mal an die Diskussion über die Stahlruten im nieder- und sächsischen Baurecht) auf Vereinsseite weitgehende Ignoranz gegenüber sinnvollen Richtlinien besteht. Ich möchte mal unterstellen, dass es in Niedersachsen allenfalls eine kleine Handvoll Stahlruten gibt, deren Herstellung überhaupt irgendwelchen Richtlinien für dynamisch belasteten Stahlbau genügt.

Und da meinst Du allen Ernstes, dass es einfach die Furcht vor Verletzung solcher Regeln ist, die eine eingehende Beschäftigung mit der Thematik verhindert?

Mein Eindruck ist vielmehr, dass niemand in diesen Verbänden so richtig Lust hat, sich überhaupt näher mit Themen zu beschäftigen, die außerhalb vom "1-2-3-4-Niveau" liegen. Anders kann ich mir gerade das Rutending oder auch den Thüringer Splint-Papst nicht wirklich erklären.

Zugegeben, der Vergleich mit den Tigern war überspitzt, aber vergleichen wir das doch mal mit eher artverwandten Vereinen... http://www.dampfer-alexandra.de/ Das Ding liegt nicht an Land, hat zwar so wie früher auch Gastronomie an Bord, aber es ist im Rahmen des Engagements eines e.V. ein betriebenes Dampfschiff, das an etlichen Tagen im Jahr das tut, wozu es gebaut wurde: Fahrgäste über die Förde schippern - unter Einhaltung von allen "schlimmen" Richtlinien für den Betrieb von Dampfkesseln. Genau so gehts bei http://www.dampf-eisbrecher-stettin.de/ .

Analog zur abgebrannten Brodauer Mühlenruine fällt mir 01 150 ein, die ja auch mal Raub der Flammen wurde. Die wird im Moment als ... na, als was wol... ja, als fahrbereite Dampflok in Meiningen wieder auferstanden. Originalgetreu, und nicht als Raucherlounge! Siehe http://www.eisenbahnstiftung.de/projekte/01-150

Und wo wir schonmal bei den Eisenbahnern sind, in der BRD gab es bis zum Jubeljahr der dt. Eisenbahnen bei der DB ein Dampfverbot. Das wurde z.B. dank massiver Lobbyarbeit der Einsenbahnvereine damals gekippt! Sowas geht durchaus, wenn man es nicht für das Wichtigste hält, dass die Räder der Triebachsen rot lackiert sind und die Kesselringe blank geputzt werden.



Flo der Liebe

Ansgar



Beiträge: 441

11.06.2012 18:08
#14 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur

Zitat
Da hat auch keiner Lust, Ärger zu bekommen, weil er Richtlinien mißachtet hat.



Ach, echt? Komisch nur, dass in anderen Bereichen (erinner Dich mal an die Diskussion über die Stahlruten im nieder- und sächsischen Baurecht) auf Vereinsseite weitgehende Ignoranz gegenüber sinnvollen Richtlinien besteht. Ich möchte mal unterstellen, dass es in Niedersachsen allenfalls eine kleine Handvoll Stahlruten gibt, deren Herstellung überhaupt irgendwelchen Richtlinien für dynamisch belasteten Stahlbau genügt.




ich meinte damit die Behördenvertreter, die vielleicht Angst haben, daß man ihnen nachsagt, die Vorgaben nicht genau umgesetzt zu haben. Mir hat mal jemand gesagt, Beamte wären keine Menschen sondern Klötze.
Von den Vereinsvertretern hat wahrscheinlich auch keiner Lust, die Konfrontation zu suchen, was viele Mißstände in der Mühlenwelt erklärt. In so einem Fall muß man auch eine große Frustrationstoleranz mitbringen, das paßt nicht unbedingt zu dem Wesen von Leuten, die ehrenamtlich einen Verein leiten. Die wollen in ihrer Freizeit etwas Spaß haben und gut ist. Geht mir persönlich ja ähnlich, deshalb will ich da gar nicht zu sehr den Zeigefinger erheben.

CU

Ansgar


Eine Mühle ohne Wasserrad ist keine Mühle.

Ansgar



Beiträge: 441

12.06.2012 12:58
#15 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur

Zugegeben, der Vergleich mit den Tigern war überspitzt, aber vergleichen wir das doch mal mit eher artverwandten Vereinen... http://www.dampfer-alexandra.de/ Das Ding liegt nicht an Land, hat zwar so wie früher auch Gastronomie an Bord, aber es ist im Rahmen des Engagements eines e.V. ein betriebenes Dampfschiff, das an etlichen Tagen im Jahr das tut, wozu es gebaut wurde: Fahrgäste über die Förde schippern - unter Einhaltung von allen "schlimmen" Richtlinien für den Betrieb von Dampfkesseln. Genau so gehts bei http://www.dampf-eisbrecher-stettin.de/ .

Ich habe ein paar Informationen zu den Schiffen und Dampfloks bekommen, die ich hier gerne wiedergeben möchte:

Die Stettin soll momentan aus Geldmangel im Hafen liegen und wird schon lange nicht mehr zum Eisbrechen verwendet. Was für eine Zweckentfremdung!

Zitat von ultratrieur

Analog zur abgebrannten Brodauer Mühlenruine fällt mir 01 150 ein, die ja auch mal Raub der Flammen wurde. Die wird im Moment als ... na, als was wol... ja, als fahrbereite Dampflok in Meiningen wieder auferstanden. Originalgetreu, und nicht als Raucherlounge! Siehe http://www.eisenbahnstiftung.de/projekte/01-150

01 150 ist die sogenannte Seidenstickerlok. Die Maschine wurde durch großes finanzielles Engagment der Fa. Seidensticker zur 150 Jahrfeier aufgearbeitet, nicht zuletzt durch die Initiative und Spendenbeschaffung des ehemaligen Lokführers Olaf Teubert. Der Großinvestor, die Firma Märklin, bestand aber darauf, daß optische Veränderungen an der Lok vorgenommen wurden, um sie auf Reichsbahnoptik zu trimmen. Das ist etwas, das dem normalen Eisenbahnfreund nicht auffällt, aber im Vergleich zu Mühlen bei Dir zu Zornesausbrüchen geführt hätte und auch in der Museumsbahnszene für viel Kritik gesorgt hat.
Leider hat das Dampflokwerk Meiningen ein kritisches Bauteil der Neubekesselung nicht korrekt dokumentiert und so hat das Eisenbahnbundesamt die Zulassung für Schienenfahrtzeuge verweigert und die Lok stillgelegt. Die Lok ist seit dem Brand kein Stück aus eigener Kraft gefahren und ob sie es in Zukunft tut steht in den Sternen.

Zitat von ultratrieur
Und wo wir schonmal bei den Eisenbahnern sind, in der BRD gab es bis zum Jubeljahr der dt. Eisenbahnen bei der DB ein Dampfverbot. Das wurde z.B. dank massiver Lobbyarbeit der Einsenbahnvereine damals gekippt! Sowas geht durchaus, wenn man es nicht für das Wichtigste hält, dass die Räder der Triebachsen rot lackiert sind und die Kesselringe blank geputzt werden.

"Mitte der 80er Jahre gab es auf DB Strecken ein sogenanntes Dampfverbot, welches erst mit der Feier zu 150 Jahre Deutsche Eisenbahn durch Bestreben der Feierlichkeiten gelockert und danach aufgrund des guten Erfolgs (!!!) der durch die DB durchgeführten Fahrten mit Historischen Zügen, organisiert und geplant durch das DB Museum mit der Reisesparte "Museums und Historische Verkehre" dann gänzlich aufgehoben wurde. Es wurde damit eine Netzöffnung geschaffen und bestehende Gerichtsverhandlungen zum Netzzugang einiger Museumsbahnen damit vorgebeugt, denn die Bahn stand kurz davor, hier namhafte Musterprozesse zu verlieren. Selbst heue kann die Bahn niemand mit Dampflok verwehren, auf deren Gleisen zu fahren, sofern er in einem EVU - EisenbahnVerkehrsunternehmen - organisiert ist und die Netzzugangskriterien erfüllt.
Somit wurde das Dampfverbot nicht durch Vereine gekippt, sondern durch die 150 Jahrfeier und die erfolgreichen Sonderfahrten - die bis in die Mitte der 90er Jahre höchst erfolgreich waren."

CU

Ansgar


Eine Mühle ohne Wasserrad ist keine Mühle.

ultratrieur



Beiträge: 2.209

12.06.2012 14:58
#16 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Ja, die Stettin bricht tatsächlich meist kein Eis, aber ich sehe sie regelmäßig die Elbe rauf und runter dampfen. Alle zwei Jahre ist sie in Flensburg beim "Dampf rundum"... es käme trotz chronischem Geldmangel in der Vereinskasse wohl NIEMAND auf die Idee, das Schiff auf's Trockene zu legen und auf der Brücke eine Raucherlounge einzurichten - und wenn doch, dann sicher immer mit dem Verweis darauf, dass das nur eine bedauerliche Zwischenlösung ist, aber das gute Stück irgendwann wieder fahren soll, egal ob mit oder ohne Eis!

Dass es bei der letzten und noch nicht abgeschlossenen Sanierung der 01 150 zu denkmalpflegerischen Merkwürdigkeiten gekommen ist und dass die Meininger sich in Sachen Dampfkesseldoku wohl nicht mit Ruhm bekleckert haben, mag sein. Und wenn es wirklich so war, ist es durchaus gerechtfertigt, in Eisenbahnerforen darüber genau so kräftig her zu ziehen, wie wir hier über Pfusch beim Bau von Stahlruten debattieren. Das war aber eigentlich nicht Kern und Zielrichtung meiner Aussage!!

Sinn dieses Vergleichs war aufzuzeigen, dass das von der breiten masse des Vereinsvolks getragene Leitbild bei Reparaturen oder Grundsanierungen von rollendem Material ist, dass das Material hinterher wieder rollt. Die tote Denkmal-Lok auf dem Sockel vor dem Bahnhof ist das Schreckgespenst, das Anti-Leitbild, über das in diesen Kreisen kein gutes Wort zu hören sein wird.

Vor diesem Hintergrund verstehe ich eben nicht, warum es für den überwiegenden Teil der vereinsmäßigen Mühlenerhalter dagegen vollkommen ausreicht, die Mühle als Denkmal auf dem Sockel zu sehen, warum der Mahlbetrieb nicht genau so selbstverständlich Ziel der Sanierungen ist wie bei den Dampflokleuten das Dampfen.

Zitat
Somit wurde das Dampfverbot nicht durch Vereine gekippt, sondern durch die 150 Jahrfeier und die erfolgreichen Sonderfahrten - die bis in die Mitte der 90er Jahre höchst erfolgreich waren."



Formaljuristisch magst Du natürlich Recht haben - aber glaubst Du im Ernst, dass die DB seinerzeit zum Jubelfest dieses Dampfangebot überhaupt nur erwogen hätte, wenn es nicht aus Kreisen der Hobbyeisenbahner ein ganz massives Interesse daran gegeben hätte? Von mir aus müssen wir es nicht "Druck" nennen, aber ich kann mich noch sehr gut an die Zeit vor dem Event erinnern, wo das Thema "Dampfverbot" eigentlich ständiger Stein des Anstoßes in den Fachblättern der Szene war. Und damit kommen wir mal wieder zu den Mühlen: Genau dieses ständige Nörgeln, das immer wieder den Finger in die Wunde legen, dass aus den verschiedensten Gründen in den sanierten Mühlen kein Mahlbetrieb stattfindet, vermisse ich in "unserer Szene".

Die öffentlich von den Verbänden geäußerte Erkenntnis, dass in den vergangenen Jahrzehnten in der Politik der sog. Mühlenerhaltung etwas ganz, ganz schief gelaufen ist, wäre der erste essentielle Schritt dazu, dass sich irgend etwas bewegt und die Vereine ihren satzungsgemäßen ideellen Zielen irgendwann in der Zukunft vielleicht mal gerecht werden.



Flo der Liebe

Flachmüller
Mühlenpapst Axel I. (Co-Admin)


Beiträge: 533

12.06.2012 17:03
#17 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Ich habe mal eine Statistik gelesen, in der steht; das es weit mehr Eisenbahn als Fußballfans in Deutschland gäbe. Das ist dann natürlich eine Zahl womit man eine gute und starke Lobbyarbeit hinbekommt



Mit öligen Grüßen aus Hamburgs ältester Windmühle und jüngster Speiseölmanufaktur!
Qualität seit 1318

Axel

ultratrieur



Beiträge: 2.209

12.06.2012 17:23
#18 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Zitat von Flachmüller
Ich habe mal eine Statistik gelesen, in der steht; das es weit mehr Eisenbahn als Fußballfans in Deutschland gäbe. Das ist dann natürlich eine Zahl womit man eine gute und starke Lobbyarbeit hinbekommt



Das mag sein. Aber soll das jetzt im übetragenen Sinne heißen, dass die geringe Zahl der Mühlenfans der Grund dafür ist, dass der Dachverband auf Bundesebene nicht einmal versucht, etwas in dieser Richtung auf die Beine zu stellen bzw. einfach mal Laut zu geben??

Für das Fernsehinterview mit dem Präsidenten (!) anlässlich des Mühlentags ist es doch vollständig unerheblich, wie viele Mitglieder hinter ihm stehen. Er hätte immer die Möglichkeit, einen Hilfeschrei los zu lassen, statt sich in Rhetorik über die Verwandtschaft zwischen modernen Windkraftanlagen und historischen Windmühlen zu ergehen. Genau so die ewig gleiche Leier in den Presseerklärungen zum DMT von den 100erlei Nutzungsarten der Wind- und Wasserkraft, anstatt die selbst mit viel Aufwand geschaffene Gelegenheit mal dazu zu nutzen, die Nachwuchsprobleme der Vereine anzusprechen, die Defizite in der Denkmalgesetzgebung und deren Umsetzung zu thematisieren oder auch generell in Richtung Mühlensterben jenseits der Naturkraftmühlen zu blicken...

Würde ich irgend etwas von diesen Themen in der Arbeit dieser Verbände auch nur im Ansatz sehen, und würden diese Ansätze mangels Mitgliedermasse irgendwo halbgar stecken bleiben, wär es für mich gar nicht so schlimm und so erwähnenswert. Was mich so fertig macht, ist der in der "Szene" fehlende Anspruch an die eigene Arbeit, der fehlende Wille etwas zu ändern - oder einfach nur die Erkenntnis, dass es überhaupt etwas zu ändern gibt und dass nicht alles so rosarot und toll ist, wie es gemeinhin in der Mühlenöffentlichkeit gern breit dargestellt wird.



Flo der Liebe

Ansgar



Beiträge: 441

12.06.2012 18:24
#19 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur

Für das Fernsehinterview mit dem Präsidenten (!) anlässlich des Mühlentags ist es doch vollständig unerheblich, wie viele Mitglieder hinter ihm stehen. Er hätte immer die Möglichkeit, einen Hilfeschrei los zu lassen, statt sich in Rhetorik über die Verwandtschaft zwischen modernen Windkraftanlagen und historischen Windmühlen zu ergehen. Genau so die ewig gleiche Leier in den Presseerklärungen zum DMT von den 100erlei Nutzungsarten der Wind- und Wasserkraft, anstatt die selbst mit viel Aufwand geschaffene Gelegenheit mal dazu zu nutzen, die Nachwuchsprobleme der Vereine anzusprechen, die Defizite in der Denkmalgesetzgebung und deren Umsetzung zu thematisieren oder auch generell in Richtung Mühlensterben jenseits der Naturkraftmühlen zu blicken...



Das liegt aber nicht nur am Präsidenten sondern auch an der Presse. Die hat einen Beitrag von 90 Sekunden einkalkuliert und wenn Du dann eine Minute sagst, wie schlecht es den Mühlen geht, kann es sein, daß sie das alles rausschneiden, weil es nicht ins Sendeformat paßt. In Bezug auf die Wasserrahmenrichtlinie wäre es schon interessanter, daß man mal an investigativere Magazine geht und fragt, wie es sein kann, daß die Politik weg von der Atomkraft und hin zu erneuerbaren Energien will, aber wenn ein Mühlenbesitzer dann die Wasserkraft nutzen möchte, wird es ihm von den Behörden fast unmöglich gemacht.

CU

Ansgar


Eine Mühle ohne Wasserrad ist keine Mühle.

Ansgar



Beiträge: 441

12.06.2012 18:26
#20 RE: RE:Mühlensterben heute Zitat · Antworten

Zitat von ultratrieur
Ja, die Stettin bricht tatsächlich meist kein Eis, aber ich sehe sie regelmäßig die Elbe rauf und runter dampfen.



Na, wenn ein Eisbrecher nicht mehr Eis bricht - muss denn eine Mühle dann noch mahlen? Dann reicht es doch auch, wenn eine Windmühle regelmäßig die Flügel leer laufen läßt und man die Gelegenheit nutzt, die Besucher mit Musik zu unterhalten und mit Bratwurst und Bier zu verpflegen.

CU

Ansgar


Eine Mühle ohne Wasserrad ist keine Mühle.

Seiten 1 | 2
 Sprung  
Xobor Erstelle ein eigenes Forum mit Xobor
Datenschutz